Thema/Olympia-2014

NHL-Stars schießen Österreich zum Sieg

Mathias Lange war nicht mehr zu sehen. Kaum ertönte die Schusssirene in der Bolschoi-Arena, stürmten die Teamkollegen zum österreichischen Torhüter und feierten ihn. Die Menschentraube in den rot-weiß-roten Dressen hatte den 28-Jährigen, der am 3:1-Sieg über Norwegen maßgeblich beteiligt war, vollständig verschluckt.

35 Schüsse waren im dritten Vorrundenspiel am Sonntag aufs österreichische Tor abgegeben worden, nur einmal schaffte es der Puck hinter die Linie. "Er hat gezeigt, dass er ein Weltklasse-Torhüter ist. Das gibt uns Verteidigern natürlich auch Sicherheit", lobte André Lakos den Kollegen, der ursprünglich gar nicht für Olympia nominiert worden war. Auch Teamchef Manny Viveiros, der Lange im letzten Gruppenspiel zum ersten Mal von Beginn an aufstellte, war mit der Leistung des Iserlohn-Legionärs zufrieden: "Er hat sehr gut gespielt." Nachsatz: "Alle haben heute besser gespielt."

Österreichs Chefcoach hatte nach den zwei Vorrunden-Niederlagen gegen Finnland (4:8) und Kanada (0:6) die rot-weiß-roten Linien kräftig durchgemischt. "Wir haben 14 Tore bekommen, da musste etwas passieren. Ich habe das Gefühl gehabt, wir müssen es ein bisschen aufmischen", sagte Viveiros. Der erhoffte frische Wind durch die Veränderungen sollte sich einstellen.

Torgarant Grabner

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"Der guter Start ist unsere Stärke, heute haben wir es aber auch bis zum Ende durchgezogen", sagte Michael Grabner, der erstmals gemeinsam mit den beiden NHL-Kollegen Vanek und Michael Raffl eine gemeinsame Sturmlinie bildete. Nach seinen Toren (5./59.) hält der flinke Angreifer der NY Islander bereits bei fünf Olympia-Treffern. Doch große Worte sind nicht die Sache des 26-jährigen Kärntners, der bescheiden sagt: "Ohne meine Mitspieler wäre das nicht möglich." Michael Raffl steuerte im Powerplay den dritten österreichischen Treffen bei (7.). "Das war ein hartes Spiel für uns", musstedanach auch Norwegens Teamchef Johansen zugeben.

Nach dem ersten Sieg bei Olympia hat die Mannschaft von Manny Viveiros nun sogar realistische Chancen, ins Viertelfinale zu kommen. Denn im Viertelfinal-Play-off am Dienstag wartet nun Wunschgegner Slowenien. "Das ist auch ein super Team. Aber klar spielen wir lieber gegen Slowenien als zum Beispiel gegen Schweden. Ich glaube, beide Teams sind froh, dass wir gegeneinander spielen", sagte Kapitän Thomas Vanek.

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Teamchef Viveiros fand nach der Norwegen-Partie auch kritische Worte, wenn auch nicht in Richtung seiner "Boys": "Nicht viele Leute haben gemeint, dass wir eine Chance haben auf das Viertelfinale. Wir in der Kabine haben da mehr Vertrauen", sagte der Austro-Kanadier, der die negativen Reaktionen nach dem Spiel gegen seine Heimat Kanada nicht verstand: "Das war ein bisschen unfair. Wir haben nicht schlecht gespielt, sondern gegen die beste Mannschaft der Welt verloren. Die Spieler haben heute eine gute Antwort gegeben."

Die hatte am Sonntag auch Kapitän Vanek parat, der sich speziell über den Kommentar des Ex-Profis und TV-Experten Peter Znenahlik ärgerte, der Österreich als "drittklassige Mannschaft" bezeichnete: "Dafür ist es kein schlechter Sieg bei Olympia", sagte Vanek und sah dabei sehr zufrieden aus.

