Wirtschaft

Agrokor-Pleite: Österreichs Banken bangen um Millionen

Kroatien-Urlaubern sind sie bestens bekannt: die Supermarktkette Konzum, das Mineralwasser Jamnica oder das Speiseeis Ledo. All diese Unternehmen, Marken und noch eine Reihe weiterer Lebensmittel- und Agrarfirmen sind Teil von Agrokor, dem mit Abstand größten Konzern des Landes – und seit nunmehr gut neun Monaten auch der mit Abstand größten Pleite des Landes.

15 Prozent der gesamten kroatischen Wirtschaftsleistung hat Agrokor mit seinen insgesamt 60.000 Mitarbeitern und sieben Milliarden Euro Umsatz beherrscht. Der Gründer, Ivica Todoric, wurde mit Agrokor nicht nur zum reichsten Kroaten, sondern auch zum meist bewunderten. Denn sein Aufstieg vom Blumenhändler in Zagreb zum Chef eines Firmenimperiums am Balkan ist filmreif – aber leider auch sein Absturz. Bilanzfälschung, Finanzbetrug und Konkursverschleppung werfen ihm und 14 seiner Manager die kroatischen Behörden vor. Der Verhaftung entzog er sich durch Flucht nach London, wo er auf eine Entscheidung zur Auslieferung in sein Land wartet.

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Dort müht sich der Staat, der im Vorjahr die Kontrolle über Agrokor übernehmen musste, eine Lösung für den wankenden Mega-Konzern zu finden, der die gesamte Wirtschaft des Landes in Geiselhaft hält. Insgesamt 160 Einzelfirmen, davon einige in Kroatiens Nachbarländern, gehören zu Agrokor. 12.000 Klagen sind anhängig und unzählige Forderungen von Lieferanten und Banken offen. Zu den größten Gläubigerbanken gehören auch die Kroatien-Töchter der heimischen Erste Group, der Raiffeisen Bank International und der Bank Austria. Der größte Geldgeber für Agrokor aber ist die russische Sberbank. Sie alle bangen um Hunderte Millionen Euro.

Im Fokus der Käufer

Internationale Firmen-Käufer sehen die Agrokor-Pleite als ihre Chance: Sie sind daran interessiert, die Rosinenstückchen aus dem Konzern herauszupicken.

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Die Lebensmittel-Bereiche gelten als besonders interessant. Mergers&Akquisitions-Berater prüfen die Unternehmen bereits und beginnen, ihre Fühler nach Interessenten auszustrecken.

"Schnelle Übernahmen wird es aber wohl nicht geben", sagt Alexandra Nagle, Expertin bei Alantra in Wien, einem spanischen Investment- und Beratungsunternehmen. Zunächst müsse nämlich geklärt werden, wie die neue Struktur von Agrokor aussehen wird. Der aktuelle Vorschlag: Gründung einer neuen Holding ("HoldCo") . Die Gläubiger erhalten einen Anteil daran und müssen dafür einen Haircut auf ihre Forderungen in Kauf nehmen. HoldCo soll dann die Tochtergesellschaften mit Kapital ausstatten. Alle gerichtlich anhängigen Klagen bleiben in der alten Firmenhülle.