Wirtschaft

Asiens Touristen fliegen auf Österreich

Die Tourismusbranche blickt mit leuchtenden Augen Richtung Fernost. "Seit 2009 hat sich die Anzahl der Gäste mehr als verdoppelt", so die Sprecherin der nationalen Tourismusmarketing-Organisation Österreich Werbung (ÖW), Ulrike Rauch-Keschmann. Eine Reihe von neuen Direktflugverbindungen dürfte diesen Trend auch weiterhin verstärken.

"Ein Viertel der absoluten Zuwächse an Gästen in Österreich kam in den vergangenen fünf Jahren aus Asien", betonte der ÖW-Regionalmanager für Asien in Dubai, Klaus Ehrenbrandtner. Immerhin sorgten die 711.106 zusätzlichen Urlauber aus Asien und den arabischen Ländern (Vereinigte Arabische Emirate und Saudi-Arabien) in diesem Zeitraum für ein Plus von mehr als 1,3 Millionen Nächtigungen in den heimischen Beherbergungsbetrieben.

2,8 Millionen Nächtigungen

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Der Anteil der Asiaten und Araber an den Auslandsgästen stieg seit 2009 von 2,8 auf 5,1 Prozent und könnte sich bis 2020 auf zehn Prozent weiter verdoppeln, "wenn der Trend weiterhin so anhält und es wäre eine große Überraschung, wenn es nicht so wäre", schätzt der Touristiker. Allein 2013 legte die Zahl der Urlauber aus dem asiatischen und dem arabischen Raum um gut 13 Prozent auf 1,4 Millionen weiter zu, deren Nächtigungen erhöhten sich ebenfalls um rund 13 Prozent auf 2,8 Millionen.

Diese Entwicklung setzte sich im ersten Quartal 2014 ungebremst fort: Zwischen Jänner und März kletterte die Zahl der Urlauber aus der untersuchten Region um knapp 24 Prozent auf etwa 209.000 und die Zahl der Nächtigungen erneut um 13 Prozent auf rund 380.300.

Shopping als großes Thema

Die Lieblingsdestinationen, die bei einem Österreich-Trip angesteuert werden, sind Wien, Salzburg und Innsbruck. "Das sind die Highlights - für die Araber kommt Zell am See dazu, für die Japaner und Chinesen ist auch Graz wegen des Weltkulturerbes und der Musik relevant", berichtete der ÖW-Manager weiter. Shopping sei für alle asiatischen Märkte ein großes Thema - das erklärt den hohen Stellenwert des Städtetourismus bei dieser Zielgruppe.

Heuer wird die Anreise aus den fernen Ländern durch Visa-Erleichterungen und bessere Flugverbindungen vereinfacht. Das Europäische Parlament will für VAE-Staatsbürger die Visa-Pflicht bei der Einreise in den Schengen-Raum aufheben - ein entsprechender Entschluss liegt seit Ende Februar vor, ist aber noch nicht in Kraft.

Flugkapazitäten aufgestockt

Um der zunehmenden Nachfrage der asiatischen und arabischen Reisenden gerecht zu werden,fliegt etwa Air China seit wenigen Tagen viermal pro Woche direktvon Peking nach Wien bzw. von Shanghai nach München. Die arabische Airline Emirates hat ihre Passagierkapazität bei den beiden täglichen Flügen von Dubai nach München Ende März mit einer größeren Maschine (A-380) erweitert. Die arabische Fluggesellschaft Etihad Airlines verdoppelte ihre Direktflugverbindung von Abu Dhabi nach München bereits heuer im Februar und auch die Austrian Airlines fliegen seit wenigen Wochen täglich direkt von Delhi nach Wien.

Die deutsche AUA-Mutter Lufthansa und die ANA verwenden für ihren täglichen Direktflug von Tokio nach München seit Ende März den Airport Tokio Haneda, der näher beim Stadtzentrum liegt als Tokio Narita und der an das innerjapanische Streckennetz besser angebunden ist. Und ab Juni fliegt auch Korean Air nonstop von Seoul nach Wien (dreimal die Woche wie bisher).

China vor VAE und Saudi-Arabien

Die meisten Urlauber aus Asien und dem arabischen Raum kamen im abgelaufenen Jahr aus China (408.509 Gästeankünfte, plus 15,2 Prozent), den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien (268.476, plus 23,1 Prozent), Japan (259.184, minus 0,8 Prozent), Südkorea (182.442 plus 35,3 Prozent) und Südostasien (103.467, plus 2,4 Prozent).