Gruppe B

Österreich - Norwegen 3:1 (2:0,0:1,1:0)
Sotschi, Bolschoi-Arena, 6.882, SR Sindler/Walsh (CZE/USA)
Tore: Grabner (5., 59), M. Raffl (7./PP) bzw Skroder (29.)
Strafminuten: 12 bzw. 8.

Österreich: Lange - A. Lakos, Trattnig; R. Lukas, Pöck; S. Ulmer, Unterluggauer; F. Iberer, Altmann - Grabner, M. Raffl, Vanek; Latusa, Koch, Lebler; Th. Raffl, Hundertpfund, Nödl; Welser, Oberkofler, Herburger

Norwegen: Haugen - Holos, Bonsaksen; Trygg, Tollefsen; Solberg, Odegaard - Zuccarello, K.A. Olimb, Thoresen; Ask, M. Olimb, Rosseli Olsen; Olden, Skroder, Bastiansen; Roymark, Hansen, Forsberg; Roest, Dahlstrom

Manny Viveiros (Teamchef Österreich): "Wir haben sehr diszipliniert gespielt, die Burschen waren 60 Minuten fokussiert und haben die vielen Kleinigkeiten richtig gemacht. Heute haben wir nicht solche Fehler gemacht und solche Tore bekommen wie gegen Finnland und Kanada. Wir haben auch die Tore zum richtigen Moment gemacht. Wir wollten der Mannschaft neue Luft geben. Wir haben zwei Spiele verloren, wollten andere Linien probieren, auch einen anderen Torhüter. Lange war unglaublich stark heute, alle Linien haben gut gespielt. Wir sind erfreut und haben vielleicht die Chance auf noch ein Spiel im Viertelfinale. Nicht viele Leute haben geglaubt, dass wir eine Chance darauf haben."

"Für die Burschen war es sehr wichtig, sie konnten sich nicht vorstellen, warum wir so viel Kritik nach dem Kanada-Spiel bekommen haben, das ist die beste Mannschaft der ganzen Welt. Vor allem Znenahlik, was er schreibt ist unfair. Die Spieler haben heute die richtige Antwort gegeben."

Roy Johnsen (Teamchef Norwegen): "Österreich hat großartig gekämpft, sehr diszipliniert gespielt und hatte einen guten Torhüter. Es war schwer für uns, Torchancen herauszuspielen. Wir lagen früh zurück und waren danach ein bisschen gestresst."

Michael Grabner (zweifacher Torschütze Österreich): "Wir haben besser gespielt, hatten auch einen guten Start. Wir haben ihnen nicht die Chance gegeben, dass sie zurück ins Spiel kommen. Wir haben viel besser in der defensiven Zone gearbeitet. Lange hat sehr gut gespielt, er hat die Saves gemacht, wenn wir ihn gebraucht haben. Unsere Unterzahl war auch sehr gut."

Zu seinen Toren: "Ohne Mitspieler geht es nicht. Michi Raffl hat mir schon das ganze Turnier die Pässe gegeben, Thomas (Vanek, Anm.) ist auch ein guter Passer, ich probiere mich freizulaufen. Das hat gut funktioniert, du brauchst nur eislaufen und den freien Platz finden."

Thomas Vanek (Kapitän Österreich): "Heute haben wir gekämpft bis zum Ende. Lange hat unglaublich gespielt, er hat uns Selbstvertrauen gegeben, die Verteidiger waren sehr gut, vor allem in Unterzahl haben die Burschen sehr gut die Schüsse geblockt. Wir haben uns den Sieg verdient. Wir sind als Mannschaft aufgetreten und haben als Mannschaft gewonnen. So wie Herr Znenahlik sagt, dass wir drittklassig sind, ist es kein schlechter Sieg bei Olympia für uns."

Mathias Lange (Torhüter Österreich): "Wir haben sehr gut angefangen, die zwei schnellen Tore haben natürlich geholfen, dass wir ruhiger spielen. Die Norweger waren immer aktiv, haben viel Zeit in unserem Drittel verbracht, wir haben aber wenig an sehr guten Chance zugelassen. Das, was gekommen ist, haben meine Vorderleute geblockt oder die Rebounds gut geklärt. Ich bin einfach überglücklich, dass wir eine gute Leistung geboten und gewonnen haben. Wenn man ein einziges Spiel hernimmt, war das heute schon mein Highlight. Bei Olympia dabei zu sein ist was ganz Großes, wenn man dann auch noch von Anfang an spielt und gewinnt, ist es natürlich ein Highlight."

