Wellness

Klimaanlagen: Wie kühl ist noch cool?

Temperaturen um die 30 Grad, schweißtreibende Fahrten in der stickigen U-Bahn und nachts brummt der Ventilator vor den Füßen: In der hochsommerlichen Stadt ist die Flucht in klimatisierte Gebäude oft ein Lichtblick – aber nicht alle freuen sich über die kühle Brise aus dem Belüftungssystem. Die Frage nach der idealen Temperatur endet in Großraumbüros nicht selten in einer hitzigen Diskussion. Was ideal temperiert bedeutet, ist freilich immer subjektiv.

Es gibt aber eine Faustregel, an der man sich aus gesundheitlicher Sicht orientieren kann, sagt Hans-Peter Hutter, vom Verein Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt: „Im Rahmen ist ein Temperaturunterschied von maximal sechs Grad. Das kann der Organismus problemlos wegstecken.“

Kühlkeule

Wird weiter runtergekühlt, hält das ein gesunder Körper zwar auch aus, der Kreislauf wird bei häufigen großen Temperatursprüngen aber immer belastet, erklärt der Umweltmediziner weiter: „Wenn es draußen 35 Grad hat und ein Gebäude auf 20 Grad herunter gekühlt wird, führen solche Schwankungen zu Herz-Kreislaufbelastungen. Ist das Immunsystem zudem geschwächt, wird der Körper für Infektionen empfänglicher.“

Extremes Runterkühlen, wie es in Asien oder Amerika längst üblich ist, hält er für problematisch – neben dem Körper auch für die Umwelt. „Etliche Modelle sind große Stromfresser und nicht energieeffizient.“ Von mobilen Klimageräten für zu hause rät Hutter ab, auch weil die Ableitung der Luft dabei häufig suboptimal gelöst wird. Klüger sei es, bei der Beschattung aufzurüsten und in einen guten Ventilator zu investieren.

Anderes gilt für ältere oder kranke Menschen, gibt Hanns Moshammer, Leiter des Insituts für Umweltmedizin an der MedUni Wien, zu bedenken: „Einem geschwächten Körper setzen hohe Temperaturen und akute Schwankungen stark zu. In Krankenhäusern und Pflegeheimen sei eine Klimaanlage deshalb durchaus sinnvoll. Dort sind die Kühlsysteme meist bereits in das Gebäude integriert.“ Kommt ein gesunder Mensch verschwitzt in einen klimatisierten Raum, würde das im schlimmsten Fall zu Muskelverkrampfungen führen.

Schnupfen & Infekt

Häufig wird die Klimaanlage aber auch für klassische Schnupfen-Symptome wie Husten, Halsschmerzen oder eine laufende Nase verantwortlich gemacht. Ein Trugschluss? „Von kalter Luft alleine wird niemand krank“, sagt Moshammer, „Ein Infekt braucht immer auch einen Erreger – dieser kann aber durchaus aus einem Klimagerät stammen, wenn es verschmutzt ist.“

Wird die Klimaanlage unregelmäßig gewartet, können sich in Flüssigkeitsrückständen und Kondenswasser Keime bilden, wodurch sogar Schimmel entstehen kann. In modernen Geräten gibt es zwar Filter, die das verhindern sollen, aber auch sie müssen gereinigt werden. Wird das Gerät nach einer längeren Ruhephase ohne Reinigung in Betrieb genommen, werden die Bakterien über die Klimaanlage in der Luft verbreitet.

„Obwohl nicht jede Bakterie für gesunde Menschen gefährlich ist, steigt die Empfänglichkeit für Erreger, falls Kreislauf und Immunsystem durch ständige Wechsel zwischen zu kalt und sehr heiß geschwächt sind, erklärt der Umweltmediziner Hutter.

Bilden sich in Wasserrückständen Bakterien wie Legionellen, könne das sogar bis zur sogenannten Legionärskrankheit, einer schweren Lungenentzündung, führen, warnt Moshammer. 1976 sind infolge einer Kontaminierung des Duschsystems mit den Bakterien in einem Hotel im Amerikanischen Philadelphia erstmals Legionäre daran erkrankt und teilweise sogar gestorben.

Andere Faktoren

Aber: Nicht immer ist die Klimaanlage der alleinige Übeltäter.

Bei einigen Büroräumen, die Moshammer und Hutter als Umweltmediziner untersucht haben, hatten die gesundheitlichen Beschwerden der Mitarbeiter andere, unscheinbarere Ursachen, erzählt Hutter: „Häufig stehen zwar raumklimatische Mängel im Vordergrund, hinzu kommen dann auch noch Co-Faktoren, wie etwa Emmissionen von Wandanstrichen oder Fußbodenversiegelungen. Die Klimaanlage ist dann oft der erste Auslöser für Befindlichkeitsstörungen.“