Thema/Olympia-2014

Nicole Hosp holt Olympia-Silber

Sie hat auf genau dieses Rennen hingearbeitet“, sagte Jürgen Kriechbaum nach der Superkombination. „Sie hat gekämpft – und unterm Strich ist es noch sehr, sehr knapp geworden.“ Sie heißt Nicole Hosp, und die Tirolerin hat mit Silber im ersten Damen-Alpinbewerb dieser Winterspiele nicht nur ihren Cheftrainer und die Ski springenden Zuschauer Thomas Morgenstern und Michael Hayböck glücklich gemacht, auch Freund Roland Schönegger und Papa Hans jubelten.

Vier Zehntelsekunden fehlten der 30-Jährigen am Ende auf Titelverteidigerin Maria Höfl-Riesch – doch nur 13 Hundertstelsekunden lag sie vor Julia Mancuso, die sich nach Bestzeit in der Abfahrt (1,04 Sekunden vor Höfl-Riesch und 1,27 vor Hosp) über den schwierigen Slalomhang zu Bronze kämpfte. „Leider hab’ ich die Abfahrt nicht so perfekt wie im Training am Sonntag erwischt“, sagte Nicole Hosp, „aber gleich im ersten Rennen eine Medaille – ich bin einfach nur glücklich.“

Wie ein Fundament beim Hausbau sei dieser Erfolg, und sie hat ja noch drei Chancen, nachzulegen: in der Spezialabfahrt am Mittwoch sowie im Super-G am Samstag und auch noch im Slalom. Was da auch kommen mag, „es ist Zugabe.“ Diese Einstufung dürfte freilich je nach Medaillenbeschaffenheit noch abgewandelt werden – denn Olympia-Gold fehlt der Riesentorlauf-Weltmeisterin von 2007 noch. „Das ist mein großer Traum.“

Doch auch Silber genügte schon zu emotionalen Ausbrüchen, die Tränen flossen nur so, als Nicole Hosp ihren Lebensgefährten in die Arme schloss. Auch, weil die Erinnerung an die Spiele von Vancouver 2010 zurückkehrte. Damals saß Hosp mit einem Kreuzbandriss zu Hause vor dem Fernseher. „Das hat mir das Herz gebrochen.“

Mit Maß und Ziel

Inzwischen ist es wieder ganz, das Kreuzband, und Hosp ist nicht zuletzt dank einer Programmreduktion (der Riesenslalom ist Geschichte) wieder auf Touren gekommen. Sie weiß auf ihren Körper zu hören: Im Dezember nahm sie sich eine Wettkampf-Auszeit.

Acht Jahre nach ihrem letzten Olympia-Einsatz ist die Tirolerin also wieder da angelangt, wo sie die Spiele von Turin beendet hat: auf dem Silberrang, damals im Slalom. „Ich hoffe, diese Welle schwappt jetzt auf die anderen über“, sagt Kriechbaum.

Am Montag gelang das noch nicht: Elisabeth Görgl schied im Slalom aus, Anna Fenninger (Achte) fand Verbesserungsmöglichkeiten in Abfahrt und Slalom – und Michaela Kirchgasser (Siebente) hatte ihre Chancen schon bei Halbzeit verspielt. Doch da hatten die österreichischen Damen ja auch noch keine Medaille.

(aus Rosa Chutor)

Die Erfolge der Nicole Hosp:

