Analyse: Arbeitslosigkeit verfestigt sich
Von Anita Staudacher
Seit drei Jahren steigt die Arbeitslosigkeit in Österreich ununterbrochen. Auch im September gab es ein Plus von knapp zehn Prozent auf 369.000 Betroffene. Besserung ist vor 2016 nicht in Sicht, sagen Experten. Weil die Konjunktur nicht anspringt und die Betriebe kaum noch Personal einstellen, verfestigt sich die Arbeitslosigkeit immer mehr.
So hat sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen, die länger als ein Jahr beim AMS vorgemerkt sind, auf 13.850 praktisch verdoppelt. Dies kommt angesichts der Reform bei der Invaliditätspension nicht überraschend, ist aber insofern bemerkenswert, weil es im „Aktivierungsprozedere“ des AMS kaum möglich ist, langzeitarbeitslos zu werden. Jede längere Kurs- oder Beschäftigungsmaßnahme unterbricht nämlich die Dauer der Arbeitslosigkeit. Wer das Job-Comeback trotzdem nicht schafft, wird als langzeitbeschäftigungslos geführt. Diese viel aussagekräftigere Zahl wird gerne verschwiegen, aber auch sie steigt dramatisch. Ende September weist das AMS mehr als 84.000 Langzeitbeschäftigungslose aus, um 26.000 oder 45 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders betroffen: Gesundheitlich Beeinträchtigte, über 50-Jährige und Ausländer.
Je länger die Arbeitslosigkeit dauert, desto schwieriger ist die Rückkehr in den Arbeitsmarkt und die Gefahr der sozialen Ausgrenzung steigt. Für die Arbeitslosenstatistik hat diese Verfestigung aber sogar positive Auswirkungen, wie ein Blick auf die aktuellsten EU-Quoten zeigt.
Quotenrätsel
Während die nationale Arbeitslosenquote analog zu den Arbeitslosenzahlen steigt, sinkt derzeit die für Österreich per Umfrage erhobene EU-Arbeitslosenquote (siehe Grafik). So hat Österreich im August das Kunststück zuwege gebracht, trotz zweistellig steigender Arbeitslosigkeit die EU-Quote von 5 auf 4,7 Prozent zu drücken und damit erneut als Musterschüler zu glänzen.
Wie geht das? „Darüber rätseln wir selbst“, heißt es bei der Statistik Austria, die für Eurostat die Arbeitskräfteerhebung durchführt. Nachsatz: Es könnte an der steigenden Zahl an Langzeitarbeitslosen liegen.
Laut EU-Definition ist nur arbeitslos, wer aktiv nach Arbeit sucht und sofort (innerhalb von zwei Wochen) eine Stelle antreten könnte. Viele Langzeitarbeitslose sind aber wegen Krankheit, Reha oder Schulung nicht sofort verfügbar. Sie sind also nicht offiziell arbeitslos, aber trotzdem ohne Arbeit. Die Statistik Austria will jetzt das Auseinanderdriften zwischen nationaler und EU-Quote unter die Lupe nehmen und mögliche Korrekturen vornehmen.