Ein Fest der Künstler und der Extreme
Als hätte Desi Treichl-Stürgkh Einfluss auf das Wetter: Rechtzeitig zum alljährlichen Staatsgewalze kehrte in Wien der Frühling ein und machte den ersten Eisstand auf dem Opernball zum beliebten Treff der Gäste. "Für mich ist damit ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen", freute sich die 49-Jährige, die zum 7. Mal mit Staatsoperndirektor Dominique Meyer in das prachtvoll geschmückte Haus am Ring rief. Die Freude wurde kurz getrübt – und zwar durch eine Handgreiflichkeit um Talkmaster Johannes B. Kerner. Der verließ gerade die Loge des Baumeisters, als ihn ein Unbekannter anschrie: "Wer hat ihr Ticket bezahlt? Erklären Sie sich! Sie sind der neue Wulff!". Kerners Bekanntem riss die Geduld, es kam zum Gerangel – der Arzt wurde geholt.
Klatsch, Tratsch und Promis
Wenig internationale Stars, dafür viel heimische Promis planten heuer einen Besuch auf dem Ball der Bälle: Neben Kristina Sprenger, Dagmar Koller (nach 10 Jahren ihr Opernball-Comeback!), Gery Keszler, Birgit Sarata, Hubertus Hohenlohe und Harald Serafin zeigte sich Schauspielerin Sandra Cervik in Vivienne Westwood – ganz in Nude. Moderatorin Mirjam Weichselbraun, die mit Alfons Haider durch den Fernsehabend führte, kam mit Freund Ben Mawson, Vater ihrer fünf Monate alten Tochter Maja. Vor der Oper gab’s ein Abschiedsbussi, denn: "Leider habe ich keine Zeit, um ihm den Ball zu zeigen. Aber Ben ist mit seiner Familie aus England hier." Weichselbrauns Schwester Melanie Binder, die ab 7. März als "Dancing Star" auf dem Tanzparkett zu bewundern ist, fehlte hingegen: "Meine Schwester passt heute auf unsere Kleine auf."
Opernsänger Michael Schade – er sang neben Anita Hartig und Margarita Gritskova bei der feierlichen Eröffnung – zeigte sich überglücklich, mit seinen drei Damen über den roten Teppich schreiten zu können: Neben Ehefrau Dee McKee waren auch zwei seiner drei Töchter, Ellie (20) und Jane (17), aus Kanada angereist. "Unsere Jüngste ist sieben Jahre alt, sie wird ab dem nächsten Jahr in Wien in die Schule gehen. Mein Traum ist, dass sie einmal den Opernball eröffnet." "Last Minute" eilte der deutsche Comedian Oliver Pocher – solo – als Letzter über den Red Carpet in die Oper. Der einzige US-Star, der gegen eine kolportierte Gage von 250.000 Euro an der Seite von "Mörtl" Richard Lugner glänzen sollte, gab sich sperrig. Kim Kardashian schwänzte Lugners Opernball-Dinner und Fototermin. Dann schwieg sie viel und verließ den Ball gegen 23.30 Uhr.
Die schönsten Roben
Sehr klein, aber fein war die Runde der Polit-Größen, die beim 58. Opernball antanzte. Zwar glänzten die meisten Minister durch Abwesenheit. Ein Novum in der Ballgeschichte lieferte vor allem Sebastian Kurz: Erstmals fehlte der Außenminister auf dem Staatsball und lud daher auch keine internationalen Gäste ein. Bundespräsident Heinz Fischer und Ehefrau Margit sprangen ein.
Das First Couple begrüßte in seiner Loge den Ex-Generalsekretär der Vereinten Nationen und Friedensnobelpreisträger Kofi Annan mit Ehefrau Nane. "Es ist das erste Mal, dass ich eine Persönlichkeit aus Afrika zu Gast am Opernball habe", so Fischer mit einigem Stolz. Wieder dabei, nachdem – oder weil – er im Vorjahr verhindert war: Kanzler Werner Faymann mit Ehefrau Martina. In der Loge von Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger waren die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Viviane Reding und Othmar Karas zu Gast. Von den SP-Ministern walzten noch Josef Ostermayer und Doris Bures übers Parkett.
Stärker vertreten war diesmal die Wirtschaftsprominenz mit Kammer-Boss Christoph Leitl, der die neue US-Botschafterin Alex Wesner und EU-Kommissar Johannes Hahn in seiner Loge bewirtete. Weiters tummelten sich Generalanwalt & RZB-Chef Walter Rothensteiner sowie Holding-NÖ-General Klaus Buchleitner und RLB-OÖ-Chef Heinrich Schaller. Der Casinos-Austria-Chef Karl Stoss feierte mit TV-Star Vera Russwurm und Top-Koch Johann Lafer. In gleich drei Logen versammelte Investor Ronny Pecik seine Gäste um sich. Für den nötigen Glamour sorgte dabei Marina Giori-Swarovski mit echtem Schmuck. Von der Bank Austria kamen Aufsichtsrat-Chef Erich Hampel und Vorstands-Boss Willi Cernko. Bei OMV-Boss Gerhard Roiss sprudelte Champagner statt Öl. Sigi Wolf, Chef bei Deripalska, feierte ebenso wie PR-Profi Wolfgang Rosam und "Hofer"-Boss Günther Helm .