Andreas Nödl (Stürmer Österreich): "Genau so muss man es machen: Hinten gut spielen, ohne unseren Tormann hätten wir nicht gewonnen, und unsere Top-Linie hat die Tore geschossen. Genau deshalb spielen sie in der NHL, das war gut anzuschauen. Die anderen Linien haben hinten gut gearbeitet. Das war ein wichtiger Sieg für uns. In einigen Medien hat man gehört, dass wir uns Olympia nicht verdient haben, dass wir nicht hierher gehören, das geht aufs Herz. Heute wollten wir jedem zeigen, dass wir da sind, nicht nur um Urlaub zu machen. Zum Glück haben wir gewonnen."

Thomas Raffl (Stürmer Österreich): "Es war ein sehr gutes Spiel, wir haben genau das umgesetzt, was wir können. Nach den letzten Spielen ist Kritik gekommen, wir haben aber gegen Top-Eishockey-Nationen gespielt. Heute haben wir gezeigt, dass wir doch nicht drittklassig sind. Norwegen ist eine gute Eishockey-Nation, wir haben gezeigt, dass wir mithalten können. Jeder Spieler hat seine Rolle übernommen und das gebracht, was wir von ihm gebraucht haben. Gegen gute Mannschaften muss man defensiv kompakt stehen, das hat heute gut geklappt."

Österreich hat die ersten beiden Spiele gegen Finnland (4:8) und Kanada (0:6) hoch verloren. Doch im Unterschied zur jüngeren Vergangenheit zerfiel das Team nicht vor dem wichtigen Spiel gegen den wichtigsten Gegner, sondern nutzte die zum Teil überzogene Kritik von außen, um eine verschworene Gemeinschaft zu bilden.

Einen Vorwurf muss sich die Teamleitung aber gefallen lassen: Sie hat Österreichs Nummer eins zerstört. Bernhard Starkbaum hatte bei der WM 2013 und bei der Olympia-Qualifikation derart überzeugt, dass er der erste Stammkeeper im Team seit Reinhard Divis wurde. Doch warum muss er im Spiel gegen Kanada verheizt werden? Ein österreichischer Tormann bekommt gegen Kanada im Normalfall fünf bis 15 Gegentore. Nach dem 0:6 musste Mathias Lange einspringen. Zum Glück tat er das fehlerfrei.

Jetzt ist er die Nummer eins.

Nach der Niederlage gegen die USA haben Russlands Eishockey-Cracks bei den Olympischen Winterspielen einen zweiten Dämpfer kassiert. Gegen die bislang in Sotschi enttäuschenden Slowaken kam die „Sbornaja“ am Sonntag nicht über einen 1:0-Erfolg nach Penaltyschießen hinaus.

Damit sicherten sich die Hausherren immerhin Platz zwei in der Gruppe A, dürften aber den direkten Einzug ins Viertelfinale verpasst haben. In der Schlussphase hatten die Russen zweimal Pech: Zunächst ging ein Schuss von Alexander Sjomin, den Alexander Radulow abfälschte, gegen Latte und Pfosten. Kurz darauf scheiterte Jewgeni Malkin vor den Augen von Kremlchef Wladimir Putin, der nach dem 2:3 gegen die USA ein weiteres Mal ein Eishockey-Spiel besuchte, ebenfalls am Gestänge. Im Penaltyschießen machten Radulow und Ilja Kowaltschuk dann aber mit ihren Treffern alles klar.

Die USA hatte dagegen keine Mühe gegen Slowenien und feierte in der „Schajba“-Arena ein 5:1 (2:0, 2:0, 1:1). Phil Kessel war der entscheidende Mann auf dem Eis. Der Stürmer der Toronto Maple Leafs erzielte drei Tore. Der Sieg sicherte den USA Rang eins in der Gruppe A und damit die direkte Qualifikation für das Viertelfinale.