„Aktien sind zweiten Blick wert“
Von Christine Klafl
Ende der Vorwoche fiel der Euro im Verhältnis zum US-Dollar erstmals seit zwei Monaten unter die Marke von 1,30. Schuld daran waren schlechte Wirtschaftsdaten. So kletterte die Arbeitslosenrate in der Eurozone auf den Rekordwert von 11,9 Prozent. Und die Geschäfte der Industrie in der Währungsunion schrumpften bereits den 19. Monat in Folge.
Leitzinsen
Auf den Euro-Kurs drückte jedoch auch eine andere Meldung: Die Inflation in der Eurozone ist im Februar auf 1,8 Prozent zurückgegangen (nach 2,0 Prozent im Jänner). Gut für Konsumenten, schlecht für Sparer. Denn mit einer Teuerungsrate unter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von knapp unter zwei Prozent eröffnet sich für die Notenbanker unter EZB-Boss Mario Draghi Spielraum für eine Zinssenkung. Der Euro-Leitzins, der aktuell bei 0,75 Prozent liegt, könnte schon bald auf ein neues Rekordtief zurückgestutzt werden, wurde spekuliert. Das bedeutet keine guten Aussichten für die Sparzinsen.
Bei Anleihen von Staaten aus der Kerneurozone (wie Deutschland oder Österreich) schaut es nicht besser aus. Abzüglich Steuern, Spesen und Inflation liegt der Ertrag im Minusbereich. Angelegtes Geld verliert an Wert (siehe dazu auch Grafik zum Wertverlust). Monika Rosen, Chefanalystin im Private Banking der Bank Austria, hat daher den Euro-Staatsanleihenteil im Musterportfolio kräftig nach unten gefahren. Dafür stecken mehr Aktien drinnen. Beim „ausgeglichenen“ Portfolio, das in Normalzeiten zu 35 Prozent aus Aktien besteht, entfallen jetzt fast 43 Prozent auf Aktien. Nach den Kursanstiegen seit vergangenem Sommer „ist eine Atempause und eine gewisse Konsolidierung aber nicht auszuschließen“, sagt Rosen. Heißt: Kursverluste sind jederzeit möglich.
„Trotz der grandiosen Börsenentwicklung in den vergangenen zwölf Monaten sind Aktien immer noch attraktiv und wirklich einen zweiten Blick wert“, sagt Martin Bruckner, Vorstand der Allianz Investmentbank und Chief Investment Officer der Allianz Gruppe. Er sieht auch „erste Pflänzchen“ bei Firmenübernahmen und -fusionen – was die Kurse antreiben sollte. „Das ist positiv für die europäischen Börsen. Europa ist der am meisten verkaufte Markt.“ Auf Sicht von zwei, drei Jahren erwartet er „eine gute Aktienmarktentwicklung“.
Bei einem ausgewogenen Portfolio, das je zur Hälfte aus Aktien und Anleihen besteht, würde der Allianz-Manager den Aktienanteil derzeit „Richtung 55 oder 60 Prozent erhöhen“. Aktien aus Industrieländern würde er dabei genauso kaufen wie Titel aus Schwellenländern.
Aktien kaufen und längere Zeit behalten – diese Taktik wurde Anlegern früher ans Herz gelegt. Die Zeit der Buy-and-hold-Strategie sei allerdings vorbei, meint Monika Rosen. Der Rückblick auf die vergangenen fünf Jahre zeigt teilweise herbe Verluste (siehe Grafik). Jetzt lautet die Devise: rascher auf Kursbewegungen reagieren, um nicht alle Talfahrten mitzumachen.