Alan Greenspan: Magier des Geldes oder doch "Mr. Blase"
Von Christine Klafl
Eigentlich wollte er Musiker werden. In der Jugend gehörte seine Leidenschaft dem Jazz, in einer Band spielte er die Klarinette. Später gab Alan Greenspan ganz woanders den Ton an: 18 Jahre lang – vom Sommer 1987 bis Ende Jänner 2006 – war er Chef der US-Notenbank Federal Reserve (kurz Fed genannt). Ein Rückblick zum 90. Geburtstag des Ökonomen und Zahlen-Freaks, der in den vergangenen Jahren viel von seinem Nimbus als unfehlbarer Magier des Geldes eingebüßt hat.
Greenspan, Sohn einer jüdischen Familie (der Vater war Börsenmakler), hatte schon bald nach seiner Ernennung zum Fed-Chef durch seinen Freund Ronald Reagan alle Hände voll zu tun. Am 19. Oktober 1987, dem "Schwarzen Montag" an der Wall Street, stürzte der Dow-Jones-Index um mehr als 22 Prozent ab – ein Rekordeinbruch. Greenspan reagierte so, wie er es später in Krisenfällen immer wieder tun sollte: Er pumpte zusätzliche Gelder in den Markt und senkte die Leitzinsen. Die Medizin wirkte.
Mitschuld
Das Platzen der Blase auf dem US-Häusermarkt 2007 und die folgende Finanz- und Wirtschaftskrise, die so gut wie den ganzen Globus erfasste, sorgten allerdings für tiefe Kratzer im Image Greenspans. Er trage zumindest die Mitverantwortung dafür, dass die Häuserpreise in derart astronomische Höhen gestiegen waren, weil er die US-Leitzinsen viel zu lange im Keller gehalten hatte.
Der Allianz-Konzern hat in einer Analyse unter die Lupe genommen, ob Greenspan tatsächlich anders als seine Vorgänger agiert hat. Die Analyse hat eine leichte Asymmetrie ergeben. Das heißt: Bei fallenden Finanzmärkten senkte die Fed unter Greenspan die Leitzinsen früher und stärker, bei steigenden Assetpreisen reagierte sie später mit Zinsschritten nach oben.
Greenspan als Ursache für die Finanzkrise? Er selbst sieht sich zu Unrecht kritisiert. Die damals tiefen Hypothekenzinsen hätten nichts mit den tiefen Leitzinsen zu tun gehabt, sagte er vor 2013 in einem Interview mit der Welt am Sonntag.