Wirtschaft

Bereits 800 Klagen gegen VW in den USA anhängig

Die Abgas-Affäre bei den Diesel-Fahrzeugen der deutschen Volkswagen-Gruppe zieht rechtlich weitere Kreise als erwartet. Alleine in den USA sind seit Platzen des Stickoxid-Skandals Mitte September 2015 bundesweit 827 Klagen eingebracht worden, darunter viele Sammelklagen (“Class Actions“). Insgesamt 796 Klagen sind aktuell bei diversen US-Gerichten anhängig - von der Ost- bis zur Westküste.

Mit einer 48 Seiten starken Sammelklage geht unter anderem ein Leasing-Unternehmen aus Florida vor dem Bezirksgericht New Jersey nicht nur gegen die Volkswagen Group of America Inc, die Wolfsburger Volkswagen AG, sondern auch gegen den deutschen VW-Lieferer Robert Bosch GmbH vor. Das klagende US-Unternehmen wirft VW unter anderem vor, mit dem Verkauf von weltweit elf Millionen Fahrzeugen, bei denen die Abgas-Emissionen manipuliert wurden, in den vergangenen sieben Jahren 33 Milliarden Dollar illegalen Gewinn eingestreift zu haben. Denn: Die Klägerin geht davon aus, dass VW im Schnitt 3000 Dollar pro Fahrzeug für die umweltfreundliche Ausführung "CleanDiesel" aufgeschlagen habe.

In den USA habe VW an die 500.000 Autos als umweltfreundliche bzw. „grüne“ Fahrzeuge beworben haben, "obwohl VW tatsächlich keine Fahrzeuge mit diesen gewünschten Eigenschaften herstellte oder verkaufte". „Volkswagens gesamte CleanDiesel-System und die diesbezügliche Marketingkampagne waren Betrug“, heißt es in der Klage weiter.

So soll Volkswagen 2015 das Basis-Modell S des Jetta mit einem unverbindlichen Mindest-Verkaufspreis in Höhe von 18.780 Dollar (17.447 Euro) angeboten haben, den Jetta TDI S CleanDiesel zum Mindestpreis von 21.640 Dollar (20.104 Euro). Das macht einen Preisaufschlag von 2860 Dollar (2657 Euro). Die Premium-Ausführung, der Jetta TDI SEL, wird sogar für 26.410 Dollar (24.535 Euro) angeboten. "Alle Kunden, die das teuerste Modell gekauft haben, zahlten einen Preisaufschlag in Höhe von 6315 Dollar (5866 Euro) für eine Leistung, die sie tatsächlich nicht erhalten haben", heißt es in der Klage. Volkswagen habe eine Defeat Device, sprich eine Umschaltsoftware, für den Abgas-Testbetrieb eingebaut. Die betroffenen Fahrzeuge haben eine Preisaufschlag-Bandbreite zwischen 1000 bis fast 7000 Dollar.

Vorwürfe bestritten

Das Leasingunternehmen, das seit 60 Jahren seinen Kunden offenbar Pkw und Lkw vermittelt, fürchtet nun, dass es nach Auslaufen der Leasingverträge den zuvor kalkulierten Restwert für die Fahrzeuge nicht mehr erzielen wird. Exemplarisch werden dafür ein VW Golf und ein VW Beetle von Kunden angeführt.

Wie berichtet hat VW die groß angelegte Manipulation bei den NoX-Abgasen eingeräumt und volle Aufklärung versprochen. In den USA drohen dem Konzern saftige Schadenersatzklagen und Milliarden schwere Geldstrafen. Bosch soll laut Klage die Komponenten für die Umschaltsoftware geliefert haben. Die Robert Bosch GmbH weist laut Handelsblatt alle Vorwürfe zurück. Die Verantwortung liege ausschließlich bei Volkswagen.

Starker Tobak

Die klagende Leasingfirma beruft sich in ihrer Klage unter anderem auf den sogenannten Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act, kurz RICO-Act genannt, ein Gesetz, mit dem vor allem Korruption und Organisierte Kriminalität sowohl straf- als auch zivilrechtlich in den USA verfolgt werden kann. Mit dem RICO-Act können auch zivilrechtliche Schadenersatzansprüche per Gericht durchgesetzt werden.