Thema/Olympia-2014

Gold für Fenninger, Hosp holt Bronze

Die Super-G-Olympia-Goldene bleibt in Salzburger Hand: Vier Jahre nach Andrea Fischbachers Erfolg im kanadischen Whistler war Anna Fenninger im letzten Damen-Speed-Rennen von Rosa Chutor die Schnellste – und die Klügste. Denn die 24-Jährige bewies, dass die richtige Taktik entscheiden kann, und krönte ihre junge Karriere.

0,55 Sekunden, umgerechnet 13,42 Meter, war sie der Deutschen Maria Höfl-Riesch voraus in diesem ausfallträchtigen Rennen. Nicole Hosp komplettierte das Podium mit Bronze. "Dass ich jetzt auch noch meinen bislang letzten medaillenlosen Bewerb bei Großereignissen abhaken konnte, ist einfach wunderschön", sagte die 30-jährige Tirolerin, die ja bereits in der Superkombi Silber geholt hatte.

Schlechte Vorzeichen

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Für die Geschichte des Tages aber sorgte Anna Fenninger. Nach ihrem Ausfall in der Abfahrt war sie noch stinksauer, und auch das Super-G-Training am Donnerstag hatte die Salzburgerin alles andere als froh gemacht – "in den ersten beiden Durchgängen bin ich nicht durchgekommen." Gleichwohl sprach vieles für die 24-Jährige: Bei fünf Weltcup-Starts stand sie in diesem Winter drei Mal auf dem Podest, und Kurssetzer war ihr Trainer Florian Winkler.

Der Arlberger hatte einen kniffligen Lauf in den Frühlingsschnee gerammt, und seine Variante der Einfahrt in den langen Zielhang sollte zum Kriterium werden. Nur eine der ersten acht Starterinnen schaffte es ins Ziel (Leanne Smith aus den USA), und so gab Cheftrainer Jürgen Kriechbaum, der exakt an dieser Stelle positioniert war, per Funk die Order, die Falle zu umfahren: weiter ausholen, oder, wie Nicole Hosp sagte, einen "Touristenschwung" einlegen.

Dieses Rezept sollte sich bezahlt machen. Noch nicht bei Regina Sterz, die schon an anderen Stellen fehlerhaft unterwegs war, aber bei Nicole Hosp, die die zwischenzeitliche Führung übernahm, und erst recht bei Anna Fenninger, die ihrer Teamkollegin 66 Hundertstelsekunden abnahm. "Ich war ganz cool am Morgen, überhaupt nicht nervös", sagte die Führende, "das war ein Zeichen. Einfach schnell fahren, nicht daran denken, was ich gewinnen könnte."

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Langes Warten

Am Start selbst kam sie dann doch, diese gewisse Unruhe, doch so richtig emotional wurde es erst im Zielraum. "Das war ja nicht einer von diesen Läufen, wo man sich denkt ,das war’s jetzt‘, wo man richtig am Limit unterwegs ist. Ich war extrem nervös, weil ich das Gefühl hatte, dass da noch mehr gegangen wäre." Doch Maria Höfl-Riesch konnte nicht Schritt halten, sie verspielte ihren Vorsprung mit einem Fehler. "Ich war froh, dass ich überhaupt im Kurs geblieben bin", gestand die 29-Jährige, "aber ich habe eine riesige Freude, denn es ist die erste Silbermedaille meiner Karriere bei einem Großereignis."

Anna Fenninger wartete weiter, plötzlich läutete ihr Handy, Michaela Kirchgasser war am anderen Ende von Zielraum und Leitung, "sie hat vor Freude geweint, das ist einfach schön, wenn sich die Zimmerkollegin so mitfreuen kann." Und als sie dann zur Blumenzeremonie als Letzte aufgerufen wurde, da verspürte Fenninger dann endlich ein wenig von jenem olympischen Geist, den sie in den letzten Tagen so vergeblich gesucht hatte.

"Das war eines meiner großen Ziele: Denn in Vancouver habe ich mich überhaupt nicht wohlgefühlt", also versuchte sie sich in Rosa Chutor und Umgebung abzulenken. Als Augenzeugin der Silber-Fahrten der rodelnden Linger-Brüder etwa, "das war super, zu spüren, wofür man als Sportler kämpft".

