Was das Zu-Fuß-Gehen fördert
Von Ernst Mauritz
29 Minuten sind die Einwohner der US-Metropole Baltimore (Maryland) täglich zu Fuß unterwegs. In der neuseeländischen Hauptstadt Wellington sind es 50 Minuten. In 14 Städten in Asien, Europa, Mittel- und Lateinamerika und den USA haben Forscher der Universität von Kalifornien untersucht, wie groß das tägliche Ausmaß an Bewegung zu Fuß ist – im Arbeitsalltag und in der Freizeit. Erstmals wurden dafür weltweit einheitliche Kriterien angewandt. Baltimore und Wellington lieferten den schlechtesten bzw. besten Wert. Die tägliche Durchschnittszeit aller Städte betrug 37 Minuten. Bei der Suche nach bewegungsfördernden Rahmenbedingungen kristallisierten sich vier Punkte heraus, sagt Studienleiter James Sallis. Die Arbeit wurde im medizinischen Fachblatt The Lancet veröffentlicht:
1. Hohe Bevölkerungsdichte: "In einem dicht besiedelten Viertel gibt es häufig viele Straßenverbindungen, viele Geschäfte und generell eine gute Infrastruktur. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Bewohner mehr zu Fuß gehen", erklärt Sallis.
2. Zahl der Kreuzungen: Je mehr Verbindungen es zwischen einzelnen Straßen gibt, die ein schnelles Weiterkommen ermöglichen, desto eher geht man zu Fuß.
3. Zahl der Öffi-Stationen: "Interessanterweise hatte die Entfernung zwischen Wohnung und nächster Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels keinen Einfluss auf das Ausmaß an Bewegung zu Fuß", sagt Sallis: "Ausschlaggebend war die Zahl nahe gelegener Stationen." Gibt es also in der Umgebung ein dichtes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln, sind die Bewohner auch bereit, etwas weiter zu gehen, um zu jener Station zu gelangen, die für sie die günstigste ist.
4. Parks: Ihre Zahl in unmittelbarer Nähe beeinflusst vor allem die Freizeitaktivitäten.
"Interessanterweise ist in Hongkong das tägliche Bewegungsausmaß vergleichbar mit jenem von Neuseeland – trotz des feuchten, subtropischen Klimas, das normalerweise weniger aktiv macht", sagt Sallis. "Aber Hongkong hat eine hohe Bevölkerungsdichte und einen guten Zugang zu vielen öffentlichen Verkehrsmitteln." Weltweit sterben jährlich mehr als fünf Millionen Menschen an den Folgen von Bewegungsmangel. Übrigens: Auch in Büros lässt sich die Zahl der Schritte steigern – durch die Einführung von Stehpulten. In einer dänischen Untersuchung reduzierte sich durch den höher gelegten Arbeitsplatz die tägliche Bürozeit im Sitzen um 71 Minuten – die Zahl der Schritte dagegen stieg um sieben bis acht Prozent.