500.000 Post-Pakete täglich: Herkulesaufgabe Weihnachten
KURIER: Wie schaut das Weihnachtsgeschäft aus, nimmt die Paketflut weiter zu?Georg Pölzl: Das Paketwachstum ist heuer gut zweistellig – so stark wie noch nie.
Es gibt viele Beschwerden, dass Zusteller Pakete nicht mehr vernünftig zustellen, sondern nur noch Zettel auf die Gegensprechanlage kleben. Manchmal betrifft das auch die Post. Wie reagieren Sie darauf?
Das kann vorkommen, wir stellen derzeit täglich 500.000 Pakete mit eigenen Leuten zu. Da kann es zu Engpässen kommen. Es brummt jetzt richtig – auch dank Briefen und Werbesendungen. Wir gehen aber jedem Problemfall nach.
Werden noch Briefe geschrieben?Wir haben vier Milliarden adressierte Briefsendungen im Jahr, obwohl die Zahl auch heuer wieder um fünf Prozent zurückgegangen ist – Werbepost übrigens weniger als erwartet. Printwerbung funktioniert nach wie vor gut. Und auch der E-Brief (eine verschlüsselte elektronische Nachricht, die sicherer als ein E-Mail ist, Anm.) wird extrem gut angenommen.
Die Konkurrenz ist stark. Womit punkten Sie?
Mit Qualität. Wir stellen 95 Prozent der Briefe innerhalb eines Werktages zu.
Die EU will die Paketpreise senken und Preise vergleichbarer machen. Was sagen Sie dazu?
Es gibt seit einigen Jahren ein EU-Projekt, um die Qualität der grenzüberschreitenden Sendungen zu steigern. Im Paketgeschäft herrscht ein extremer Wettbewerb, ich halte nichts davon, bei den Preisen regulatorisch einzugreifen. Die sind ohnehin extrem niedrig.
Es geht um die Sendungen ins Ausland, die bei gleicher Distanz teilweise viel teurer als im Inland sind.
Da geht es nur um eine ganz kleine Anzahl von Paketen. Aber auch hier gibt es Wettbewerb, denken Sie an DPD oder DHL.
Wie geht es eigentlich dem neuen Online-Marktplatz der Post, Shöpping?
Dem geht es gut, was das Interesse der Händler betrifft. Wir haben jede Menge zu tun, diese Händler an Bord zu nehmen und das Sortiment auszuweiten. Zwischen 200 und 300 Händler – ausschließlich aus Österreich – sind dabei und 1000 weitere befinden sich in der Warteschleife. Es ist technisch und rechtlich herausfordernd. Wir haben das Sortiment auf eine Million Produkte erweitert und die Oberfläche neu gelauncht.
Sie nehmen nur österreichische Händler?
Ja, es soll ein richtiges Österreich-Portal sein, wir werden nicht das bessere Amazon oder Zalando. Wir wollen alle kleinen Produzenten, die sich nicht mit einem eigenen Online-Shop herumschlagen wollen, auf einer einzigen Plattform bündeln, auf der sie besser wahrgenommen werden.
Aber aus reiner Nächstenliebe werden Sie es ja nicht tun.
Natürlich ist das auch ein strategisches Thema für uns, da geht es auch um Logistik. Aber shöpping.at wird immer nur einen kleinen Prozentsatz unseres Paketaufkommens ausmachen.
Wie viel haben Sie investiert?
Die Investitionssumme liegt gerade mal im niedrigen zweistelligen Millionen-Bereich. Jedenfalls viel weniger als kolportiert wird.
Die Bawag ist als Partner ausgestiegen, haben Sie schon einen neuen Partner gefunden?
Der Vertrag läuft bis Ende 2020. Wir sind mit der Bawag in Verhandlung, wie wir die nächsten Jahre gestalten. Es gibt Gespräche mit anderen Interessenten, wir werden jedenfalls wieder Finanzdienstleistungen anbieten. Aber es wird ein sehr schwieriges Unterfangen. Es geht auch darum, wie dieses Geschäft in Zukunft aussehen wird.
Gibt es auch Interessenten aus Österreich?
Ja, das Interesse ist ernsthaft und groß. Ob es ein österreichischer Partner wird, kann man noch nicht sagen.
Warum verkaufen Sie etwas so Hochspekulatives wie Bitcoin?