1994 war Anna Fenninger als fünfjähriges Mitglied des Skiclubs Hallein für Slalom-Olympiasieger Thomas Stangassinger Spalier gestanden. Nun wird sie selbst im Mittelpunkt stehen. "Das war immer mein größter Traum – das ist der beste Tag meines Lebens."

Super-G der Damen

Gold: Anna Fenninger (AUT)
Silber: Maria Höfl-Riesch (GER)
Bronze: Nicole Hosp (AUT)

Da gratulierte auch der Abfahrts-Olympiasieger der Herren:

Und auch Marcel Hirscher meldete sich via Facebook:

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Selbst David Alaba schaute zu und freute sich mit: https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=642978965761263&id=355056947886801&substory_index=0 Zum Medaillenspiegel Fenninger: Reife kam mit der Erfahrung
Super-G
1. Anna Fenninger AUT 1:25,52
2. Maria Höfl-Riesch GER 1:26,07
3. Nicole Hosp AUT 1:26,18
4. Lara Gut SUI 1:26,25
5. Tina Maze SLO 1:26,28
6. Fränzi Aufdenblatten SUI 1:26,79
7. Fabienne Suter SUI 1:26,89
8. Julia Mancuso USA 1:27,04
9. Viktoria Rebensburg GER 1:27,08
10. Nadia Fanchini ITA 1:27,20
11. Regina Sterz AUT 1:27,52
. Verena Stuffer ITA 1:27,52
13. Ilka Stuhec SLO 1:27,69
14. Lotte Smiseth Sejersted NOR 1:27,80
15. Edit Miklos HUN 1:27,87
16. Marusa Ferk SLO 1:28,19
17. Klara Krizova CZE 1:28,30
18. Leanne Smith USA 1:28,38
19. Ragnhild Mowinckel NOR 1:28,53
20. Marie-Pier Prefontaine CAN 1:28,67
21. Sara Hector SWE 1:28,71
22. Barbara Kantorova SVK 1:28,91
23. Chimene Alcott GBR 1:29,14
24. Elena Jakowischina RUS 1:29,38
25. Katerina Paulathova CZE 1:30,17
26. Macarena Simari Birkner ARG 1:31,10
27. Bogdana Matsotska UKR 1:31,58
28. Anna Berecz HUN 1:33,07
29. Helga Maria Vilhjalmsdottir ISL 1:33,42
30. Ania Monica Caill ROU 1:33,73
31. Agnese Aboltina LAT 1:36,10

Super-G-Olympiasiegerin, wie hört sich das an?

Fenninger: "Heute ist der beste Tag meines Lebens. 1994, als ich fünf Jahre alt war, habe ich gesehen, wie Thomas Stangassinger Olympiasieger im Slalom wurde. Seitdem ist es einer meiner größten Träume, das auch zu erreichen. Ich kann mich genau erinnern, weil ich im gleichen Skiclub bin und weil wir Kinder vom Skiclub damals in Hallein beim Empfang Spalier gestanden sind, als er gekommen ist."

Hat Ihnen der Ausfall in der Abfahrt Extra-Motivation gegeben?

"Es waren harte Tage für mich. Es war extrem bitter, dass ich in der Abfahrt nicht ins Ziel gekommen bin. Es war eine große Chance. Ich habe in den vergangenen Tagen viel nachgedacht, wie ich in den olympischen Spirit komme. Heute war ich sehr cool, nicht nervös, aber fokussiert. In der Abfahrt habe ich gesehen, dass ich hier schnell sein kann. Ich wusste, das kann ich wieder."

Erklären Sie das mit dem olympischen Geist?

"Das Erlebnis in Vancouver war so, dass ich mich da überhaupt nicht wohlgefühlt habe. Aber jeder spricht immer vom olympischen Geist oder Spirit. Die Gefühle, dass man da die ganze Welt vereint, dass man miteinander die Spiele spielt, das war eines meiner größten Ziele, als ich hier angereist bin. Dass ich das erleben möchte. Ich habe versucht, das zu spüren. Es war wichtig, dass ich aus dem Dorf rauskomme, dass mir die Decke nicht auf den Kopf fällt, dass ich nicht so verbissen auf das eine Ziel hinschaue. Dass ich mein Blickfeld erweitere. Mitzuerleben wie die Lingers eine Medaille machen, das war super. Da spürt man, wofür man kämpft, das ist das Wichtige. Das muss aufkommen, wenn man am Start steht. Warum mache ich das? Genau für diese Gefühle."

