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"Es dauert, bis eine vertrottelte Generation ausstirbt"

Frau Spira: Sind alle Menschen gleich schwer zu verkuppeln?

Elizabeth T. Spira: Ich bin immer ganz verwundert, wer Partner findet und wer nicht. Es gibt immer Männer, von denen ich glaube, dass sich die Frauen auf sie stürzen, und andere, wo man denkt: nie und nimmer. Meistens ist es umgekehrt.

Wem fällt es eigentlich schwerer, mit dem anderen Geschlecht umzugehen? Männern oder Frauen?

Ich glaube, Männern.

Warum ist das so?

Sie sind entweder sehr gewöhnt, verwöhnt zu sein und das suchen sie auch bei der Frau. Oder es gab eine kalte Mutter: Dann sind die Neurosen schon vorprogrammiert. Es tut den Frauen gut, dass sie vom gleichen Geschlecht aufgezogen werden. Die sexuelle Innigkeit gibt es nicht.

Das verkrampfte Verhältnis der Geschlechter liegt also an den Müttern?

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An den Männern aber auch, glaube ich. Auch weil sie ungeschickt sind. Sie haben oft das Organ nicht, mit dem man die andere Person spürt: Was fühlt sie? Was denkt sie? Männer bekommen viel mehr Zuschriften. Frauen sind also auch aktiver in diesen Dingen.

Sie haben in der letzten Staffel eine spannende Paarung zusammengebracht. Zwei Männer, die jetzt als Frauen leben. Gab es dazu böse Zuschriften?

Ich kann mich nicht entsinnen. Das ist schon lange vorbei. Ich war, glaube ich, die Erste überhaupt, die eine Dokumentation über Homosexualität gemacht hat. Das war bis zum Intendanten hinauf eine furchtbare Aufregung. Vor etwa 25 Jahren. Das hat sich innerhalb einer Generation total geändert.

Halten Sie es für eine glaubwürdige Toleranz, wenn Conchita Wurst, eine Frau mit Bart, den Song Contest gewinnt und mit einem Jubel-Empfang bedacht wird?

Sieger sind immer willkommen. So viele Siege hat das kleine Österreich nicht, nachdem wir keine Kriege gewinnen können. Aber es ändert sicher etwas im Land.

Apropos Mann und Frau: Wie sehen sie den Streit um die Hymne?

Bundeshymnen sind sowieso meistens gruslig. Sehr heimatlich, sehr national, nicht unbedingt meins. Es war aber auch Zeit, dass die Töchter darin erwähnt werden.

Können Sie mit der Argumentation etwas anfangen, dass die Leute sich am Fußballplatz versingen und sich deswegen bevormundet fühlen?

Ich glaube generell, dass die wenigsten überhaupt den Text kennen – den hat man meistens zuletzt in der Schule gesungen. Und die neuen Schüler lernen halt den neuen Text. Das ist innerhalb von zehn Jahren eine g’mahte Wiesen, weil die gar nicht mehr den alten Text können. Man kann das mit weniger Aufregung sehen: All diese Dinge sind nicht aufzuhalten. Es dauert immer ein paar Jahre, bis eine etwas vertrotteltere Generation ausstirbt und eine vernünftigere nachkommt. Das Verhältnis zwischen Mann und Frau hat sich ja mittlerweile liberalisiert.

Woran erkennen Sie das?

Ich sehe das bei den Wünschen unserer Bewerber. Die meisten Frauen, die wir haben, sind unheimlich selbstbewusst. Die Männer wiederum wissen genau, dass sie nicht sagen dürfen, dass sie eine Frau für den Haushalt suchen. Das war vor 20 Jahren auch nicht so klar.

Begegnen Ihnen viele Männer, die verunsichert sind, weil sie sagen: "Ich weiß gar nicht mehr, ob ich einer Frau die Tür aufhalten darf?"

Die sind sowieso unsicher. Wenn man sich darüber den Kopf zerbricht, dann wäre man bei allen anderen Sachen auch unsicher. Ein halbwegs sicherer Mensch macht etwas aus Instinkt. Wenn eine Frau sagt: "Das machen wir nimmer", dann hält er sich dran, oder er wechselt einfach die Frau.

Die Liebesbotin

Kuppelshow Elizabeth T. Spira (71) geht mit ihren Liebesg’schichten und Heiratssachen ab morgen, Montag, bereits in die 18. Staffel. Wie gewohnt, beginnt diese mit einer Bilanzsendung (20.15 Uhr, ORF2), bei der die verkuppelten Paare der Vorjahressendungen zu Wort kommen. In Folge zwei (14. Juli) stellen sich die ersten Liebeswerber vor. Bewerber werden auch noch während der laufenden Staffel akzeptiert und können sich beim ORF melden.

Spira ist berühmt für ihre Interviewführung, mit der sie den Menschen so ganz nebenbei oft Intimes entlockt. Dies war auch das Markenzeichen ihrer Alltagsgeschichten, in denen sie Österreich auf der Suche nach menschlichen Originalen abklapperte. Sechs Folgen wiederholt ORF2 ab 20. Juli, jeweils Sonntag um 22.00 Uhr.