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Die Boulevard-Kulanz des ORF

Der ORF ist derzeit Beifahrer in einem Rechtsstreit zwischen Krone.at und oe24.at. Der Grund: Mit der Krone hat der ORF bei der WM-Berichterstattung einen Exklusivvertrag, Wolfgang Fellners Boulevardportal zeigt aber ebenfalls Clips von den Spielen, sogar mit ORFeins-Senderkennung.

Fellner verweist auf das sogenannte Kurzberichterstattungsrecht, das es Fernsehsendern sinngemäß erlaubt, bis zu 90 Sekunden Material von relevanten Ereignissen zu verwenden, um einen Beitrag daraus zu basteln. Das Internetportal oe24.at versteht sich auch als Fernsehsender, wie Fellner argumentiert. Bei der Medienbehörde KommAustria ist er als "audiovisueller Mediendienst" gelistet. Hat er nun ein Anrecht auf Gratis-Kurzclips aus der WM? Die Juristen der Krone halten mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung dagegen: Laut EU-Recht dürften die Kurzberichterstattungsclips "ausschließlich für allgemeine Nachrichtensendungen verwendet" werden.

Außerdem dürfen die Ausschnitte in audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf nur verwendet werden, "wenn die gleiche Sendung von demselben Mediendiensteanbieter zeitversetzt angeboten wird" – sprich: Es einen dazugehörigen TV-Sender gibt, der auch echtes Programm ausstrahlt.

"Eine rechtliche Grauzone", sagt man im ORF hinter vorgehaltener Hand. Und wundert sich, warum Generaldirektor Alexander Wrabetz im Boulevard-Clinch so kulant und zurückhaltend agiert. Offiziell heißt es, die rechtlichen Fragen seien "insofern abgeklärt, als die Berichterstattung im Rahmen des Kurzberichterstattungsrechts" erfolgt.