Weil wir ein gewisses Interesse bei den Kunden gespürt haben und weil uns das ein Partner angeboten hat. Wir sind immer sehr aufgeschlossen für Neues. Wir verkaufen aber keine Bitcoins, sondern Gutscheine für Bitcoins.
Die Post verkauft jetzt auch ÖBB-Bahntickets. Besteht da nicht die Gefahr, irgendwann einmal mit einem riesigen Bauchladen herumzulaufen?
Das ist ein weiteres Service, wir testen das. Um einen Bauchladen zu vermeiden, optimieren wir immer wieder, haben unsere Produktpalette von 5000 auf unter 1000 zurückgeschnitten und machen mehr Umsatz als früher.
Was erwarten Sie von der neuen Regierung?
Ich erwarte mir, dass die Koalitionsparteien ihr Veränderungsversprechen einlösen. Wir hatten in den letzten Jahren ja keinen Ideen-, sondern einen Umsetzungsmangel. Ob Verwaltungsreform oder Reform der Sozialpartnerschaft – die Themen liegen auf der Hand.
Was sagen Sie zur neuen Ministerriege?
Eine personelle Erneuerung ist gut und wichtig für unser Land und gibt Zuversicht.
Was erwarten Sie vom neuen FP-Infrastrukturminister Hofer?
Wir wollen bei der Digitalisierung eine noch aktivere Rolle spielen. Die Kunden sollen die Wahl haben, wie sie ihre Informationen bekommen – elektronisch oder physisch. Jetzt entscheidet der Versender: Behördenpost bekommen sie heute physisch, Kreditkartenrechnungen hingegen digital.
Es mehren sich Gerüchte, dass die Post die Tochter Wertlogistik verkaufen will. Stimmt das?
Nein, das ist nicht richtig und auch langfristig nicht geplant.
In Vorarlberg wirft Ihnen die Gewerkschaft vor, zu viel Personal abgebaut zu haben.
Es gibt punktuell immer wieder Personalengpässe, die so nicht gewollt sind. Es tut mir leid, wenn es Zustellprobleme gab. Wir haben Anfang des Jahres den Briefrückgang etwas schärfer eingeschätzt. Dazu kommt noch die Arbeitsmarktsituation, die es uns schwer macht, das Personal bereit zuhalten. Und wenn es dann noch Krankenstände gibt, dann kann es vereinzelt Probleme geben.
Haben Sie also doch zu schnell Personal abgebaut?
Wir haben kein Abbauprogramm, sondern eine Fluktuation und konnten nicht schnell genug nachbesetzen. Wir werden diese Situation schnellstmöglich bereinigen. Das Weihnachtsgeschäft läuft wirklich gut. Wobei wir Anfragen großer Kunden haben, die wir ablehnen müssen, weil wir sie in unserer gewohnten Qualität nicht erfüllen könnten.
Die Gewerkschaft wirft Ihnen vor, den Gewinn auf Kosten des Personalstands zu steigern.
Ich bin stolz darauf, dass unsere Mitarbeiter diese großartige Leistung auch in einer Stoßzeit wie Weihnachten schaffen. In Vorarlberg handelt es sich um eine Personalknappheit, die nichts mit "totsparen" zu tun hat. Wir würden gerne mehr Leute einstellen. Und um einen Vergleich zu machen: Wir schütten 130 Millionen Euro an Dividende aus, zahlen knapp 600 Millionen Euro an Steuern und Abgaben und haben eine Milliarde Personalkosten. Der niedrige Personalstand ist sicher nicht ein Resultat neoliberalen Wirtschaftens.Das Jahr 2017 ist für die Post bisher bei Umsatz und Gewinn gut gelaufen. Wie wird 2018?
Ich gehe davon aus, dass die Trends anhalten: Rückgang beim adressierten Brief, Paket-Wachstum, stabiles Werbegeschäft. Wir werden in den nächsten zwei bis drei Jahren um 50 Prozent mehr investieren – insgesamt rund 150 Millionen Euro – und damit Filialen renovieren und etliche neu eröffnen. Wir werden auch die Selbstbedienungsmöglichkeiten verdoppeln; heute haben wir 300 Selbstbedienungsstationen.
Aber die Zahl der Filialen wird nicht steigen, oder?
Es werden nicht mehr, aber auch nicht weniger. Bawag-Standorte werden ersetzt. Derzeit haben wir insgesamt 1800 Standorte.