Nachholbedarf in Österreich: Zu Größerem bestimmt
Erfindergeist, eine dynamische Forschungsszene, erfolgversprechende Förderprogramme: Österreich ist ein Forschungsland. Im EU-Vergleich liegen wir bei der Forschungsquote über dem Durchschnitt. Während der Anteil der Forschungsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2022 im EU-Durchschnitt bei 2,24 Prozent liegt, befindet sich Österreich seit 2020 bei 3,2 Prozent (Quelle: Statistik Austria). „Vergleicht man Österreich mit den USA sind wir bei der Forschungsleistung auf Augenhöhe. Sehen wir uns aber die Umsetzung an, geht die Schere weit auseinander“, sagt Dr. Alexander Schwartz, Partner von xista science ventures, ein Fonds, der in Uni-Ausgründungen investiert. Schwartz spricht hier sogenannte akademische Spin-offs an, Start-ups, die aus der Forschung gegründet werden bzw. aus einer Idee während der Ausbildung entstehen.
Luft nach oben
Laut dem Austrian Start-up Monitor 2022 geht man davon aus, dass aktuell rund 90 akademische Spin-offs pro Jahr in Österreich entstehen. Expert*innen aus unterschiedlichen Branchen sind sich einig: Da ist noch viel Luft nach oben. „Es könnte mehr sein“, sagt auch Dr. Irene Fialka,
Geschäftsführerin des Wiener Technologie-Start-up-Inkubators INiTS: „Alleine eine Universität in Zürich produziert 20 bis 25 Spin-offs pro Jahr.“ London, Paris, Zürich, München sind diesbezüglich innovativer. „Diese Metropolen haben früher begonnen, das Thema ernsthaft anzugehen und ein professionelles Netzwerk zu schaffen, mit den nötigen Strategien und Kapitalgebern. Wien steckt hier noch in den Kinderschuhen“, sagt Oliver Holle, Ph. D., Geschäftsführer von Speedinvest.
Das ViennaUP 2024 findet zum vierten Mal statt und bringt Gründer*innen, Investor*innen, Technologiebegeisterte und Kreative voller spannender Möglichkeiten zusammen, um zu inspirieren und Kontakte zu knüpfen.
Wann &Wo
Das Festival findet von 03.06. - 09.06. an unterschiedlichen Schauplätzen in Wien statt. Details unter: viennaup.com
Vorbilder gesucht
Die Gründe, warum Österreich bei den Spin-offs hinterher hinkt, sind vielseitig. In den USA beispielsweise denken Forscher*innen automatisch an die Anwendung und möchten sowohl in der Forschung als auch in der Unternehmensgründung reüssieren. „Es fehlt an Vorbildern, die Erfahrung haben und mitarbeiten. Professor*innen sollten ermutigt werden, ihre Forschung in einem Unternehmen umzusetzen“, sagt Schwartz. „Es wird zu wenig groß gedacht“, führt Holle weiter fort. „Es bräuchte zudem einen eigenen Unifonds für Ausgründungen.“ Fialka sieht vor allem einen Nachholbedarf bei der Bürokratie: „Es gibt keinen einheitlichen Spin-off-Leitfaden. Dadurch dauert es sehr lange, bis es zu einer Vereinbarung zwischen Universität und Spin-off kommt. Und das bremst den Fortschritt.“
Vorne mitspielen
Unternehmergeist und Innovationen gehen dadurch verloren. Fialka: „Holen wir diesen Gap nicht schnell auf, geht noch mehr Wertschöpfung ins Ausland.“ Auch Holle ist überzeugt, dass Österreich mehr Spin-offs benötigt: „Sie sind zwingend notwendig, um Produktionsziele zu erreichen, Innovationen auf den Markt zu bringen und die Klimawende zu schaffen. Wenn wir nicht vorne mitspielen, können wir für die nächsten Jahrzehnte in Sachen Wettbewerbsfähigkeit nicht mithalten.“ Gegenteilig würden tausende hoch qualifizierte Jobs entstehen. Holle: „Millionen an Steuergeldern würden zurückfließen. In anderen Städten hat man gesehen, wie Spin-offs ein ganzes Land transformieren können.“ Durch attraktive Bedingungen und eine Spin-off-Szene würden auch mehr Investoren in Spin-offs investieren. Denn auch sogenanntes Risikokapital fließe noch zu wenig in Österreich. Schwartz: „Wir sehen, dass sich die Szene in die richtige Richtung entwickelt. Wir haben Spitzenleute, tolle Voraussetzungen und Menschen, die einen Impact erzielen wollen. Es braucht nur mehr Unterstützung in dem Bereich, damit wir hier mehr bewegen.“