Wirtschaft/atmedia

„Bürgerforum“: Fall für ORF-Verhaltenskodex

Kann man der Lebensmittelindustrie und ihren Gütesiegeln noch trauen?“ So lautete eine der Fragen, die am Dienstag im ORF-„Bürgerforum“ (Thema: „Der getäuschte Konsument“) diskutiert wurden. Als Moderatorin stand dabei jene Frau im Studio, die 2009 und 2010 das Gesicht zur Kampagne der Agrar Markt Austria (AMA) und ihres Gütesiegels war: Claudia Reiterer.

Eine Unvereinbarkeit? Tatsächlich hat die Erregung, die noch während der Sendung im Internet losbrach, eine lange Vorgeschichte: Bereits im Herbst 2009 war Reiterers AMA-Engagement heftig kritisiert worden. Der damaligen Begründung von ORF-Generaldirektor Wrabetz, als bloße Moderatorin einer Infosendung sei Reiterer keine Journalistin im Sinn des ORF-Gesetzes, widersprachen die Redakteure vehement.

„Es ist sicher einer der Beispielfälle gewesen, warum wir darauf gedrängt haben, dass ein Verhaltenskodex verabschiedet wird“, sagt Fritz Wendl, ORF-Redakteurssprecher und Mitglied des im Juli 2011 eingerichteten Ethikrats, zum KURIER. „Dabei hat niemand daran gedacht, eventuell Zurückliegendes zu berücksichtigen.“

Werbeverbot

ORF-Journalisten ist die Teilnahme an kommerzieller Werbung per Gesetz verboten; mit dem seit Juli 2011 geltenden Verhaltenskodex, der die Regelung nachschärft, wäre ein AMA-Engagement Reiterers heute nicht mehr möglich, sagt Wendl. Die ORF-Pressestelle will das nicht „so abstrakt“ bestätigen: „Jeder Einzelfall wird von den vorgesetzten Dienststellen geprüft.“

Waltraud Langer, ebenfalls Mitglied des Ethikrats und als Magazinchefin zugleich für das „Bürgerforum“ verantwortlich, sieht heute jedenfalls keine Unvereinbarkeit mehr. Claudia Reiterer – sie moderiert auch das Konsumentenmagazin „heute konkret“ – beweise jeden Tag „ihren kritischen, unabhängigen Geist“, sagt sie. „Das hat sie auch im ,Bürgerforum’ 100%ig gezeigt.“