Thema/Olympia-2014

Gold und Bronze für Österreichs Snowboarder

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Einen Tag, nachdem Peter Schröcksnadel nach dem Misserfolg im Riesenslalom medientauglich die Professionalität der Snowboarder infrage gestellt hatte, hatten diese auf der Piste nur ein Motto: Mensch-ärgere-dich-nicht im grotesken Brett-Spiel mit dem Big Boss des ÖSV. Und sie verließen den Schauplatz Rosa Chutor als Sieger: Julia Dujmovits gewann Gold, Benjamin Karl holte Bronze im Parallel-Slalom.

Kaum hatte sich die 26-jährige Olympiasiegerin aus dem Burgenland im Zielraum in den Schnee fallen lassen, herrschte Ausnahmezustand im rot-weiß-roten Lager. Da wurde im Zielraum gehüpft, geherzt und gejubelt. Da schien die Kritik des Vortages vergessen. Für einen Moment zumindest. "Klar überwiegt die Freude, aber das Thema ist sicher noch nicht gegessen", sagte Christian Galler, der sportliche Leiter der Snowboarder, nach dem Doppelerfolg. Ironischer Nachsatz: "Ob der Abschluss jetzt positiver ausfällt in den neuen Disziplinen, muss der Präsident sagen."

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Mit dem hatte der Bronzemedaillen-Gewinner Karl bereits am Vortag gesprochen. "Solche Sachen regen mich extrem auf und stören mich in der Konzentration", sagte der vierfache Weltmeister aus Niederösterreicher. "Zuerst haben wir fünf Minuten gefetzt. Jeder ist laut geworden, jeder ist dem anderen ins Wort gefallen, was dann zu einem überaus netten und produktiven Gespräch geführt hat", erzählte Karl mit seinem typischen Grinsen im Gesicht. Das Resümee: "Er war grundsätzlich verärgert, weil er ja auch ein bisschen verwöhnt war von uns." Vor vier Jahren holten Marion Kreiner (Bronze) und Karl (Silber) zwei Medaillen, 2006 sorgte Siegfried Grabner (Bronze) für einen Erfolg.

Olympia-Premiere

Und nun also Julia Dujmovits. Die Burgenländerin bescherte nicht nur ihrem Bundesland die erste Olympiamedaille bei Winterspielen, sondern dem gesamten Snowboard-Sport einen historischen Sieg. Noch nie war die Goldmedaille nach Österreich gegangen. Bei der großen Abschlussfeier am Sonntag im Olympia-Park wird Dujmovits nun die Ehre der Fahnenträgerin zuteil.

Kurz nach dem wichtigsten Rennen ihrer bisherigen Sport-Karriere wusste die flinke Burgenländerin aber zunächst nicht so genau, wie ihr geschah: "Es ist unbeschreiblich, weil ich es noch gar nicht glauben kann. Hier ins Ziel reinzufahren und dann vorne zu sein, das ist einfach nur arg." Den ganzen Tag über habe sie nie an Medaillen gedacht, erzählt die Olympiasiegerin. "Fokus, Konzentration und Linie – ich glaube, das habe ich mir tausend Mal gesagt heute", sagte Dujmovits. Das Mantra sollte der Dame aus Sulz, die zur Feier des Tages ihre Fingernägel im Burgenland-Design lackiert hatte, Glück bringen. "Mich macht es brutal stolz, fürs Burgenland eine Medaille geholt zu haben, und die noch aus Gold. Das war die Antwort auf den Riesentorlauf", freute sich Dujmovits, die am Abend noch einiges vor hatte: "Meine Saison ist vorbei, und jetzt darf ich das sagen, ohne kritisiert zu werden: Es gibt definitiv eine g’scheite Party mit russischem Wodka. Den trinkt man nun einmal pur."

Manöverkritik

Die Worte des ÖSV-Präsidenten waren es nicht gewesen, die die Olympiasiegerin angespornt hatten: "Die habe ich gar nicht gehört, vielleicht sollte ich das nachholen und ihm eine Ansichtskarte schicken", sagte sie lachend. Bronzemedaillen-Gewinner Karl stimmte Schröcksnadels Kritik nachdenklich: "Es fehlt uns das nötige Geld, dass wir so professionell arbeiten können, wie es die Skifahrer machen. Die Hälfte der Snowboarder, die da heute runtergefahren sind, müssen sich die Snowboards noch selber kaufen", sagte der 28-jährige Jungvater.

Und der Präsident selbst? Der verfolgte die Rennen im Austria-Haus und klatschte artig Beifall. Die Snowboards sind für den passionierten Alpinen jetzt zwar nicht die Bretter, die ihm die Welt bedeuten, "aber wenn mir die Snowboarder inzwischen nicht ans Herz gewachsen wären, dann hätte ich dazu gar nichts gesagt."

