Spontan gefragt: Benzingeruch und Klimakrise
Der Geruch nach Benzin, ein Hauch von einem süßlichen Parfum und der deftige Essensgeruch aus der Imbissbude: Jede Stadt hat olfaktorisch viel zu bieten – und nicht alles gefällt unserer Nase. Im Gegensatz dazu wandern wir gerne durch den Wald und atmen tief seine harzigen Aromen ein. Doch dass Gerüche auch einen Einfluss auf den Klimawandel haben können, ist kaum bekannt. Deswegen widmet sich die erste Ausgabe des Wissenschaftstalks „Spontan gefragt“ in diesem Jahr diesem Thema.
Als Gäste dazu begrüßt Moderator Markus Hengstschläger Dominik Stolzenburg vom Institut für Materialchemie der TU Wien und die Kabarettistin Elli Bauer. „Warum forscht man an Gerüchen, wenn es um den Klimawandel geht“, will Hengstschläger wissen. Die Antwort sei einfach, so Dominik Stolzenburg: „Gerüche sind meistens irgendwelche Moleküle, die Substanzen entweichen und so den Weg in unsere Nase finden. Aber sie finden auch den Weg in die Atmosphäre und ins Sonnenlicht und können dort chemische Reaktionen vollführen – das kann sie für unser Klima relevant machen.“
Denn diese in der Luft schwebenden Moleküle ballen sich zu einem Cluster, Aerosole genannt, zusammen, der für das menschliche Auge nicht sichtbar ist, aber Wasserdampf in der Luft binden. „Daraus entstehen Wolken oder Nebel“, erklärt Stolzenburg. „Und je mehr Aerosole wir in der Luft haben, desto dichter werden die Wolken und beeinflussen daher unser Klima.“
Gerüche der Zukunft
Wie viele organische Verbindungen dabei eine Rolle spielen, ist noch nicht geklärt. Im Rahmen einer vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) geförderten „Vienna Research Group“ geht Dominik Stolzenburg der Frage nach, wie die Stadt der Zukunft riecht und wie diese Gerüche zur Aerosolbildung und dem Klimaabdruck urbaner Regionen beitragen. Dazu will er von Elli Bauer wissen, wie es in ihrer Heimatstadt Graz und im Vergleich dazu in Wien riecht. „In Graz wohne ich in der Nähe von einem Park, da riecht es nach Natur“, antwortet die Kabarettistin. „In Wien riecht es städtischer – nach Autos und Asphalt etwa.“ Und genau da setze er an, erklärt der Chemiker. „In 100 Jahren wird es mehr Elektroautos geben, der Geruch von Tankstellen oder Auspuffen wird ebenfalls weniger“, sagt Stolzenburg.
Da hakt Markus Hengstschläger ein: „Heißt das, dass es dadurch weniger Wolken geben wird?“ Das sei Teil der Forschung, so die Antwort. „Aber Farben geben Geruchsmoleküle ab, Hygieneartikel und Lösungsmittel ebenfalls“, so der Wissenschafter. „Wir wollen herausfinden, welche Moleküle hochpotent in der Bildung von Aerosolen sind und welche Auswirkungen sie auf die Umwelt haben.“ Warum es stärker rieche, wenn es warm sei, will Elli Bauer wissen. Viele Dinge, die riechen, seien flüchtige Substanzen und je wärmer es sei, desto leichter könnten die Moleküle aus ihnen entweichen, antwortet Dominik Stolzenburg. Markus Hengstschläger hat eine Befürchtung: „Wenn mehr Geruchsmoleküle bei Wärme entweichen, bedeutet das auch, dass sich durch den Klimawandel mehr Aerosole bilden können?“
Das sei der Fall, bestätigt der Forscher: „Bei der Produktion von Farben und Lacken wird schon darauf geachtet, dass weniger flüchtige Substanzen zugesetzt werden – es ist also das Produktdesign gefragt.“ „Man wird sich also in Zukunft stärker überlegen müssen, welche Stoffe welche Moleküle abgeben und wie die reagieren“, fasst Elli Bauer zusammen. Dominik Stolzenburg bestätigt. „Leicht wird das aber nicht, weil es eine schwierig zu untersuchende Materie ist. Das ist ein bisschen so wie in deinem Kabarettprogramm: Es geht um komplizierte Zusammenhänge in einer Zeit, wo sich die Menschen so sehr nach einfachen Antworten sehnen.“
Hier geht’s zur Sendung „Spontan gefragt“: