Thema/Olympia-2014

Super-G-Gold bleibt in norwegischer Hand

Da saß er also, Kjetil Jansrud, und er strahlte: 375 Tage nach seinem Ausfall beim WM-Super-G in Schladming samt Kreuzbandriss war der 28-jährige Norweger ganz oben: Gold im olympischen Super-G von Rosa Chutor, nach Bronze in der Abfahrt schon die zweite Medaille bei diesen Winterspielen für die Nummer zwei im norwegischen Herren-Team.

Eigentlich wäre Jansrud ja Langläufer geworden, wie so viele seiner Landsleute – erst mit sieben Jahren stand er erstmals auf Alpinskiern. Deswegen, so mutmaßt das Kraftpaket aus Vinstra, 60 Kilometer nördlich von Lillehammer, könne er wohl auch so gut gleiten. Doch Jansrud kann noch viel mehr, Jansrud zerlegte an diesem, an seinem Tag die Konkurrenz. Bode Miller, bis zu seiner Fahrt in Führung, kassierte 53 Hundertstelsekunden, Jan Hudec schloss zu Miller auf, und dann kam noch Andrew Weibrecht: Der Amerikaner aus Lake Placid wiederholte nach „vier schwierigen Jahren“ seinen Coup von den letzten Spielen und sicherte sich nach Super-G-Bronze nun die Silbermedaille.

„Ich hatte so viele Rückschläge zu verkraften, ich wusste nicht, wie viele ich noch würde ertragen können, ich hatte schon den Glauben an mich verloren. Jetzt weiß ich, dass es doch einen Wert hat, was ich die ganze Zeit über getan habe“, sagte der 28-Jährige.

Bode Miller war nach zwei vergeblichen Anläufen in Russland ebenfalls glücklich, ihn übermannten im Ziel die Erinnerungen an seinen vor einem Jahr tödlich verunglückten Bruder Chelone, „es war sehr emotional für mich“, bekannte der 36-Jährige. „Ich war in den letzten Jahren immer so aufs Skifahren fokussiert, nun fühlte es sich alles an, als wäre es miteinander verbunden.“ Dafür, dass es mit dem ersehnten Gold (noch?) nicht geklappt hat, hat der Ski-Akrobat eine simple Erklärung: „Ich wollte zu viel. Wäre ich nur mit 80 Prozent gefahren, hätte ich wohl mehr erreicht. Aber ich will nicht mit 80 Prozent fahren. Angesichts meiner katastrophalen Fehler bin ich jedenfalls sehr zufrieden.“

Haarige Geschichte I

Zufrieden war selbstredend auch der neue Olympiasieger. Ganz sorglos kann Kjetil Jansrud freilich nicht durchs Leben gehen – seine langen Haare sorgen immer wieder für Turbulenzen. Seine Mutter und seine Freundin würden ihn liebend gern zum Friseur schicken, doch der bekennende Heavy-Metal-Fan und -Gitarrist lässt sich in seine langen Haare nun wirklich nicht dreinreden. Mit Aksel Lund Svindal teilt er sich das Zimmer, doch die enge Beziehung der beiden hat ihre Grenzen: „19 Stunden am Tag sind wir Freunde. Aber im Training pushen wir uns gegenseitig.“

Er setzte mit seinem Gold eine norwegische Tradition fort: 2010 siegte Svindal, 2006, 2002 und 1992 Kjetil Andre Aamodt – 1998 war Hermann Maier an der Reihe, 1994 Markus Wasmeier aus Deutschland. „Es klingt nach Klischee, aber davon habe ich wirklich geträumt, seit ich ein Kind war“, sagte der Olympiasieger. „Aber ich kann und will mich nun wirklich nicht mit Aksel, Lasse (Kjus, Anm.) oder Kjetil Andre vergleichen. Da sehe ich mich nicht. Aber ich bin gesegnet mit dieser Medaille.“

Dass sein Freund auch in seinem dritten Rennen leer ausging, „tut mir leid. Die Idee war, dass wir beide auf dem Podest stehen. Aber der Riesenslalom kommt ja noch.“ Jansruds Fazit: „Harte Arbeit zahlt sich aus“, nach seinem Kreuzbandriss dankte der 28-Jährige seinen Betreuern, die ihn wieder auf das Niveau des vergangenen Winters gebracht haben. „Aber ich hatte auch Glück, es war ein glatter Riss, Meniskus, andere Bänder und Knorpel hatten nichts abbekommen.“ Und ja, da war es wieder, dieses Klischee, „aber es ist so: Es klingt wie ein Märchen – aber es ist kein Zufall.“

Haarige Geschichte II

Eher kein Zufall war auch Bronze für Jan Hudec, der ja schon 2007 WM-Silber in der Abfahrt für Kanada geholt hat. Nach vielen Verletzungen (darunter zwei Kreuzbandrisse und ein verrissener Rücken am 8. Jänner) „war ich heute zuversichtlich, und ich bin zufrieden mit meiner Platzierung – solange ich nicht nur eine halbe Medaille bekomme.“ Hudec lachte nach der ersten Alpin-Olympiamedaille für Kanada seit 20 Jahren (Ed Podivinsky), und er hatte gut lachen: Nach seinem Silber in Åre vor sieben Jahren hatten ihm die Kollegen eine Glatze geschoren. Längst hat er vorgebeugt – er trägt eine Stoppelglatze.

