Leben/Mode & Beauty

Philip Treacy: "Der Style von Sisi? Besser als Lady Gaga"

KURIER: Die niederländische Königin Beatrix wird Ende April abdanken. In einem Interview sagte sie: „Ein Hut schafft Distanz und erzeugt Autorität.“

Philip Treacy: Sie ist Königin, trägt für gewöhnlich eine Krone und bedeckt in der Öffentlichkeit ihr Haupt mit Hüten. Das schafft Distanz zum Volk und verleiht ihr Autorität – ist aber eine traditionelle Adels-Geschichte. Polizisten und Soldaten tragen Kappen und Hüte, das ist Teil der Uniform und verschafft auch ihnen Autorität. Wenn aber eine Mutter für die Hochzeit ihres Kindes einen Hut auswählt, für den großen Moment in ihrem Leben, dann hat das etwas mit Liebe zu tun.

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Apropos Hochzeit. Bei der Vermählung von Prinz William und Kate trugen 36 prominente Gäste Ihre Designs. Macht Sie das stolz?

Ich bin in einem kleinen Dorf in West-Irland aufgewachsen. Natürlich macht mich das stolz. Das Modell von Prinzessin Beatrice wurde in der Presse zerrissen, hat massiv polarisiert. Hüte haben immer schon Reaktionen hervorgerufen. Aber ich sehe das pragmatisch – damit waren Prinzessin Beatrice und meine Wenigkeit in aller Munde.

Sie haben Mode studiert, warum haben Sie sich auf Hüte spezialisiert?

Während des Studiums habe ich bereits zu jedem Design den passenden Hut kreiert. Es fasziniert mich. Ein Hut muss die Persönlichkeit der Trägerin unterstreichen. Auch wenn sich alle nur für die verrückten Kreationen der Top-Stars interessieren, mache ich meistens Hüte für sehr konservative Engländerinnen. Sie tragen Hüte mit einer traditionellen Selbstverständlichkeit. Darum lebe und arbeite ich auch in London. In meinem Atelier mache ich die unterschiedlichsten Modelle für verschiedene Kunden – von 18 bis 89.

Aber natürlich erregt es mehr Aufsehen, wenn Pop-Star Lady Gaga ein Telefon am Kopf ausführt.

Das sind Kunstwerke. Berühmtheiten müssen ihre Fans unterhalten. Madonna sollte beim Super Bowl glänzen, Sarah Jessica Parker dem Image als Stilikone gerecht werden. Wer will bitte die Gaga ungeschminkt im normalen T-Shirt sehen? Beim Adel wiederum geht es um Tradition. Aber alle eint die Leidenschaft für Hüte – das verbindet die unterschiedlichsten Typen, wie etwa Superstar Madonna und Herzogin Camilla.

Sind Sie traditionell?

Ich liebe Geschichte und Traditionen, ohne selbst traditionell zu sein. Wien ist als Stadt einzigartig,weil man hier Geschichte ursprünglich erleben kann, weil die alte Architektur nicht niedergerissen wird, um hässliche Hochhäuser zu errichten. Zudem lasse ich mich von starken Persönlichkeiten der vergangenen Jahrhunderte inspirieren.

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Bei Ihrer Wien-Ausstellung gibt es eine Installation, die eine Hommage an Kaiserin Sisi ist. Warum?

Ich weiß, in Österreich verdrehen alle die Augen, wenn ein Ausländer auf den Spuren von Kaiserin Sisi wandelt. Aber ich behaupte, Wien wäre noch beeindruckender, wenn es mehr „Sisis“ geben würden. Ich zolle dieser Persönlichkeit den größten Respekt. Sie war visionär, ihrer Zeit weit voraus, hatte damals schon ihr eigenes Fitnesscenter, das muss man sich vorstellen. Und ihre Garderobe – sie trug sensationelle Hüte, besaß die schönsten Kleider die ich jemals gesehen habe. Diese Opulenz und diese winzig schmale Taille – diese Frau war besser als Lady Gaga. Und wissen sie, was mich fasziniert und berührt gleichermaßen? An ihrem 40. Geburtstag verschleierte sie ihr Gesicht für immer. Und warum? Um das Volk nicht zu enttäuschen, um den Mythos ihrer Schönheit aufrecht zu erhalten. Eine unvergleichbare Person.

Philip Treacy zieht den Hut vor Wien

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