Thema/WM2014

Prominente am Maskenball

Jorge Mario Bergoglio sei sehr gewissenhaft, behauptet Marcello Tinelli. Der ist Vize-Präsident von San Lorenzo, einem Fußballklub in Buenos Aires, und schaut darauf, dass seine etwas mehr als 40.000 Schäfchen den Mitgliedsbeitrag auch brav zahlen. Marcello Tinelli ist nur einem kleinen Kreis argentinischer Fans bekannt. Jorge Mario Bergoglio hat ein paar Millionen mehr Schäfchen zu betreuen und ist weltweit bekannt als Papst Franziskus.

Bergoglio ist Fan von San Lorenzo. Er hielt im Jahr 2008 die Messe während der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Klub-Jubiläum – damals noch als Erzbischof von Buenos Aires. Der Verein im Stadtteil Almagro wurde von einem Priester gegründet. Bergoglio war mit neun Jahren erstmals im Stadion, heute ist er "Mitglied 88.235".

Jubel-Verbot

Als Papst Franziskus hat sich der Fußball-Fan aber Neutralität auferlegt. Er wird sich das Finale anschauen, aber wohl nicht im argentinischen Teamdress. Der 77-Jährige und sein 87-jähriger Vorgänger (der Deutsche Ratzinger) wünschen dem besseren Team den Sieg, ohne dabei Partei einzunehmen, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Ein leichter Rückschlag für die vielen Fans der Albiceleste, die in Brasiliens Stadien immer wieder durch Franziskus-Masken aufgefallen waren.

Zur Enttäuschung seiner treuen Bewacher der Schweizergarde hielt sich der Papst schon im WM-Achtelfinale an sein selbst auferlegtes Jubel-Verbot: Er lehnte eine Einladung ab, das Spiel Argentinien – Schweiz (1:0) gemeinsam in der Kaserne der Gardisten zu sehen.

Vielleicht aber haben sich Messi und seine Kollegen schon den päpstlichen Segen geholt. Im Rahmen eines Länderspiels in Italien hatte die argentinische Nationalmannschaft eine Audienz bei Franziskus. Das war vor einem Jahr, und sie brachten dem Papst ein von allen Spielern unterschriebenes Trikot mit dem Namen "Francisco" mit. Er sagte damals: "Ihr, liebe Spieler, seid sehr bekannt: Die Leute verfolgen euch aufmerksam – und zwar nicht nur, wenn ihr auf dem Spielfeld seid, sondern auch sonst. Das ist eine gesellschaftliche Verantwortung."Seit Bergoglios Amtsantritt am 13. März 2013 ist der Fußball wieder hoffähig im Vatikan. Der Argentinier lebt für seinen Sport und hat als kleiner Junge auf den Straßen von Buenos Aires gekickt.

Sein päpstlicher Vorgänger Benedikt XVI. ist dem Fußball eher abgeneigt. Vielleicht der Grund, weshalb Benedikt und Franziskus nicht zusammen vor dem Fernseher sitzen (sie wohnen nur 500 Meter voneinander entfernt), wenn die DFB-Auswahl am Sonntag im WM-Finale auf Argentinien trifft.

Glücksbringerin

Weniger Zurückhaltung als die geistlichen Oberhäupter übt ein anderer prominenter Fußball-Fan: Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel. Vor dem Endspiel ist sich die 59-Jährige sicher: "Man darf Argentinien nicht unterschätzen, aber unsere Mannschaft gibt alles. Ich tippe auf Sieg", sagte die Partei-Vorsitzende am Samstag auf einer CDU-Versammlung, ehe sie zum Finale nach Rio reiste. Die Bundeskanzlerin ist für das deutsche Team so etwas wie ein Glücksbringer: Nur zwei Spiele bei WM oder EM gingen verloren, wenn Merkel auf der Tribüne mitfieberte.