Herren, Super-G

Gold: Kjetil Jansrud (NOR)Silber: Andrew Weibrecht (USA)Bronze: Jan Hudec (CAN) und Bode Miller (USA)

Super-G
1. Kjetil Jansrud (NOR) 1:18,14 Min.
2. Andrew Weibrecht (USA) 1:18,44 +0,30
3. Bode Miller (USA) 1:18,67 +0,53
. Jan Hudec (CAN) 1:18,67 +0,53
5. Otmar Striedinger (AUT) 1:18,69 +0,55
6. Max Franz (AUT) 1:18,74 +0,60
7. Aksel Lund Svindal (NOR) 1:18,76 +0,62
8. Peter Fill (ITA) 1:18,85 +0,71
9. Ondrej Bank (CZE) 1:19,11 +0,97
10. Morgan Pridy (CAN) 1:19,19 +1,05
11. Adrien Theaux (FRA) 1:19,35 +1,21
12. Patrick Küng (SUI) 1:19,38 +1,24
13. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 1:19,44 +1,30
14. Ted Ligety (USA) 1:19,48 +1,34
15. Thomas Mermillod Blondin (FRA) 1:19,53 +1,39
16. Dominik Paris (ITA) 1:19,70 +1,56
17. Werner Heel (ITA) 1:19,74 +1,60
. David Poisson (FRA) 1:19,74 +1,60
19. Natko Zrncic-Dim (CRO) 1:19,75 +1,61
. Johan Clarey (FRA) 1:19,75 +1,61
21. Georg Streitberger (AUT) 1:19,77 +1,63
22. Carlo Janka (SUI) 1:20,01 +1,87
23. Travis Ganong (USA) 1:20,02 +1,88
24. Ivica Kostelic (CRO) 1:20,19 +2,05
. Manuel Osborne-Paradis (CAN) 01:20,2 2,05
26. Pawel Trichischew (RUS) 01:20,6 2,48
27. Beat Feuz (SUI) 01:20,7 2,51
28. Adam Zampa (SVK) 01:20,9 2,81
29. Klemen Kosi (SLO) 01:21,3 3,13
30. Dmitriy Koshkin (KAZ) 01:21,5 3,36
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Kjetil Jansrud (NOR/Gold): "Am Start habe ich gedacht, es waren für mich gute Olympische Spiele bis jetzt, aber ich wusste, dass ich im Super-G noch bessere Chancen habe. Als ich die Fahrt von Bode (Miller, Anm.) gesehen habe, dachte ich, dass es schwer werden wird. Ich bin dann wie in der Abfahrt stabil und gut gefahren, war aber überrascht, dass ich eine halbe Sekunde Vorsprung auf Bode hatte. Jetzt gehe ich mit einem guten Gefühl in den Riesentorlauf."

Andrew Weibrecht (USA/Silber): "Mein Erfolgsgeheimnis? Ich habe nach all meinen Verletzungen hart gearbeitet für mein Comeback und bin jetzt genau im richtigen Rennen in Topform gewesen."

Jan Hudec (CAN/Bronze): "Diese Spiele sind sehr schön für mich, obwohl ich in den letzten Wochen Probleme mit dem Rücken hatte. Aber jetzt geht es mir wieder besser, deswegen wollte ich heute unbedingt eine Medaille holen."

Bode Miller (USA/Bronze): "Es war ein hartes Jahr für mich, um bis zu diesem Punkt zu kommen und eine Medaille zu holen. Das ist heute ein ganz spezieller und berührender Moment für mich. Ich fahre wieder großartig Ski, ich bin so dankbar, dass ich diese Medaille geholt habe. Mein Körper fühlt sich wieder gut an und ich habe wieder Freude am Skifahren. Ich denke, ich werde weitermachen."

Otmar Striedinger (AUT/Fünfter, zwei Hundertstel hinter Bronze): "Es ist eine ziemlich knappe Geschichte. Leider stehe ich jetzt als Volldodel da, die Enttäuschung ist riesengroß. Das tut sehr weh, wenn man die Hundertstel gegen sich hat. Es zählen leider nur die Medaillen, für die hat es heute nicht gereicht."

Max Franz (AUT/Sechster, sieben Hundertstel hinter Bronze): "Ich bin unten zu rund gefahren, doch da muss man es bis zum letzten Tor voll runterprügeln. Was willst machen, ist halt schade. Morgen geht der Flieger nach Hause."

Aksel Lund Svindal (NOR/Siebenter, neun Hundertstel hinter Bronze): "Das sind überhaupt nicht meine Spiele hier. Jetzt ist meine letzte Medaillenchance dahin, es ist vorbei. Aber ich war wie in der Abfahrt auch heute nicht gut genug. Unglaublich, wie stark Kjetil (Jansrud, Anm.) gefahren ist, aber Weibrecht hat mich mehr überrascht."

Abfahrts-Olympiasieger Matthias Mayer (AUT/ausgeschieden): "Ich hatte einen guten Speed drauf, das hätte gut gepasst fürs Flache. Es ist irrsinnig schade, aber im Großen und Ganzen habe ich einen guten Stempel hier abgegeben. Am Start bin ich mir hinten am Ski draufgestiegen, habe das aber gleich vergessen. Man lernt ja mit jedem Rennen. Und ich habe schon viel gelernt, es geht eben nicht immer gut. Heute ist ein Tag, an dem man sich am liebsten nur niederlegen und vergessen will. Jetzt mache ich morgen Pause und schaue, dass ich meine Kräfte wieder sammeln kann für den Riesentorlauf am Mittwoch. Da gehöre ich dann nicht zu den Medaillenkandidaten."