"Club 2": Wenn der strenge Geruch bleibt
Von Guido Tartarotti
Der "Club2" zum Thema Sido watscht Heinzl (pardon: offizieller Titel "Das Geschäft mit Provokation und Aggression") wirkte wie eine verfilmte Begründung dafür, warum es richtig ist, den "Club 2" einzustellen.
Das beginnt mit der Themenstellung: Der ORF lässt etwas fahren, was streng riecht. Doch anstatt dann einfach die Fenster aufzumachen und zu lüften, setzt der ORF eine Diskussionsrunde an, wo in möglichst unverständlicher Sprache über das Aroma des Geruchs gesprochen wird, über mögliche Gegenmaßnahmen, über die Auswirkungen des Geruchs auf Minderjährige sowie über die Frage, ob es nicht vielleicht eh zu den Kernaufgaben eines öffentlich-rechtlichen Mediums gehört, sein Publikum ab und zu mit einem strengen Geruch zu konfrontieren.
Rituale und lustige Zigaretten
Im erwähnten "Club 2" sitzt eine Journalistin, die in exzellent formulierten, witzigen, klugen, aber dennoch verständlichen Sätzen erklärt, warum Sido ein unterhaltsamer und kluger Kerl – und dennoch außerdem ein Vollkoffer ist. Leider wird sie ständig unterbrochen und ist höflich genug, sich das gefallen zu lassen. Unterbrochen zum Beispiel von einem Rocksänger, der den "Club2" offenbar als Bewerbungsgespräch für die Sido-Nachfolge missversteht. Dann sitzt da noch ein Kommunikationsforscher, der viel zu sagen hätte, aber sich leider ein bisschen zu gerne selbst zuhört. Interessant wäre auch der Rapper, er bemüht sich sehr, der offenbar völlig ahnungslosen Runde ein bisschen etwas über die Rituale und Codes seiner Subkultur beizubringen, leider wirkt er ein wenig sediert, als hätte er vor der Sendung eine lustige Zigarette zu viel geraucht. Lustig war auch der Jugendforscher: Der war schon sehr gescheit, wirkte aber wie alle Jugendforscher extrem unjung und ein bisschen onkelhaft. Wirklich absurd war der Auftritt der schrillen "Autorin, Soziologin und Kabarettistin": Sie drängte sich ständig ans Wort, würgte dabei jede interessante Entwicklung im Gespräch ab, schmückte sich mit eitlem Soziologen-Sprech und witterte überall Frauenfeindlichkeit.
Ganz merkwürdig war auch die Rolle der Gastgeberin. Zumeist saß sie mit verschränkten Händen da und schaute bös und schweigend vor sich hin. Dann wiederum brach sie plötzlich in Monologe aus, die nur entfernt Bezüge zum Thema aufwiesen. Es wirkte, als wäre sie aufgrund der am selben Tag verkündeten Einstellung des "Club2" trotzig und geschockt – was nur allzu verständlich wäre.
Gegen Ende wurde, wie in ORF-Diskussionen üblich, vor allem über den ORF diskutiert. Darüber, warum manche Formen von Gewalt im Fernsehen offenbar völlig in Ordnung sind, andere aber streng tabu, wurde nicht gesprochen.
Ungeklärt blieben leider wichtige Fragen: Wie wirkt sich Sidos Watsche auf Obamas Wiederwahl-Chancen aus? Wird Frank Stronach der Watsche einen sicheren Listenplatz anbieten? Und was sagen eigentlich die Märkte?
ORF, bitte dranbleiben.
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