Wie groß ist nach der Enttäuschung nun die Erleichterung?

"Sehr, sehr groß. Ich habe mir in den vergangenen Tagen einfach versucht einzureden, dass ich an mich selbst glauben muss, dass alles rundherum unwichtig ist. Das habe ich recht gut geschafft. Das war mir in der Vergangenheit nicht so bewusst, das ist erst jetzt gekommen, dass das genau das Richtige war, das ich gemacht habe."

War Ihnen vor dem Rennen klar, dass es Ihres sein wird?

"Nein, überhaupt nicht. Aber ich habe mir gedacht, warum soll ich nervös sein? Ich habe einfach versucht, daran zu denken, schnell zu fahren. Und nicht daran zu denken, heute könnte ich das gewinnen, heute könnte ich das verlieren. Ich habe mir gedacht, heute kann ich nicht verlieren, heute kann ich nur gewinnen. Deswegen bin ich einfach Ski gefahren, das ist das, was ich gern tue. Vor der Aufgabe, die ich zu bewältigen hatte, war ich dann schon nervös, aber in der Früh habe ich gewusst, ich darf nicht zu viel Energie verschwenden."

Im Ziel haben Sie mit Tränen in den Augen telefoniert. Verraten Sie mit wem?

"Die 'Kirchi' (Michaela Kirchgasser/Anm.) hat mich vom anderen Ende vom Ziel angerufen. Sie hat geweint am Telefon, weil sie sich so für mich gefreut hat. Sie ist meine Zimmerkollegin, ein Wahnsinn, wenn man sich so mitfreuen kann mit wem anderen. Die 'Kirchi' ist da eine gute Haut (lacht)."

Wie wichtig war für Sie, dass Ihr Freund Manuel hier war?

"Sehr wichtig. Gestern habe ich den Nachmittag mit ihm verbracht und bin von dem Ganzen ein Stück weit weg gekommen in die Normalität. Dass er da ist, motiviert mich und taugt mir. Er hat im Sport auch seine Erfahrungen gemacht. Aber er kennt mich mittlerweile einfach schon so gut, er braucht mich nur anschauen und weiß, was los ist. Wenn es mir mal nicht so gut geht, dann tut er immer genau das Richtige."

Geboren: 18. Juni 1989 in Hallein/Salzburg
Wohnort: Adnet/Salzburg
Größe/Gewicht: 1,66 m/60 kg
Familienstand: ledig, Lebensgefährte Ex-Snowboarder Manuel Veith
Verein: SK Hallein
Hobbys: Motocross, Wakeboarden, Mountainbiken, Reisen, Freunde treffen
Homepage: www.anna-fenninger.at

Größte Erfolge

Olympia (1 Gold):
Gold Super-G 2014 in Sotschi
16. Plätze Super-Kombi und Super-G 2010 Vancouver
WM (1 Gold/1 Silber/1 Bronze):
Gold Super-Kombination 2011 Garmisch
Silber Teambewerb 2011 Garmisch
Bronze Riesentorlauf 2013 Schladming
4. Super-G 2009 Val d'Isere
5. Super-G 2011 Garmisch
Weltcup: 5 Siege (4 Riesentorlauf, 1 Super-G)
Junioren-WM: Gold Super-G und Kombi 2006 Quebec,
Gold RTL und Kombi 2008 Formigal
Silber Abfahrt 2006, Silber Super-G 2008
Bronze Super-G 2009 Garmisch
Europacup: Gesamtsiegerin 2006 und 2007,
Disziplinsiegerin RTL 2006, Super-G 2007
Sonstiges: Österreichs "Sportlerin des Jahres 2013"
Österreichs "Aufsteigerin des Jahres 2011"
2. Olympia-Teilnahme

