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"Das Paradoxe spielen wir nicht durch"

KURIER: Frau Saringer, Sie kehren aus der Babypause zurück direkt in einen Polit-Talk-Wirbelsturm. Puls4 macht Wahl­interviews, der ORF wöchentlich zwei Konfrontationen. Ist die Konkurrenz überbordend stark für Sie?

Saringer: Die Herrschaften hat es vorher auch gegeben, es sind jetzt nur ein paar Fernsehsendungen mehr. Ich empfinde sie nicht als überbordend.

Wieso ist ATV so zurückhaltend? Alle versuchen die Spitzenkandidaten vor die Kamera zu bekommen, Sie begnügen sich mit der zweiten Reihe: Den Klubchefs und Parteisekretären.

Saringer: Ich sehe das nicht als die zweite Reihe. Man muss ja auch hinter die Kulissen schauen können. Es gibt ja nicht nur die Spitzenkandidaten. Man wählt ja auch eine Partei.

Millecker: Wir haben die Spitzenkandidaten ja am 22. September auch als einzige alle an einem Tag. Schlicht und ergreifend, weil wir auch glauben, dass es für unsere Zuschauer am sinnvollsten ist, wenn sie alles geballt in einer Sendung bekommen und wir das nicht auf zehn bis 15 Sendungen aufdröseln wie das der ORF macht. Die Parteien bestehen außerdem nicht nur aus den Herrschaften, Faymann, Spindelegger oder Strache, sondern wenn wir bei „Am Punkt“ die einzelnen Sendungen zur Wahl hernehmen, dann geht es auch um spezifische Themen. Zum Beispiel den politischen Nachwuchs, wo es in allen Parteien mehr oder weniger große Zukunftshoffnungen gibt. Da ist es natürlich sinnvoll, mit denen direkt zu diskutieren.

Was unterscheidet „Am Punkt“ in der Wahlberichterstattung von den anderen Sendungen?

Saringer: Dass wir über den Tellerrand hinaussehen. Es wird mehr geboten als die politischen Parteien, die im Moment am Werken sind, es gibt ja möglicherweise auch Alternativen – die finden bei uns auch Platz.

Wie vermeidet man in einer Zeit, wo die Politik so geballt daherkommt wie im heurigen Wahlkampf, den Zuschauer komplett auszulaugen?

Saringer: Das ist eine gute Frage (lacht). Den Österreicher bewegt wahrscheinlich immer dasselbe. Wie sieht meine Zukunft aus? Habe ich einen Arbeitsplatz? Hat mein Kind eine gute Ausbildung? Es geht dann darum, wie man an das Thema herangeht. Wenn die Herrschaften natürlich ihre vorgefertigten Antworten vorlegen, liegt das nicht in unserer Hand.

Millecker: Wir machen das ja für unsere Zuseher. Wir haben in der Marktforschung festgestellt, dass unsere Zuseher vom ORF-Informationsangebot größtenteils gar nicht erreicht werden.

Hätte es für Sie Charme, auch in Österreich ein gemeinsames Kanzlerduell von Privaten und Öffentlich-Rechtlichem zu veranstalten wie in Deutschland, wo vier Sender kooperierten?

Millecker: Ja, ich würde das schon gut finden. Weil ich glaube, dass es die Bedeutung dieser Sendung hervorheben würde und auch ein Commitment aller Sender zu einem Informationsauftrag wäre, der Öffentlich-rechtliche und Private eint. Bei uns und den Kollegen von Puls4 ist es schon klar, dass es dieses Commitment gibt. Der ORF versucht uns das immer noch in Abrede zu stellen.

Was ist Ihre Einschätzung zu Frank Stronach? Welche Strategie verfolgt er?

Saringer:Ich glaube keine (lacht). Ich zitiere Peter Filzmaier: „Da hilft nur paradoxe Intervention.“ Da stimme ich zu. Es ist einfach ein unberechenbares Gespräch, dass im Sinne des guten Benehmens dem Gesprächspartner nicht alle Interventionen offenlässt.

Millecker:Er negiert sämtliche Usancen zwischen Politikern und Journalisten völlig. Das stößt manche Leute sicher ab, andere höchstwahrscheinlich nicht. Die sagen eher: „Der macht das jetzt einmal anders.“

Politiker spielen TV-Runden vorher durch. Machen Sie das auf Ihrer Seite auch?

Saringer:Natürlich. Aber das Paradoxe spielen wir nicht durch. Das hat selbst der beste Politikredakteur nicht drauf. Aber wir spielen Eventualitäten durch.

Millecker:Man kann nur das Berechenbare berechnen ...

Welche Quotenerwartungen haben Sie eigentlich?

Millecker:Das wäre Kaffeesudlesen. Unsere Erwartung und auch die von Eigentümer und Geschäftsführer an uns ist eine journalistisch ordentliche Sendung zu machen.