Schwarze Smoothies: Trendig und ungesund
Aus der Reiseapotheke bekannt, wussten viele bisher nur über die durchfalllindernde Wirkung der Aktivkohle Bescheid. In jüngster Vergangenheit hat sich das Einsatzgebiet der medizinischen Kohle allerdings erweitert. Und so wird die chemisch bearbeitete Kohle, die bei der Verbrennung organischer Stoffe entsteht, mittlerweile in Schönheitsmasken, Seifen, Zahnpasten, Eis, Säfte und Smoothies gemischt.
Was in der Beauty-Branche als netter Farbakzent mit mehr oder weniger wirksamem Effekt abgetan werden kann, eröffnet bei Smoothies und anderen Nahrungsmitteln die Frage nach gesundheitlichen Risiken. Beworben werden "Activated Charcoal Smoothies" als Detox-Wunder mit entgiftender, heilender Wirkung. Auch gegen alkoholbedingten Kater sollen sie helfen. Nun ist nicht nur das Detoxen an sich diskutabel, sondern auch, inwiefern das geruch- und geschmacklose Pulver sich tatsächlich positiv auf den Körper auswirkt.
Effekt mit Nebeneffekt
Dass durch den Konsum der schwarzen Säfte nur vermeintlich ein entgiftender Effekt entsteht, weiß Julia Pabst, Ernährungsexpertin bei Resize: "Aufgrund seiner chemischen Struktur hat Aktivkohle eine sehr große innere Oberfläche und ist imstande, alles Mögliche im Körper zu binden, unter anderem Bakterien und Giftstoffe, die normalerweise Durchfall auslösen würden", erklärt Pabst. Durch die Einnahme werden Bakterien und Bakteriengifte gebunden und über den Stuhl ausgeschieden. In der Reiseapotheke macht Aktivkohle daher Sinn, auch wenn derartige Produkte heutzutage nicht mehr gebräuchlich sind, wie Univ.-Prof. Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Institutes für Ernährungsmedizin, ergänzt.
Bei Aktivkohle-Smoothies wird ähnlich argumentiert: "Hersteller propagieren, dass Aktivkohle wie ein Magnet Giftstoffe anzieht und den Körper von ihnen befreit. Nicht erwähnt wird allerdings, dass Aktivkohle einfach alles bindet und nur lokal im Darm wirkt", führt Pabst aus. Durch die Wirkungsweise der Aktivkohle werden auch gute Stoffe, beispielsweise Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe aus Obst und Gemüse, gebunden. "Somit hat man nur zufällig einen positiven Effekt, falls man einen Smoothie aus verdorbenen Früchten zu sich genommen hat – aber ganz viele negative Wirkungen, weil man im Grunde kaum noch Nährstoffe aus dem Getränk aufnimmt." Die Verheißung, dass durch die Kohlesmoothies ein Kater kuriert werden kann, ist theoretisch richtig, da Alkohol ebenfalls ein Giftstoff ist und Aktivkohle einen Teil des Alkohols binden und unschädlich machen kann.
Tanja Eberwein, österreichischer Managing Partner der deutschen Saftkuren-Marke Detox Delight, die unter anderem einen Aktivkohlesaft vertreibt, sieht in dem Produkt kein Problem: "Bei unseren Saftkuren bekommt man pro Tag nur eine Flasche der 'Black Lemonade', nimmt also nur 0,15 Gramm Aktivkohle zu sich. Eine so geringe Dosierung ist völlig unbedenklich."
Widhalm bemängelt an den als Lifestyle-Produkten verkauften Drinks, dass "mit etwas geworben wird, dass nicht durch Studien belegt wurde." In der Detox-Industrie werde versucht, das Arzneimittelgesetz zu umgehen. "Man verspricht im weitesten Sinn medizinisch förderliche Wirkungen, schummelt sich aber der Prüfung vorbei, die bei Medikamenten vorgeschrieben ist", sagt der Ernährungsmediziner.
Wechselwirkungen beachten
Da der Zusatz von Aktivkohle zu Speisen und Getränken weitaus mehr negative als positive Auswirkungen hat, raten die Experten vom regelmäßigen Konsum ab. "Wer es witzig findet, kann in einer Smoothiebar einen Kohlesmoothie kosten. Für die tägliche Ernährung sind sie nicht zu empfehlen, vor allem wenn man regelmäßig wichtige Medikamente nimmt", meint Pabst. Dann drohen Wechselwirkungen, zum Beispiel mit der Antibabypille oder Blutdruckmedikamenten. Zusätzlich wirkt Aktivkohle stopfend, die Einnahme kann somit zu Verdauungsproblemen führen, wenn man nicht genug Wasser trinkt.
Grün ist nicht immer gut
Neben den schwarzen Smoothies sind auch die aus Grünzeug gemixten Säfte nach wie vor en vogue. Diese können Julia Pabst zufolge eine gesunde Ernährung auch nur bereichern, "aber zumindest haben grüne Smoothies keine Wechselwirkungen mit Medikamenten oder verschlechtern die Vitamin- und Mineralstoffaufnahme".
Wer bei den Zutaten für seine Green Smoothies den Gemüseanteil hoch hält und den Obstanteil auf etwa ein Drittel beschränkt, kann gern regelmäßig dazu greifen. Einzig bei oxalsäurehaltigen Gemüsesorten wie Spinat und Mangold sollte man vorsichtig sein, damit keine Nierensteine gefördert und die Kalziumausscheidung nicht erhöht werden.