Frankreich fertigt die Schweiz ab
Ist das denn jetzt wirklich die Nationalmannschaft, für die vor vier Jahren die WM schon nach der Vorrunde Geschichte war? Die in den letzten Jahren fast ausschließlich durch Skandale und Streiks von sich reden machte und schon als untrainierbar gegolten hatte? Ist das tatsächlich das Team, das sich erst last minute und obendrein auch noch mehr schlecht als recht (0:2 und 3:0 gegen Ukraine) für diese WM qualifizieren konnte? Ist das wirklich die Mannschaft, die vor diesem Turnier von allen Experten nur als Außenseiter gehandelt wurde?
Sie ist es wirklich und sie macht ihrem zweifelhaften Ruf in Brasilien überhaupt keine Ehre: Dem klaren Sieg gegen Honduras (3:0) ließen die Franzosen nun eine Gala gegen die Schweiz folgen, und spätestens nach diesem spektakulären 5:2 dürften, sollten und müssten alle diese Équipe Tricolore auf ihrer Titelrechnung haben.
Spielfreude
Möglicherweise wäre es nicht so weit gekommen, hätten die Schweizer nicht schon so früh ihren Abwehr-Haudegen Von Bergen verloren, der nach wenigen Minuten mit einer blutenden Wunde vom Feld musste. Doch auch mit einem Von Bergen in Hochform hätte das Team von Ottmar Hitzfeld gegen Frankreich wohl keine Berge versetzt. Zu spielfreudig war die Mannschaft von Didier Deschamps, zu siegeshungrig und stürmisch agierte dieses Frankreich, das früh binnen weniger Sekunden für die Vorentscheidung sorgte.
Das Kopfballtor von Giroud (17.), der den 100. französischen Treffer bei einem WM-Turnier erzielte, warf die Schweizer dermaßen aus der Bahn, dass sie unmittelbar nach dem Anstoß durch Matuidi prompt das 0:2 hinnehmen mussten.
Das Spiel in Bildern
Was danach folgte, war eine Machtdemonstration des Weltmeisters von 1998, der sich mit der Schweiz über weite Strecken regelrecht spielte und dabei seine mannschaftliche Geschlossenheit demonstrierte. Beim 5:2 trugen sich gleich fünf verschiedene Franzosen in die Schützenliste ein: nach den Treffern von Valbuena (40.), Benzema (67.), der zuvor einen Elfmeter verschossen hatte, und Sissoko (73.) schalteten die Franzosen einen Gang zurück, was die Schweizer mit zwei späten Toren durch Dzemaili (81.) und Xhaka (87.) bestrafen sollten.
Zumindest ein Lichtblick nach einem rabenschwarzen Abend für Ottmar Hitzfeld, der die höchste Niederlage in seiner Amtszeit als Schweizer Teamchef hinnehmen musste. Trotzdem lebt die Chance auf das Achtelfinale.
Für die Franzosen könnte die Reise in Brasilien viel weiter gehen. Allerdings dürften sie nach dem Kantersieg gegen die Schweiz ihren Außenseiterbonus verloren haben.
/**/Salvador, Arena Fonte Nova, 51.003, SR Björn Kuipers/NED.
Tore: 0:1 (17.) Giroud
0:2 (18.) Matuidi
0:3 (40.) Valbuena
0:4 (67.) Benzema
0:5 (73.) Sissoko
1:5 (81.) Dzemaili (Freistoß)
2:5 (86.) Xhaka
Schweiz: Benaglio - Lichtsteiner, Djourou, Von Bergen (9. Senderos), Rodriguez - Behrami (46. Dzemaili), Inler - Shaqiri, Xhaka, Mehmedi - Seferovic (69. Drmic)
Frankreich: Lloris - Debuchy, Varane, Sakho (66. Koscielny), Evra - Sissoko, Cabaye, Matuidi - Valbuena (82. Griezmann), Giroud (63. Pogba), Benzema
Anmerkung: Benzema scheitert mit Foulelfmeter an Benaglio (32.)
Gelbe Karten: Keine bzw. Cabaye
Didier Deschamps (Frankreich-Teamchef): "Das war ein sehr gutes Spiel von uns, wir haben viel richtig gemacht. Fünf Tore gegen eine starke Schweizer Mannschaft, das ist genial. Es war ein richtig schöner Abend für uns. Wir müssen aber jetzt auch noch gegen Ecuador gut spielen. Und im Achtelfinale beginnt dann alles wieder bei Null."
Olivier Giroud (Frankreich-Torschütze): "Es ist bisher hervorragend für uns gelaufen. Wir haben einen super Teamgeist in der Truppe und bisher einen tollen Job hier gemacht."
Gökhan Inler (Schweizer Kapitän): "Fünf Tore gegen Frankreich zu bekommen, das ist bitter. Wir müssen versuchen, weniger Fehler zu machen. Es ist noch nichts vorbei. Es ist nur ein Spiel. Lieber mal so hoch als 0:1 zu verlieren. Es ist immer noch offen. Das letzte Spiel müssen wir gewinnen, und dann sind wir weiter. Jeder muss jetzt aber seine Leistung kritisch hinterfragen. Und dann müssen wir positiv das Honduras-Spiel vorbereiten."