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Damen-Super-Kombination
1. Maria Höfl-Riesch (GER) 2:34,62 1:43,72 50,90
2. Nicole Hosp (AUT) 2:35,02 +00,40 1:43,95 51,07
3. Julia Mancuso (USA) 2:35,15 +00,53 1:42,68 52,47
4. Tina Maze (SLO) 2:35,25 +00,63 1:43,54 51,71
5. Dominique Gisin (SUI) 2:36,12 +01,50 1:44,01 52,11
6. Ragnhild Mowinckel (NOR) 2:36,15 +01,53 1:44,28 51,87
7. Michaela Kirchgasser (AUT) 2:36,41 +01,79 1:45,72 50,69
8. Anna Fenninger (AUT) 2:36,44 +01,82 1:43,67 52,77
9. Sarka Strachova (CZE) 2:36,61 +01,99 1:46,51 50,10
10. Marusa Ferk (SLO) 2:36,89 +02,27 1:44,87 52,02
11. Federica Brignone (ITA) 2:37,62 +03,00 1:45,68 51,94
12. Denise Feierabend (SUI) 2:37,71 +03,09 1:46,03 51,68
13. Sara Hector (SWE) 2:37,85 +03,23 1:46,54 51,31
14. Jelena Jakowischina (RUS) 2:38,88 +04,26 1:44,91 53,97
15. Greta Small (AUS) 2:40,30 +05,68 1:47,99 52,31
16. Edit Miklos (HUN) 2:41,61 +06,99 1:44,32 57,29
17. Karolina Chrapek (POL) 2:41,80 +07,18 1:47,28 54,52
18. Mireia Gutierrez (AND) 2:42,30 +07,68 1:49,04 53,26
19. Klara Krizova (CZE) 2:42,40 +07,78 1:44,89 57,51
20. Macarena Simari Birkner (ARG) 2:43,93 +09,31 1:48,87 55,06
21. Anna Berecz (HUN) 2:48,69 +14,07 1:50,28 58,41
22. Ania Monica Caill (ROU) 2:53,95 +19,33 1:51,91 1:02,04

Ausgeschieden in der Abfahrt u.a.: Laurenne Ross (USA), Marianne Kaufmann-Abderhalden (SUI)Ausgeschieden im Slalom: Elisabeth Görgl (AUT), Lotte Smiseth Sejersted (NOR), Lara Gut (SUI), Ilka Stuhec (SLO), Leanne Smith (USA), Marie-Michele Gagnon (CAN), Francesca Marsaglia (ITA), Kristina Saalova (SVK), Jana Gantnerova (SVK)Nicht zum Slalom angetreten: Chemmy Alcott (GBR), Daniela Merighetti (ITA), Elena Fanchini (ITA)

Wie fühlen Sie sich nach dem Superstart in die Winterspiele? Nicole Hosp: Ich bin total happy, dass ich gleich im ersten Event die erste Medaille habe, das ist ein Traum. Dass es nicht Gold ist, tut mir nicht leid. Ich bin froh, dass ich eine Medaille gewonnen habe. Auf der Abfahrt kann sehr viel passieren und im Slalom erst recht. Ich bin glücklich mit Silber, bei den letzten Olympischen Spielen bin ich daheim vor dem Fernseher gelegen, da ist mein Herz beim Zuschauen zerbrochen. Nach der schwierigen Zeit ist das eine Genugtuung und ein Traum.

Wie sehr haben Sie nach dem Slalom im Ziel um die Medaille gebangt? Ich wusste, dass Maria (Höfl-Riesch/Anm.) und Tina (Maze) die sind, die am schwierigsten zu knacken sind. Dass Julia (Mancuso) so einen guten Lauf macht, mit dem habe ich nicht ganz gerechnet. Aber man darf sie bei Olympia nie unterschätzen. Ich habe am Anfang sehr gebangt, es hätte genauso gut Lara Gut so ein Slalomlauf auskommen können wie Julia. Da sind andere auch noch gewesen. Das Warten im Ziel ist immer eine harte Zeit.

Wie sehr hilft diese Medaillen für Ihr großes Ziel, Gold zu gewinnen? Sehr. Das ist jetzt mehr als nur ein Fundament beim Hausbauen. Wenn man schon eine Medaille hat, kann man viel lockerer und befreiter drauflosfahren. Ohne Zwang. Ich hoffe, dass ich die Goldene auch noch schaffe. Aber alles was kommt, ist eine Zugabe. Einfach Gas geben. Ich hoffe, dass dann noch einiges möglich ist.

Acht Jahre liegen zwischen Ihrer ersten Olympiamedaille und der zweiten. Welche fühlt sich wertvoller an? Die erste war etwas ganz Besonderes. Aber die eigentlich jetzt auch, denn nach so einer langen und harten Zeit wieder eine zu gewinnen, ist einfach schön.

Auch weil Ihnen die Disziplin so am Herzen liegt? Sie gelten ja als Kämpferin für die Super-Kombi. Absolut. Da sieht man die richtig guten Skifahrerinnen, du musst wirklich in zwei Disziplinen top sein. Geschenkt wird dir die Medaille nicht.

