Wirtschaft

Alibaba-Aktionäre kauften nur "Karibik-Papiere"

Der chinesische Online-Händler Alibaba hat mit seinem rund 25 Milliarden Dollar schweren Börsengang einen neuen Weltrekord aufgestellt. Nach seinem furiosen Marktdebüt an der Wall Street am Freitag verkaufte das Amazon-Pendant weitere 48 Millionen Aktien, die für eine große Nachfrage zurückgehalten wurden, wie ein Insider am Montag sagte. Der Erlös sei dadurch um drei Milliarden Dollar gestiegen.

Doch die Neo-Investoren haben nicht direkt in Aktien des chinesischen Internethandelsriesen investiert, sondern in Anleger-Zertifikate ADR (American Depositary Receipts) einer karibischen Zweckgesellschaft („Variable Interest Entity“/VIE). Laut „Financial Times“ ist das eine Holding auf den Cayman-Inseln, die den Besitz an den chinesischen Zweckgesellschaften mittels Verträgen simuliert. Jedes chinesische Gericht könnte diese laut Experten auflösen.

Nicht direkt investiert

Alibaba stammt aus Hangzhou südlich von Schanghai, die Börse-Holding ist aber im Steuerparadies auf den Cayman Islands registriert. „Bei dieser speziellen juristischen Gesellschaftsform können Eigenkapitalgeber keinen beherrschenden Einfluss ausüben“, heißt es weiter. „Die Wertpapiere, die jetzt gehandelt werden, gewähren Anteile der Cayman-Holding.“ Fakt ist auch: Die Handelsportale von Alibaba gehören nicht dieser Holding, sondern primär Firmengründer Jack Ma und Co-Gründer Simon Xie. Direkte Eigentümerschaft von Ausländern an IT-Unternehmen lassen die chinesischen Gesetze nicht zu. „Mit anderen Worten sind amerikanische Investoren den Herren Ma und Xie ausgeliefert“, zitieren die „New York Times“ und die „Süddeutsche Zeitung“ den US-Rechtsprofessor Steven Davidoff Solomon von der Universität Berkeley.

Karibik-Firma fließen Gewinne zu

Rund um den Börsengang des vor knapp 15 Jahren gegründeten Alibaba-Konzerns wurden die erwarteten Börse-Rekordzahlen ebenso leidenschaftlich debattiert wie die Risiken und die unübersichtlichen verschachtelten Strukturen. Der IT-Analyst bei Standard&Poor's IQ in New York, Scott Kessler, meint, dass Alibaba jetzt die USA als Marktplatz wählte, weil sie hier ihre Strukturen behalten konnten. Diese wären in Hongkong nicht akzeptiert worden, so der Analyst gegenüber dem deutschen Auslandssender „Deutsche Welle“. Auch für die Zulassung an der Börse New York hatten die Chinesen ihren Börseprospekt dreimal ändern müssen. Der „VIE“-Zweckgesellschaft fließen im wesentlichen nur die Gewinne von Alibaba zu, erläuterte der Analyst Kessler. Damit wolle man chinesisches Recht umgehen, das den Anteilsbesitz von Ausländern an chinesischen Firmen beschränkt. Nebeneffekt: Investoren haben praktisch kein Mitspracherecht.

Wer steckt hinter Alibaba?

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Abbild der Kommunistischen Partei

Einige Experten sehen die Struktur von Alibaba sogar als Abbild der autoritären chinesischen Politik. So etwa der frühere Banker David Webb, der jetzt eine Webseite über Regierungs- und Unternehmenspolitik betreibt. „Die 'Partnerschaft' entspricht dem Politbüro der Kommunistischen Partei. Die Aktionäre entsprechen dem Volk, das bei der Führung seines Landes nichts zu sagen hat“, schrieb Webb der Nachrichtenagentur AP in einer E-Mail.

Firmengründer Ma und ein innerer Kreis aus vier weiteren Führungskräften will ab und zu neue Partner in das Gremium aufnehmen. Die Kandidaten müssen mindestens fünf Jahre im Unternehmen gearbeitet haben und auch einige andere Anforderungen erfüllen.

Der 49-jährige Ma könne durch die Struktur die Kontrolle bewahren, obwohl er und der Vizevorsitzende über weit weniger Anteile verfügen als die japanische Softbank mit 34,1 Prozent und Yahoo mit 22,4, sagte Zhang Tianyu, ein Experte für Unternehmensführung an der Chinese University of Hong Kong, gegenüber AP. Ma hält 8,8 Prozent und Tsai 3,6 Prozent. „Jack Ma ist beunruhigt über diese Situation: Wenn die Performance des Unternehmens sich wirklich verschlechtert, kann er es weiterführen? - Deshalb hat er das so eingerichtet“, erklärt Zhang.

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