Italien stolpert über Costa Rica
Es ist jetzt nicht überliefert, wie die Kunde am Freitag im Buckingham Palace aufgenommen wurde. Aber leicht möglich, dass Queen Elizabeth II. nach dem 1:0 von Costa Rica gegen Italien heimlich aufgejubelt hat. Ganz nach dem Motto „Ein Königreich für diesen Sieg von Costa Rica.“
Okay, für ihre fußballspielenden Untertanen ist durch dieses Ergebnis die Weltmeisterschaft nun endgültig nach der Vorrunde bereits zu Ende, aber kein Schaden ohne einen Nutzen: Der Queen bleibt so der intime Kontakt mit Mario Balotelli erspart. Der exzentrische Angreifer hatte für den Fall der erfolgreichen italienischen Schützenhilfe gegen Costa Rica ja von oberster englischer Stelle ein Lippen-Bekenntnis gefordert: „Wenn wir Costa Rica schlagen, möchte ich einen Kuss von der Queen“, twitterte Balotelli.
Das Siegerbussi sollte freilich überhaupt ganz ausfallen für Balotelli und seine Kollegen. Nicht nur den Italienern, auch den Fußballfans, blieb der Mund offen – vor Staunen über diesen couragierten Underdog aus Costa Rica, der wie schon im Auftaktmatch gegen Uruguay (3:1) nicht nur laut bellte, sondern abermals auch kräftig zubiss.
Das Spiel in Bildern
Frech
Dabei zeigten die Mittelamerikaner schonungslos auf, wie einfach den hoch gehandelten Italienern im Grunde beizukommen ist. Durch frühes Stören, enorme Laufbereitschaft und schnelle Konterstöße. Mit dieser forschen Spielweise entblößte Costa Rica nicht nur die Schwächen der italienischen Defensivabteilung, das Team nahm so auch über weite Strecken Andrea Pirlo aus dem Spiel.
Ohne die Genieblitze ihres betagten Spielmachers ist diese Squadra Azzurra eine biedere Truppe und alles andere als ein Titelanwärter. Das zeigte sich spätestens in den turbulenten Minuten vor der Pause, als Costa Rica binnen 60 Sekunden gleich zwei Mal die italienischen Catenaccio-Experten wie defensive Anfänger aussehen ließ. Erst wusste sich der schwache Chiellini im Strafraum gegen Campbell nur durch ein Foul zu helfen (43.) – warum der noch schwächere Schiedsrichter aus Chile nicht auf Elfmeter entschied, wusste vermutlich nur er. Aber nur wenige Augenblicke später gelang Ruiz nach einem weiten Flankenball per Kopf die verdiente 1:0-Führung (44.).
Die Italiener? Die waren nur dann gefährlich, wenn sich Pirlo der Deckung entziehen konnte und einen seiner lichten Momente hatte. Mario Balotelli ließ allerdings die beste Chance aus, als er einen Heber über Goalie Navas neben das Tor setzte (31.). Selbst als der italienische Teamchef Prandelli alles nach vorne warf und nach der Pause drei Stürmer einwechselte, hatten die Costaricaner die Partie unter Kontrolle.
Costa Rica stellte die Horrorgruppe D damit völlig auf den Kopf. Der vermeintliche Jausengegner und Punktelieferant steht erstmals seit 1990 wieder im Achtelfinale, während für Italien oder Uruguay neben England das frühe Aus kommen wird. Den Italienern würde gegen Uruguay aber ein Punkt zum Aufstieg genügen.
/**/Recife, Arena Pernambuco, 41.000, SR Osses (CHI).
Tor: 0:1 (44.) Ruiz
Italien: Buffon - Abate, Barzagli, Chiellini, Darmian - De Rossi - Motta (46. Cassano), Pirlo - Candreva (57. Insigne), Marchisio (70. Cerci) - Balotelli
Costa Rica: Navas - Gamboa, Gonzalez, Duarte, Umana, Diaz - Tejeda (68. Cubero), Borges - Ruiz (81. Brenes), Bolanos - Campbell (74. Urena)
Gelbe Karten: Balotelli bzw. Cubero
Cesare Prandelli (Italien-Teamchef): "Wir haben alles gegeben, sie haben sehr gut und sehr aggressiv gespielt. Wir haben jetzt keine Angst, wir müssen nur unsere Akkus wieder aufladen. Wir haben von Anfang an gewusst, dass das eine harte Gruppe sein wird."
Antonio Cassano (Italien-Stürmer): "Gegen Uruguay werden wir eine großartige Partie spielen. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen."
Jorge Luis Pinto (Costa-Rica-Teamchef): "Meine Anerkennung für die Mannschaft, sie hat nicht den Kopf verloren. Das costa-ricanische Volk hat das verdient. Der Sieg gehört ihnen."
Bryan Ruiz (Costa-Rica-Mittelfeldspieler, Torschütze): "An diejenigen, die nicht an uns geglaubt haben: Danke, dass ihr jetzt damit anfangt."