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Julia Dujmovits (Goldmedaillen-Gewinnerin): "Ich kann es noch gar nicht glauben. Ich möchte mich bei allen bedanken, die mir die Daumen gedrückt haben, im Burgenland, es ist echt unglaublich. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe mir den ganzen Tag ungefähr tausend Mal gesagt: Technik, Fokus auf die Linie. Es ist unglaublich, dass es so aufgegangen ist. Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich die Jahre unterstützt haben. Das war die Antwort auf Mittwoch (Anm.: Riesentorlauf ohne ÖOC-Medaille). Ich weiß, dass die Familie immer hinter mir steht, egal was ich für einen Blödsinn mache."

Benjamin Karl (Bronzemedaillen-Gewinner): "Letztes Jahr hat keiner mehr an mich geglaubt, dann der WM-Titel. Seither haben mich alle auf der Rechnung, egal, was im Vorfeld passiert. Der Druck war da, aber mit taugt das. Ohne Druck kann ich gar nicht snowboarden. Ganz klar, jetzt fehlt nur noch eine Farbe (Anm.: Olympia-Gold). Aber jetzt freue ich mich extrem, dass ich nach dieser Saison die Serie hab aufrecht halten können. Ich bin ins Start-Gate oben rein und dann haben meine Trainer geschrien und gejubelt. Da habe ich gewusst, Julia (Dujmovits) hat Gold. Dann habe ich mir gedacht, immer wenn sie gut fährt, dann fahre ich auch gut. Das hat mir noch einmal einen Motivationsschub gegeben. Aaron (March/4.) ist ein Wannenspezialist, ich war mitten unter den Wannenspezialisten. Und jetzt weiß man, was ich gelernt habe, dass ich da mitgehalten habe."

Peter Schröcksnadel (ÖSV-Präsident): "Ich bin glücklich, dass sie zwei Medaillen geholt haben und gratuliere ihnen, das waren Superleistungen. Aber da ist noch viel mehr drinnen. Bei meiner gestrigen Kritik habe ich festgestellt, dass sie nicht so professionell sind, wie sie sein könnten. Ich habe darüber lange mit Benjamin Karl telefoniert. Da geht es um die Präparierung der Boards, nicht um die Technik. Da hat man sich nicht mit uns auseinandergesetzt. Mich stört es, wenn die Boards woanders präpariert werden. Aber ich habe mich sehr gefreut, die Snowboarder haben einen hohen Stellenwert. Wenn sie mir nicht am Herzen liegen würden, hätte ich ja nichts gesagt."

Marion Kreiner (5., Qualifikationsbeste und um 5/100 an Semifinale vorbei): "Man sieht, dass jede Hundertstel Millionen wert ist. Ich habe es beim allerletzten Tor verbockt. Da war ich eine Spur zu gerade, das wäre sich sonst schon ausgegangen. Es war eine gute Leistung, aber es wäre mehr drinnen gewesen. Ich bin richtig enttäuscht."

Lukas Mathies (5., Semifinale um 29/100 verpasst): "Mit der Qualifikation ist es mir ganz gut gelungen. Im Finale die erste Runde war sehr gut. In der zweiten Runde im ersten Lauf habe ich einen Fehler gehabt, fünf Zehntel aufgerissen. Das war leider zu viel. Ich habe versucht, es aufzuholen, aber noch einmal einen Fehler gehabt. Ich habe gezeigt, dass ich im Slalom vorne mitfahren kann. Ich muss nur stabiler werden und das über zehn Läufe ins Ziel bringen."

