Alfred Ritter: "Schokolade ist ehrlich"
Von Simone Hoepke
„Schokolade ist ehrlich. Jeder weiß, dass Zucker und Fett drin ist“, sagt Alfred Ritter. Der Schokoladenmacher aus dem deutschen Waldenbuch produziert täglich drei Millionen quadratische Schokoladetafeln und verkauft sie in rund hundert Ländern. Der Jahresumsatz lag zuletzt bei 489 Millionen Euro. Es wäre also naheliegend, dass der Eigentümer von Ritter Sport als nächstes die 500-Millionen-Euro-Marken als Ziel ausruft.
Tut er aber nicht. „Von solchen Wachstumszielen halte ich nichts“, sagt Ritter im KURIER-Gespräch. Er legt den Fokus lieber auf die Beschaffungsseite. „Wir wollen mehr vertikalisieren“, sprich die Rohstoffbeschaffung verstärkt selbst in die Hand nehmen. Etwa bei Kakao, der teils von Vertragsbauern in Nicaragua kommt.
Rund zehn Millionen Euro fließen in den nachhaltigen Anbau, in Prämien für die Bauern oder die Aufzucht neuer Bäume, 3500 Bauern hat Ritter Sport unter Vertrag. Dabei läuft nicht immer alles nach Plan: „In Nicaragua haben wir wegen einer noch nie da gewesenen Trockenheit eine Viertel Million Bäume verloren“, erläutert Ritter. „Da ist man dann ganz unmittelbar vom Klimawandel betroffen.“
Verstrahlte Haselnuss
Ökologisch nachhaltiges Wirtschaften ist für ihn mehr als ein Lippenbekenntnis. Der schwäbische Unternehmer ist schon mehrmals für sein Engagement ausgezeichnet worden. Entstanden ist dieses ursprünglich aus einer Notsituation, als in der Schokoladenfabrik ein zentraler Rohstoff knapp wurde – die Haselnuss. „Nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl war in der Türkei ein Großteil der Ernte verstrahlt. Ich hab mir gedacht, so kann es nicht weitergehen.“ Also hat der Schoko-Macher, der nach dem frühen Tod seines Vaters mit 20 Jahren den Betrieb übernehmen musste, sich mit Alternativen zur Atomkraft beschäftigt. Gelandet ist er bei der Solarenergie. Nicht nur theoretisch, auch ganz praktisch.
Solarthermie
Ritter gründete eine Solar-Firma. Mit seinen Solarthermieanlagen war er laut eigenen Angaben weltweit die Nummer zwei. In einem Joint Venture in China waren zu Spitzenzeiten bis zu 1200 Mitarbeiter beschäftigt. „Dann kam das Ende der Energiewende und die Solarfabrik ist Pleite gegangen“, erzählt Ritter.
Die energetische Wechselpolitik habe ihn letztlich einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet. Dennoch ist das Thema Erneuerbare Energien für ihn nicht gestorben. Mit der im Jahr 2000 gegründeten Ritter Energie- und Umwelttechnik, ist er einer der größten Hersteller von Vakuumröhrenkollektoren in Deutschland.
Österreich schwächelt
Bekannt ist die Familie aber vor allem für seine Schokoladenseite. Zwei Drittel der Produktion werden am Heimmarkt verkauft, zweitgrößter Absatzmarkt ist Russland, ein Markt, der trotz der Rubelkrise wächst. In Österreich ist es zuletzt nicht so gut gelaufen. Händler haben die Preise erhöht und die Aktionen zurückgefahren. „Eine verblüffende Entwicklung, deren Ursache wir nicht kennen“, kommentiert das Alfred Ritter, der das operative Geschäft schon lange in die Hände externer Manager gegeben hat.
Dass die nachhaltige Beschaffung einen Preis hat, den der Kunde letztlich nicht bezahlen will, würde er so nicht unterschreiben. Was am Ende zähle, sei der gute Geschmack. „Nichts korrumpiert den Menschen mehr als Sex und guter Geschmack“, sagt Ritter, der auch einige Jahre als Psychologe gearbeitet hat.