Der Schauspieler Wolfgang Böck ist im letzten Drittel. Aber weiterhin auf dem Motorrad
Er lehnt in der Tür seines Hauses in Draßburg nahe Eisenstadt, dem Wetter entsprechend in Badeshorts. Sonst kleidet Wolfgang Böck nur die für ihn typische Selbstgewuzelte. Er runzelt die Stirn – wo die Falten aufhören, fängt die Glatze an. Zieht jenes Schnoferl, bei dem man die Eckzähne sieht, auch bekannt aus seiner berühmtesten Rolle.
Böcks Grimasse gilt nicht der Tatsache, dass ihn noch immer alle als Fernsehkommissar „Trautmann“ erklären, sondern der Hitze: „Das is’ heute keine gute Idee“, wirft er seinem Besuch zur Begrüßung entgegen, der ihn auf seinem Sommer-Dienstweg nach Kobersdorf begleiten will. Als Intendant und Mime der dortigen Schlossspiele legt Böck die 30-minütige Strecke täglich auf dem Motorrad zurück – schon zehn Saisonen. Immer über die Rosalia, eine pittoreske Strecke im Mittelburgenland. „Um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden.“ 38 Grad sind eben nicht angenehm.
Aber Böck gilt unter Kollegen als einer, der sein Wort hält. Also setzt er sich in die kühle Einfahrt des Hauses – ein von Ehefrau, Architektin und Burgenländerin Sonja zum Idyll umgebauter Streckhof. Und quält sich „ins Leder“. Böck fährt nur in Schutzkleidung. „Ich missioniere niemanden, bin aber in 40 Jahren oft am Boden gelegen. In Jeans keine schöne Erfahrung.“ Es waren „nur Brüche. Ich musste nie im Spital bleiben.“
Böcks Körper lenkt davon ab, dass er im Jänner 60 geworden ist. Obwohl er nur Gymnastik macht – die dafür unbedingt. „Für den Rücken. Sonst wäre der aufrechte Gang nicht mehr möglich.“ Bei der Abfahrt schiebt sich Böck Lärmschutz in die Ohren und die Brille auf die Nase. Auch das Topcase wirkt wie eine Alterserscheinung, seine Erklärung wie eine Rechtfertigung vor dem jungen Biker in sich: „Ich hab’ halt immer etwas zum Mitnehmen, es ist praktisch.“
Die ersten Kilometer werden ruhig genommen. Erst bei den waldigen Bergkurven beginnt der Spaß. Böck ist in jeder Kehre exakt, sein Motorrad stark, beide bald außer Sichtweite. Bei einem Aussichtspunkt wartet er, aber nicht gerne, weshalb er meist alleine herumfährt. Die Frage nach dem Alter kontert Böck mit müdem Lächeln.
„Wurscht ist es mir nicht. 60 ist 60. Man muss nicht viel rechnen, um zu wissen, dass man das meiste hinter sich hat.“ Er entzündet im Windschatten des offenen Topcase die Gewuzelte. „Aber nachlassen gilt halt nicht. Ich sehe 20 Jahre jüngere Männer, die nur einen Kuli halten können. Und ihre Alte tragt den Koffer.“ Kopfschütteln. „Mein Arzt sagt, ich soll nix heben. Aber wenn eine Frau in der Bim bittend schaut, wie kann ich als 1,83 Meter-Pflock nicht mit dem Kinderwagen helfen?“ Blick in die Ferne.
Beim Alter „ist das Hier und Jetzt das einzig Leiwande. Das Gestern und das Morgen sind wurscht.“ Wie beim Theaterspiel: „Das ist Augenblickskunst. Über die gestrige Vorstellung braucht man nicht mehr nachzudenken.“ Und wie beim Motorradfahren: „Zur Kurve mit 140, jetzt schalte ich, zack, jetzt Gas, zack, bumm.“
Das Ensemble im Schloss hört BöcksDucati schon ab der Ortseinfahrt Kobersdorf. Bei der Ankunft taucht aus dem Helm wieder das Schnoferl auf. Böck will aus dem Gewand. Fünf Minuten später sitzt er im Arkadengang des Schlosshofes auf einem Sessel an der Wand. Außer Socken und schwarzer Unterhose hat er nichts an. Ein paar seiner Schauspieler gehen vorbei, sie wundern sich nicht. „Wir sind wie eine Familie hier.“
Info: Die Schlossspiele zeigen ab 2. 7. „Die Dame vom Maxim“. Wer Bock auf Böck hat, kann an der Biker- (13. 7.) oder Oldtimerfahrt (21. 7.) mit dem Intendanten teilnehmen. Am 22. 7. singt er mit Adi Hirschal Strizzilieder im Schloss.www.schlossspiele.com