Ina Meschik (8., um 1/100 Semifinale verpasst): "Von Glück kann man nicht gerade reden. Es war eine gute Fahrt, ich habe alles gegeben. Das Hundertstel tut sehr weh. Ich hab die Zeit hier sehr genossen, eine gute Leistung gezeigt, meine Kärntner Sportfamilie gut vertreten können. Ich fahre mit einem guten Gefühl heim." Bundespräsident Heinz Fischer: "Julia Dujmovits und Benjamin Karl haben ihre bereits bisher sehr erfolgreiche Karriere mit dem Gewinn der "Goldenen" und "Bronzenen" gekrönt. Beide haben diesen großartigen Erfolg mit großer Disziplin und jahrelangem Training erreicht. Ganz Österreich applaudiert Julia Dujmovits und Benjamin Karl zu dieser großartigen Vorstellung bei den Olympischen Spielen in Sotschi."Hans Niessl (Landeshauptmann und Sportreferent Burgenland): "Das sportbegeisterte Burgenland ist stolz auf die Goldmedaillengewinnerin Julia Dujmovits. Sie ist eine großartige Ausnahmesportlerin und eine Botschafterin des Burgenlandes weltweit. Sie hat Sportgeschichte im Burgenland geschrieben."Gerald Klug (Sportminister): "Julia Dujmovits hat Olympiageschichte geschrieben und Österreichs erste Goldmedaille in dieser Sportart geholt. Ich bin sehr froh, dass Österreich nun auch im Snowboard seine wahre Stärke gezeigt hat."Werner Faymann (Bundeskanzler): "Julia Dujmovits und Benjamin Karl haben beim spannenden Parallel-Slalom eine großartige Leistung gezeigt, ich gratuliere ihnen herzlich. Auch für die letzten beiden Tage wünsche ich unseren Athletinnen und Athleten noch viel Erfolg."Michael Spindelegger (Vizekanzler): "Herzliche Gratulation an Olympiasiegerin Julia Dujmovits. Sie ist damit zu den Größten ihres Sports aufgestiegen - heute ist ihr Tag. Die beiden Medaillen sind die Belohnung jahrelanger harter Arbeit. Wer bei den Olympischen Spielen am Podest steht, weiß, dass sich die Entbehrungen und das Training bezahlt gemacht haben. Julia Dujmovits und Benjamin Karl haben gezeigt, dass sie bei den Snowboardern zur Weltspitze gehören. Ganz Österreich ist stolz auf unsere Athletinnen und Athleten."

Julia DUJMOVITS (26) Geboren: 12. Juni 1987 in Güssing/Burgenland Wohnort: Sulz/Burgenland Größe/Gewicht: 1,68 m/60 kg Familienstand: ledig, Freund Bernhard Sieber Verein: Schiclub Güssing Hobbys: Yoga, Kitesurfen, Reisen, Biken, Snowboarden Homepage: www.julia-dujmovits.com

Größte Erfolge: Olympia (1-0-0): Gold Slalom 2014 Sotschi WM: Silber Riesentorlauf 2013 Stoneham Weltcup: 2 Siege (1 Slalom, 1 Riesentorlauf) Junioren-WM: Gold Riesentorlauf 2007 Gastein 1. Olympia-Teilnahme

Benjamin KARL (28) Geboren: 16. Oktober 1985 St. Pölten/Niederösterreich Wohnort: Lienz/Osttirol Größe/Gewicht: 1,86 m/90 kg Familienstand: verheiratet mit Nina Karl-Grissmann, Tochter Benina Verein: Club SU Trendsport Weichberger Hobbys: Mountainbiken, Motorsport, Kajak, Klettern, Bergsteigen Homepage: http://benjamin-karl.com

Größte Erfolge: Olympia (0-1-1): Silber Riesentorlauf 2010 Vancouver, Bronze Slalom 2014 Sotschi WM (4-0-0): Gold Slalom 2009 Sungwoo, Gold Riesentorlauf und Slalom 2011 La Molina, Gold Riesentorlauf 2013 Stoneham Junioren-WM: Gold Riesentorlauf 2005 Zermatt, Bronze Riesentorlauf 2004 Klinovec Weltcup: Gesamtweltcupsieger 2007/08, 2009/10; 14 Siege (9 Riesentorlauf, 5 Slalom)

2. Olympia-Teilnahme

Olympische Snowboard-Medaillen
GOLD (1):
2014 Sotschi: Julia Dujmovits (Parallel-Slalom)
SILBER (1):
2010 Vancouver: Benjamin Karl (Parallel-Riesentorlauf)
BRONZE (4):
1998 Nagano: Brigitte Köck (Riesentorlauf)
2006 Turin: Siegfried Grabner (Parallel-Riesentorlauf)
2010 Vancouver: Marion Kreiner (Parallel-Riesentorlauf)
2014 Sotschi: Benjamin Karl (Parallel-Slalom)

Snowboard, Parallel-Slalom Herren:
1. Vic Wild (RUS)
2. Zan Kosir (SLO)
3. Benjamin Karl (AUT)
4. Aaron March (ITA)
5. Lukas Mathies (AUT)
6. Patrick Bussler (GER)
7. Nevin Galmarini (SUI)
8. Roland Fischnaller (ITA)
9. Simon Schoch (SUI)
10. Kaspar Flütsch (SUI)
Weiter:
13. Andreas Prommegger (AUT)
17. Anton Unterkofler (AUT)

Snowboard, Parallel-Slalom Damen:
1. Julia Dujmovits (AUT)
2. Anke Karstens (GER)
3. Amelie Kober (GER)
4. Corinna Boccacini (ITA)
5. Marion Kreiner (AUT)
6. Ester Ledecka (CZE)
7. Julie Zogg (SUI)
8. Ina Meschik (AUT)
9. Patrizia Kummer (SUI)
10. Isabella Laböck (GER)
Weiter:
12. Claudia Riegler (AUT)