"Asien war im Vorjahr nicht nur bei den prozentuellen, sondern auch bei den absoluten Zuwächsen vorne dabei", so Ehrenbrandtner. Dabei belegten China und die arabischen Länder im weltweiten Vergleich Platz zwei und drei hinter Deutschland. Erst dahinter folgte das Urlauberplus aus den USA und Südkorea. "Das Auslandsreisevolumen in Asien steigt überdurchschnittlich - das Wirtschaftswachstum und die politische Lage führen insgesamt dazu, dass die Mittelschicht, die sich Reisen nach Europa leisten kann, wächst", so der Regionalmanager.

Höherpreisige Hotels bevorzugt

Die Dynamik beflügelt nicht nur die Umsätze in den Hotels, sondern auch im heimischen Handel. Denn die asiatischen Gäste buchen sich doppelt so oft wie der durchschnittliche ausländischen Urlauber in einem höherpreisigen Vier- oder Fünf-Sterne-Hotel ein. Bei den Shopping-Ausgaben in Österreich kommen mehr als die Hälfte der Top-20-Nationen aus Asien, geht aus Daten des Mehrwertsteuer-Rückerstatters Global Blue hervor.

Bei den asiatischen Urlaubern baut Österreich seinen Marktanteil laut ÖW seit Jahren stetig aus. Die Zuwachsraten liegen hierzulande über jenen in anderen europäischen Ländern wie etwa Deutschland, der Schweiz, Italien, Frankreich, Großbritannien oder Spanien.

Pünktlich um 6.10 Uhr landete am Montag erstmals nach 15 Jahren wieder ein Jet der Air China auf dem Flughafen Wien-Schwechat. Die chinesische Fluglinie wird künftig vier Mal pro Woche mit einem A330-300 von Peking nach Wien fliegen. Für den Flughafen ist das eine weitere Aufwertung als internationale Drehscheibe. Ebenso wichtig ist das aber auch für den Tourismus.

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Denn bei Chinesen liegt Wien im Trend. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Nächtigungen verdreifacht (siehe Grafik). 2013 belegte China mit 208.000 Nächtigungen bereits Rang 12, knapp hinter Japan. Es ist eine junge, wohlhabende Oberschicht, die es sich leisten kann, zu reisen – auch dank leichter zu bekommender Visa. So auch Angus Song. "Ich bin geschäftlich hier", erzählt der Gast aus Schanghai. Da­zwischen vertreibt er sich die Zeit mit Shoppen und dem Besuch des Sisi-Museums.

Shoppingtour

Geld haben die Gäste aus China genug. Gewohnt wird meist in Fünf- oder Vier-Stern-Hotels. Kaum ein chinesischer Gast, der sich in ein Motel verirren würde.

Auch der Handel profitiert. Im Schnitt geben Chinesen 65 Prozent ihres Reisebudgets für Einkäufe aus. Die Wirtschaft hat darauf reagiert: "Sowohl im Modebereich als auch bei den Juwelieren hat in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden", sagt Elisabeth Rammel, Geschäftsführerin der Sparte Mode- und Freizeitartikel in der Wiener Wirtschaftskammer. Viele Luxus-Unternehmen leisten sich chinesischsprachige Mitarbeiter. So wie Ren Luo, Mitarbeiter beim Juwelier Bucherer in der Kärntner Straße.

"Die Chinesen kaufen vor allem nach Marken, weniger nach der Farbe oder dem Design", erzählt Luo. Seit vier Jahren betreut er hier die betuchten Kunden, über Summen, die hier den Besitzer wechseln, schweigt er lächelnd. Vor allem teure Uhren seien sehr gefragt, aber auch Taschen. "Viele kommen direkt vom Louis-Vuitton-Shop zu uns", sagt Luo. Die meisten arbeiten dabei eine Einkaufsliste ab, kaufen für die ganze Familie ein.

Denn in Europa sind Luxusartikel um 40 Prozent günstiger, da es in China hohe Steuern auf derartige Güter gibt. Noch im Jahr 2012 seien die heimischen Uhrengeschäfte und Juweliere praktisch leergekauft worden, erklärt Gerd Gfrerer vom Mehrwertsteuer-Rückerstatter Global Blue.

Das änderte sich 2012: Seitdem fährt China einen scharfen Antikorruptionskurs, die Nächtigungen stiegen daraufhin nur leicht, eingekauft wurde weniger. 599 Euro gab ein chinesischer Tourist 2013 beim Shoppen aus, um 33 Euro weniger als 2012. "Die Chinesen vergleichen heute aber auch genauer die Preise als früher", sagt Luo. Für die Luxus-Shops noch immer ein gutes Geschäft. Das nun dank Air China wieder Auftrieb erhält.