Thema/WM2014

Klinsmann durfte beim WM-Comeback jubeln

Adrenalingeladen bis zum Maximum kamen bei Jürgen Klinsmann schon wieder Sommermärchen-Gefühle auf. Als wolle er die Szenen des deutschen WM-Heimturniers nachstellen, wirbelte der Hauptdarsteller von 2006 auch bei seinem Comeback auf der ganz großen Fußball-Bühne wieder herum wie ein nimmermüder Hamster im Laufrad. Allerdings diesmal in neuer Rolle als US-Nationaltrainer. Statt Joachim Löw griff sich Vorzeige-Motivator Klinsmann nach dem 2:1-Sieg seiner Amerikaner zum WM-Auftakt gegen Ghana seinen Reservespieler Alejandro Bedoya, den er mit einer herzhaften Umarmung fast zu zerdrücken schien.

"Das war ein Genussmoment, sehr besonders", kommentierte Klinsmann seine Gefühlsausbrüche. Sein erstes WM-Spiel seit 2006, damals noch als Trainer der deutschen Nationalmannschaft, wurde in Natal gleich zu einem Erfolgserlebnis – wenngleich noch längst nicht alles klappte im Spiel des letzten deutschen Gruppengegners. Dem US-Coach war’s ziemlich egal. "Das ist ein großartiger Start, wie wir ihn wollten. Dafür haben wir hart gearbeitet", sagte Klinsmann, der nach der Partie erschöpft fast den Eindruck vermittelte, als sei er selbst 90 Minuten lang in der Arena das Dunas von Natal auf und ab gerannt.

Post von Obama

Die Unterstützung hatte schon im Vorfeld weltmeisterliche Züge – sogar von ganz oben kamen die besten Wünsche. "Auf geht’s, Team USA. Zeigt der Welt, aus welchem Holz wir geschnitzt sind", motivierte US-Präsident Barack Obama in einer Videobotschaft und twitterte zugleich: "Elf auf dem Platz, mehr als 300 Millionen feuern sie an." Auch im Stadion selbst waren die Amerikaner klar in der Überzahl und sorgten für einen beeindruckenden Lärmpegel. Erst recht, als Clint Dempsey nach nur 32 Sekunden zum fünftschnellsten Treffer bei einem Fußball-Weltturnier überhaupt eingeschossen hatte.

Für das glückliche Ende sorgte John Brooks, der vier Minuten nach dem Ausgleich durch André Ayew (82.) die USA zum Sieg köpfelte. "Das ist einfach ein Traum", sagte der zur Halbzeit eingewechselte 21-Jährige. Das Siegtor im ersten WM-Spiel unter anderem vor den Augen von US-Vizepräsident Joe Biden trage eine "ganz besondere Note" für Brooks, sagte Klinsmann. Noch vor dem Spiel hatte Brooks seinen Eltern erzählt, auf der Ersatzbank zu sitzen. Die Chancen eines Abwehrspielers, als Joker zum Einsatz zu kommen, sind erfahrungsgemäß eher gering.

Doch weil Innenverteidiger Matt Besler – ebenso wie zuvor schon Stürmer Jozy Altidore – angeschlagen raus musste, war John Brooks auf einmal mittendrin im Geschehen. Stürmer Clint Dempsey spielte die Partie trotz gebrochener Nase zu Ende. Teamchef Klinsmann hatte allerdings kein Mitleid: "Ich habe mir meine drei oder vier Mal gebrochen. Das ist nicht so schlimm."