Elf Prozent mehr Verkehrsunfälle durch Zeitumstellung
Der Frühling hält flott Einzug, ein sonniges Wochenende naht, die Reiserouten werden am Samstag und Sonntag von Ausflüglern regelrecht überrollt. Und in der Nacht auf Sonntag wird dann auch noch die Uhr um eine Stunde vorgestellt – es wird wieder auf Sommerzeit umgestellt. Doch diese Zeitumstellung hat auch negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, was bisher wenig bekannt war.
Eine Analyse der Wiener Städtischen Versicherung zeigt, dass es auf Österreichs Straßen in der Woche nach der Zeitumstellung im Durchschnitt um 11,3 Prozent häufiger kracht. Oder anders gesagt: In dieser Woche steigt die Zahl der Unfälle um 210 Fälle - Jahr für Jahr
„Wie aus unserer Statistik hervorgeht, ereigneten sich in den vergangenen zehn Jahren 2.120 Kfz-Unfälle mehr in der Woche nach der Zeitumstellung“, sagt Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen Versicherung, im Gespräch mit dem KURIER.
Das Länder-Ranking
Besonders gefährlich sind in dieser Zeit die Straßen in Salzburg, Niederösterreich, Oberösterreich und Vorarlberg. Alleine in Salzburg kracht es auf den Straßen fast um ein Fünftel öfter als sonst. Oder anders gesagt: In Salzburg ereignen sich um 19,4 Prozent mehr Kfz-Unfälle, gefolgt von Niederösterreich (16,2 Prozent), Oberösterreich (15,3 Prozent) und Vorarlberg (12,9 Prozent) – das ergab eine Analyse der Wiener Städtischen Versicherung.
Landeshauptstadt Linz hebt ab
Absoluter Spitzenreiter unter den Landeshauptstädten ist Linz, gefolgt von der Stadt Salzburg und St. Pölten. In Linz steigt die Zahl der Unfälle in dieser Umstellungswoche um mehr als 21 Prozent. "Auch in den Städten Salzburg (15,1 Prozent), St. Pölten (14 Prozent) und Bregenz (13,3 Prozent) kracht es öfter als in Gesamt-Österreich", heißt es dazu von der Wiener Städtischen Versicherung. Vorsichtiger fahren vor allem die Klagenfurter, Wiener, Grazer und Innsbrucker. Musterschüler sind offenbar die Eisenstädter. In der burgenländischen Landeshauptstadt gibt es gar keine Unfallzunahme in der Umstellungswoche.
Mehr Auffahrunfälle und Parkschäden
Generell geht es vermehrt um Blechschäden, vor allem Auffahrunfälle und Parkschäden nehmen deutlich zu. Rund 600.000 Euro mehr muss die Wiener Städtische in dieser Woche zur Abdeckung der Schäden in die Hand nehmen.
„Diese Zeitverschiebung hat demnach Auswirkungen auf unseren Biorhythmus und verursacht einen Mini-Jetlag“, sagt Versicherungsexpertin Wendler zum KURIER. Der kürzere Schlaf führe zu einer geringeren Aufmerksamkeit und auch zu Konzentrationsschwierigkeiten.Vor allem für Schichtarbeiter führe früheres Aufstehen zu einem beschwerlicheren Arbeitsweg, denn sie fahren nun häufiger noch in der Dunkelheit und Dämmerung.
„Eine Stunde gestohlen“
„Unser Wach- und Müdesein wird hautsächlich von Licht und Dunkelheit bestimmt“, sagt die Verkehrspsychologin Marion Seidenberger vom Autofahrerklub ÖAMTC im Gespräch mit dem KURIER. „Die jetzt kommende Sommerzeitumstellung hat es stärker in sich, da uns im gewohnten Ablauf eine Stunde ,gestohlen’ wird.“ Einige benötigen dafür längere Adaptionszeiten in den Folgetagen – bis die innere Uhr wieder „stimmt“.
Die „fehlende Stunde“ Schlaf mache sich anfangs durch erschwertes Aufwachen und Einschlafen und durch etwas mehr Gereiztheit bemerkbar. „Sich ein verlängertes In-die-Gänge-kommen in der Früh gönnen, mildert für manche die Umstellungs-Ruppigkeit, kann mögliche Konflikte abfedern, die gewohnte Aufmerksamkeit bereitstellen und so das Miteinander erleichtern“, weiß Verkehrspsychologin Seidenberger.
Kaum Personenschäden
Zeitumstellung, Wetterlage, Verkehrsaufkommen
Die ÖAMTC-Expertin geht davon aus, dass die höheren Unfallzahlen in der Woche nicht alleine auf die Zeitumstellung, sondern in Kombination mit der Wetterlage (Regen, Schnee) und der Art des Verkehrs (Ausflugsverkehr, Urlaubsverkehr) betrachtet werden müssen. Diese Einflüsse kommen erschwerend dazu.
So hat es 2016 am Tag der Zeitumstellung nur 48 Unfälle mit Personenschäden gegeben, am Sonntag darauf dann 91 Unfälle. Im Folgejahr gab es am Umstellungstag 48 Unfälle und eine Woche später sogar 116 Unfälle.
Die Wiener Städtische
Die Wiener Städtische Versicherung ist die größte Einzelgesellschaft des internationalen Versicherungskonzerns Vienna Insurance Group AG (VIG) mit Sitz in Wien und ist in neun Landesdirektionen, 130 Geschäftsstellen und rund 4.000 Mitarbeitern präsent. Weiters verfügt das Unternehmen über Zweigniederlassungen in Italien und Slowenien.