Wirtschaft

Stickoxide: Wie VW das Problem lösen kann

Der durch den Abgas-Skandal ins Schlingern geratene Volkswagen-Konzern will wieder in die Spur kommen. Am Mittwoch wurde der bisherige Finanzchef Hans-Dieter Pötsch, ein Österreicher, zum Aufsichtsratschef ernannt. In der nächsten Hauptversammlung muss diese Rochade abgesegnet werden.

Wie berichtet, soll im Jänner 2016 der Rückruf von elf Millionen betroffenen Diesel-Fahrzeugen starten. Bei den US-Kunden hat sich VW mittlerweile per Brief für die Manipulation der Abgaswerte entschuldigt.

In deutschen Tageszeitungen haben die Wolfsburger in ganzseitigen Inseraten bekundet: "Wir werden alles tun, um Ihr Vertrauen zurückzugewinnen."

Das wird kein leichtes Unterfangen. Die von dem Abgas-Skandal betroffenen Vier-Zylinder-Motoren fallen unter die europäischen Abgas-Norm Euro 5. Der Stickoxid-Ausstoß (NOx) darf maximal 0,18 Gramm pro Kilometer betragen.

Karten noch nicht auf dem Tisch

Wie VW die erhöhten NOx-Werte in den betroffenen Fahrzeuge reduzieren wird, ist noch nicht klar. Denn: Es müssen für die verschiedenen Modelle der VW-Gruppe unterschiedliche Lösungen ausgetüftelt werden.

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"Die technischen Lösungen der Probleme sind in Sicht", verkündete der neue VW-Chef Matthias Müller am Dienstag vor der Belegschaft. Die VW-Gruppe räumte auch ein, dass in einigen Modellen nicht nur die Software, sondern auch Hardware getauscht oder umgerüstet werden muss.

Einer der führenden österreichischen Auto-Experten ist Professor Bernhard Geringer, Vorstand des Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der Technischen Universität (TU) Wien. Laut Geringer gibt es mehrere technische Möglichkeiten, den NOx-Ausstoß zu senken.

Diesel-Einspritzung

"Man kann den Druck bei der Diesel-Einspritzung in die Motoren erhöhen und das Timing der Einspritzung von zwei auf vier, fünf Impulse erhöhen", sagt Geringer im Gespräch mit dem KURIER. "Es gibt neue Injektoren, mit denen man eine verfeinerte und bessere Zerstäubung erzielen kann." Unterm Strich bedeutet das weniger Stickoxide. Die Nachteile seien gering. "Es könnte zu einem Diesel-Mehrverbrauch von 0,1 bis 0,3 Liter führen", sagt der TU-Professor. Gemeint ist der Verbrauch auf hundert Kilometer. Das merke man bei normalem Fahrverbrauch nicht. Außerdem könnte "der Aufbau der Beschleunigung" zum Beispiel beim Überholen minimal träger werden. Auch das würde man als Fahrer kaum spüren.

Denox-Katalysator

VW könnte auch einen neuen Katalysator einbauen. "Einen Denox-Katalysator, der eine spezielle Beschichtung hat, die Stickoxid bindet und zwischenspeichert", weiß der Experte. "Wenn der Kat voll ist, reagiert ein Stickoxid-Sensor, und das NOx wird chemisch unschädlich gemacht." Freigesetzt wird dann nur noch Stickstoff. Die Denox-Speicher-Kats sind seit einigen Jahren auf dem Markt.

Das beste und teuerste System sind SCR-Katalysatoren mit einer Abgas-Nachbehandlung durch Adblue (Harnstoff), die in neuesten Autos eingebaut sind. Eine Umrüstung wäre unwirtschaftlich, so der TU-Professor. Bei diesem System bräuchte man eine neue Motorsteuerung und zusätzlich einen Adblue-Tank, ein Einspritzsystem und eine Heizung. Das würde Tausende Euro pro Auto kosten.

Im Skandal um manipulierte Abgaswerte bei VW will sich der Konzern bei einer Anhörung vor dem US-Kongress am Donnerstag entschuldigen und die volle Verantwortung übernehmen.

"Wir haben das Vertrauen unser Kunden, unserer Händler und unserer Angestellten genauso missbraucht wie das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Aufsichtsbehörden", soll der USA-Chef von VW, Michael Horn, laut einer im Voraus bekanntgewordenen Erklärung sagen.