Mehr als drei Stunden Live-Übertragung vom Opernball sind Jahr für Jahr eine anspruchsvolle Angelegenheit. Da entstehen freilich Hoppalas, Übersetzungsfehler, aber auch flotte Sprüche, die das große Staatsgewalze auflockern. Der ORF vertraute beim Interview-Marathon wie im Vorjahr auf Alfons Haider und Mirjam Weichselbraun, sowie Kultur-Lady Barbara Rett. Im stillen Kämmerlein saßen erneut Karl Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwitz an den Mikrofonen.
KURIER-Redakteur Dieter Chmelar nahm auf Twitter für @KURIER_MENSCHEN die Opernball-Übertragung unter die Lupe.
Chmelars Twitter-Kommentare:
Dieter Chmelar: Sehr lustig, der Professor Antal Festetics in der Opernball-Doku: "Ich selber hätte mich nicht reingelassen."
Dieter Chmelar selbst brachte eine "Top 20" der besten Opernball-Zitate via Twitter. Die Nummer 1:
„Ich kann mir net helfen, aber wenn ich da von der Mittelloge aus runterschau, dann denk ich an Karl Kraus und 'die letzten Tage der Menschheit' " (Helmuth Lohner, 2001)
Ab 21:10 ging es hinaus auf den Red Carpet vor der Wiener Staatsoper, wo Alfons Haider und Mirjam Weichselbraun die ankommenden Promis vors Mikro baten. Die Kommentare dazu:
Eitler, fader Opernball-Plakatmaler redet über seine Kunst, die er elendslang als Kunst beschreiben muss. Fast scho a Kunst ...
Warum ist Rudi Buchbinder eigentlich ein "Gentleman am Klavier"? Spielt er nur mit Handschuhen?
Haider zu Birgit Sarata: "Ich darf ja nicht so leicht duzen." Sarata reagiert verduzt.
Zur Leistung von Barbara Rett, die derweil in der Staatsoper Künstlerinterviews führte:
Bin weder verwandt noch verschwägert mit Barbara Rett, aber ich ziehe den Hut: Elegant, gebildet, gewinnend. ORF-Botschafterin.
Noch besser gefielen unserem Twitter-Kommentator die Sager von Hohenlohe und Trenkwitz:
Trenkwitz: "Das sind keine echten Blumen, darf ich das verraten?" - Hohenlohe: "Nein." Humor extra dry am #Opernball
Grandiose Selbstironie - Karl Hohenlohe über Cousin Hubertus: "Eigentlich bin ich sein Onkel. Inzest auf höchstem Niveau."
Was wir bei der Opernball-Eröffnung wieder einmal deutlich erkennen: Kinder von Prominenten sind einfach schöner.
Wann kommt endlich der Holender auf der Kutsche herein und singt ein bisserl was? Frage für eine Freundesrunde
Zum Eröffnungswalzer "An der schönen blauen Donau":
Schmetterlinge im Bauch der Oper. Mühle auf, Mühle zu. Hohenlohe: "Sie spielen unser Lied!" - Alles Walzer-Ruf ging unter.
Seitenblicke in die Logen:
Wie schlecht geht's bitte Oliver Pocher? Muss er wirklich in der Lugner-Loge um ein Platzi winseln? Oder tut er das beruflich?
Desirée Treichl-Stürgkh gibt immer wieder jungen österr. Designern eine Chance, nennt aber sicherheitshalber keinen Namen.
Die Logen-Interviews brachten nicht gerade die prickelndsten Unterhaltungen. Die Ausnahme: die langjährige Opernball-Organisatorin Lotte Tobisch.
Was für eine wunderbare Frau und unprätentiöse ECHTE Dame: Lotte Tobisch. Demnächst NEUNZIG. Unfassbar!
Die Mutter von Kim Kardashian ginge auch als bulgarische Kugelstoßerin durch. Das Fräulein Tochter schiebt dafür a ruhige Kugel.
Pocher spricht völlig akzentfreies Englisch. Ohne jeden Akzent Englisch nämlich.
Wo war der Reibach für Lugner auf diesem Opernball? - Kim versetzte ihn gestern, er kam kaum ins Bild. Kein Wörtel vom Mörtel!
Starkoch Lafer gibt seinen Senf zu den Würsteln um 10 Euro dazu. In Wien gilt man als"Kren", wenn man sowas Teures kauft.
Vielleicht der Satz des Abends:
Alfons Haider über Debütant Felix Kammerer: "Er bringt uns auf die Realität des Bodens zurück." Nur nicht den Sand in den Kopf stecken.