Geboren: 6. November 1983 in Ehenbichl/Tirol
Wohnort: Bichlbach/Tirol
Größe/Gewicht: 1,74 m/70 kg
Familienstand: ledig
Verein: SC Bichlbach
Hobbys: Tennis, Inlineskaten, Motortrial, Klettern
Homepage: www.niki-hosp.at

Größte Erfolge

Olympia (2 Silber/1 Bronze):
Silber Super-Kombination und Bronze Super-G 2014 Sotschi
Silber Slalom 2006 Turin (zudem 4. RTL und 5. Kombination)
WM (2 Gold/2 Silber/3 Bronze):
Gold Teambewerb und Bronze Super-Kombination 2013 Schladming
Gold Riesentorlauf, Bronze Abfahrt, 4. Super-G
und 6. Kombination 2007 Aare
Silber Kombination und Bronze Slalom 2003 St. Moritz
Silber Teambewerb und 5. RTL 2005 Santa Caterina
Weltcup: Gesamtsiegerin und Disziplinsiegerin RTL 2007
Gesamtzweite 2008
11 Siege (5 Riesentorlauf, 4 Slalom, je 1 Super-G
und Super-Kombination)
Junioren-WM: Bronze Abfahrt 2002 Tarvis
Sonstiges: Österreichs "Sportlerin des Jahres 2007"
2. Olympia-Teilnahme

Anna Fenninger (AUT/Gold): "Ich selbst hatte das Gefühl, dass ich nicht am Limit war. Aber man musste echt taktisch fahren, ich habe von den Trainern auch die richtigen Funksprüche erhalten. Nach der Abfahrt (Ausfall, Anm.) war es schwierig. Ich habe viel über mich selbst nachgedacht, was für mich wichtig ist. Es waren keine leichten Tage. Aber ich wollte so weitermachen wie bisher."

Maria Höfl-Riesch (GER/Silber): "Ich war kurz vor dem Abschwingen. Ich dachte nicht, dass ich so weit voran lag. Nach dem Fehler war es unglaublich, noch Zweite zu sein. Das war fast noch eine größere Freude als in der Kombi, wo ich als Führende ins Ziel kam. Es war schwer heute, es war kein Rennen, in dem man voll durchziehen konnte."

Nicole Hosp (AUT/Bronze): "Es war extrem schwer heute. Unsere Trainer haben aber super Tipps hinaufgegeben."

Regina Sterz (AUT/Elfte): "Mir wurde gesagt, dass ich die Kante taktisch fahren soll, das ist mir gut gelungen. Leider hatte ich oben zwei Fehler und bin dadurch extrem langsam geworden."

Elisabeth Görgl (AUT/ausgefallen): "Wir haben die Stelle noch genau durchgesprochen am Start. Ich habe raus genommen, aber nicht die nötige Richtung hineingebracht. Ich muss mir das noch einmal genau ansehen, was genau das Problem war. Schade. Die Fahrt bis dahin war gut, ich habe auch gehört, dass ich nicht so langsam war."

Florian Winkler (Speedtrainer Damen, Kurssetzer): "Ich habe gesehen, dass es fahrbar ist. Man muss das auch ein wenig mit Kopf fahren. Wir haben es nicht zu Fleiß gemacht, aber wir wollten es schwer machen. Taktisch sind wir stark, das wissen wir. Es war schwierig für uns nach den vielen Ausfällen bei den ersten Läuferinnen. Wir haben dann eine taktische Marschroute festgelegt, und das haben unsere Läuferinnen größtenteils sehr gut gemacht."

Werner Faymann (Bundeskanzler): "Die beiden Österreicherinnen haben heute beim spannenden Super-G eine großartige Leistung gezeigt, ich gratuliere ihnen herzlich. Auch für die noch verbleibenden Wettkämpfe wünsche ich unseren Athletinnen und Athleten viel Erfolg."

Gerald Klug (Sportminister): "Anna Fenninger hat auf diesem schwierigen Kurs eine perfekte Linie gewählt und sich mit viel Risikobereitschaft souverän die Goldmedaille gesichert. Auch Nicole Hosp hat eine hervorragende Leistung geboten und bereits ihre zweite Medaille bei diesen Spielen errungen. Der Super-G der Damen bleibt somit unsere olympische Paradedisziplin."