Von den ersten fünf Läuferinnen ist keine jünger als 28. Eine Disziplin für die Reiferen unter Ihnen? Ja. Routine brauchst. (lacht)

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Geboren: 6. November 1983 in Ehenbichl/Tirol Wohnort: Bichlbach/Tirol Größe/Gewicht: 1,74 m/70 kg Familienstand: ledig Verein: SC Bichlbach Hobbys: Tennis, Inlineskaten, Motortrial, Klettern Homepage: www.niki-hosp.at

Größte Erfolge:Olympia (2 Silber): Silber Slalom 2006 Turin Silber Super-Kombination 2014 SotschiWM (2 Gold/2 Silber/3 Bronze): Gold Riesentorlauf 2007 Gold Teambewerb 2013 Silber Kombination 2003 Silber Teambewerb 2005 Bronze Slalom 2003 Bronze Abfahrt 2007 Bronze Super-Kombination 2013Weltcup: Gesamtsiegerin und Disziplinsiegerin RTL 2007; Gesamtzweite 2008 11 Siege (5 Riesentorlauf, 4 Slalom, je 1 Super-G und Super-Kombination)Sonstiges: Österreichs "Sportlerin des Jahres 2007"

Eine gute Skifahrerin will sie sein, und das heißt für Nicole Hosp, in allen Disziplinen starke Leistungen zu bringen. Medaillen hat die 30-Jährige Tirolerin mit Ausnahme des Super-G (WM-4.) in allen Disziplinen gewonnen. Seit Montag ist Hosp um olympisches Edelmetall in der Super-Kombination reicher, sie errang in Krasnaja Poljana Silber hinter der Deutschen Maria Höfl-Riesch. Mit der insgesamt neunten Medaille hat Hosp zum zweiten Mal en suite bei einem Großereignis zugeschlagen, davor hatte die Gesamtweltcupsiegerin von 2007 eine sechsjährige, von Verletzungen geprägte Durststrecke durchlebt. Sie musste auch ihre Lieblingsdisziplin Riesentorlauf, in der sie 2007 in Aare WM-Gold gewonnen hatte, auf Eis legen. Die am 6. November 1983 geborene Bichlbacherin, die zu fast allen Rennen von ihrem Vater Hans begleitet wird und den Norweger Kjetil-Andre Aamodt als Vorbild hat, gewann am 26. Oktober 2002 und damit wenige Tage vor ihrem 19. Geburtstag ihren ersten Weltcup-Bewerb, den Sölden-Riesentorlauf. Elf Weltcupsiege stehen seither zu Buche, fünf im Riesentorlauf, vier im Slalom, einer im Super-G und einer in der Kombination. Ihre WM-Medaillensammlung hat sie 2003 in St. Moritz begonnen (Kombinations-Silber, Slalom-Bronze) und 2005 in Santa Caterina (Team-Silber), 2007 in Aare (Riesentorlauf-Gold, Abfahrts-Bronze) und 2013 in Schladming (Super-Kombi-Bronze, Team-Gold) fortgesetzt. Bei Olympischen Spielen hatte sie bisher Slalom-Silber 2006 in Turin erobert. Aber auch wilde Stürze prägten die Karriere von Österreichs "Sportlerin des Jahres" von 2007. Am 4. Jänner 2009 begann eine Zeit des Leidens. Sie zog sich bei einem Sturz beim Einfahren für den Slalom in Zagreb einen Riss des inneren Seitenbandes im linken Knie, einen Einriss des vorderen Kreuzbandes und eine Impressionsfraktur im Schienbeinkopf zu. Am 24. Oktober 2009 riss im Riesentorlauf von Sölden das vordere Kreuzband im rechten Knie. Groß geschrieben hat Hosp immer ihre Willenskraft. Und in schlechten Zeiten hat sie nie vergessen, auch an gute zu denken. "Gerade dann muss man sich das wieder hervorholen, wenn man schlechte Zeiten hat, denn dann ist eh alles so schwierig. Es ist wichtig, dass man im Kopf positiv bleibt."

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Medaillengewinnerin in der Kombi
GOLD (3):
1948 St. Moritz: Trude Beiser
1988 Calgary: Anita Wachter
1992 Albertville: Petra Kronberger
SILBER (4):
1992 Albertville: Anita Wachter
2002 Salt Lake City: Renate Götschl
2006 Turin: Marlies Schild
2014 Sotschi: Nicole Hosp
BRONZE (1):
1948 St. Moritz: Erika Mahringer