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Josef Penninger: „Mich ärgert das Zwergendenken“

Neue Therapien gegen Krebs und seltene Krankheiten, der Einsatz von Stammzellen: Das sind nur einige der Schwerpunkte des IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie). 2003 kehrte der österreichische Top-Forscher Josef Penninger aus Kanada nach Österreich zurück, um die wissenschaftliche Leitung zu übernehmen. Heute, Mittwoch, feiert das IMBA sein 10-Jahr-Jubiläum.

KURIER: Haben Sie es bereut, zurückgekommen zu sein?

Josef Penninger: Manchmal schon, denn es gab sehr schwierige Phasen. Aber mit meiner Innviertler Dickschädeligkeit und der Hilfe wichtiger Unterstützer haben wirden Aufbau des Instituts durchgezogen.Vor zwei Jahren hatte ich ein unterschriftsreifes Angebot aus Sydney, Australien – mit Haus am Meer. Das wäre auch nicht schlecht gewesen, im Urlaub dann beim Great Barrier Reef zu tauchen. Ich habe mich aber entschieden, in Österreich zu bleiben, da unser Budget erhöht wurde. Außerdem ist das IMBA mein ,Baby‘. Wir haben 58 Publikationen in den wichtigsten Fachjournalen Cell, Nature und Science veröffentlicht – wir müssen uns vor niemandem in der Welt verstecken. Momentan bin ich froh, hier zu sein, weil wir uns hier ein Paradies aufgebaut haben, das natürlich hart erkämpft werden musste und um das wir weiter hart kämpfen müssen. Aber meinen Kollegen von US-Universitäten wie Harvard oder Stanford bestätigen uns, dass sich der Einsatz gelohnt hat.

Die US-Regierung hat Ihnen 5,7 Mio. Euro für die Brustkrebsforschung zur Verfügung gestellt.

Unsere große Vision ist, Brustkrebs zu verhindern – und zwar bei Frauen mit einem hohen Risiko, etwa weil sie wie Angelina Jolie Trägerin eines Brustkrebsgens sind. Die Amerikaner sind aus zwei Gründen auf uns aufmerksam geworden: Wir konnten bei Mäusen zeigen, wie Sexualhormone Brustkrebs auslösen – ein spezielles Protein (RANKL) spielt dabei eine entscheidende Rolle. Ein Medikament, das dieses Protein blockiert, ist bereits gegen Osteoporose zugelassen. Wir wollen dieses Präparat auch für die Brustkrebsvorsorge testen und sind dazu in Gesprächen mit einer großen Pharmafirma.

Und der zweite Grund für das Interesse der Amerikaner?

Mein Stellvertreter Jürgen Knoblich – einer der besten Stammzellforscher der Welt – und ich wollen mit unseren Teams in Wien ein internationales Stammzellzentrum errichten. Wir haben etwa eine Technik entwickelt, wie wir Stammzellen mit nur einem Chromosomensatz statt normalerweise zwei (je einer von Vater und Mutter, Anm.) erzeugen können. Dadurch ist in diesen Zellen jedes Gen nur einmal vorhanden. Dies ermöglicht es uns, sehr rasch Zellen mit Mutationen verschiedener Gene herzustellen. Diese Zellen frieren wir ein und wollen sie Wissenschaftlern, die etwa die Funktion eines ganz bestimmten Gens erforschen, zur Verfügung stellen. Damit kann ich z. B. testen, bei welcher Gen-Mutation ein Medikament besonders gut wirkt, bei welcher nicht. Kollegen aus Harvard und aus China sind sehr interessiert, mit uns zusammenzuarbeiten. Die Zeit ist reif für so ein Stammzellzentrum.

Sie sind in der Champions League der Forschung. Kann sich das IMBA dort halten?

Wir haben sehr gute Leute, die uns so weit gebracht haben. Um langfristig erfolgreich sein zu können sind wir aber noch immer zu klein. Es ist wie im Fußball: Wenn sich in einem kleinen Verein ein oder zwei der Top-Spieler verletzen, steigt er sofort wieder ab.Wenn sich bei Bayern München oder Barcelona ein Top-Spieler verletzt, merkt das in der Regel keiner. Um in der Champions League bleiben zu können, ist mein Ziel für die nächsten zehn Jahre, die Größe unseres Instituts zu verdoppeln.

Wie steht es generell um die Forschung in Österreich?

Das IMBA, unser Partner IMP (Institut für Molekulare Pathologie), das ganze Vienna Biocenter haben sich sehr gut entwickelt. Man sollte aber aufhören zu glauben, dass auch alle Universitäten Weltklasse werden können. Österreich bräuchte rund zehn große, langfristig geförderte Elite-Institute – auch aus anderen Bereichen wie Physik, Mathematik, den Geisteswissenschaften. Diese sollten die besten jungen Talente aus der ganzen Welt zu uns bringen. Werden diese Institute gut in die heimische Forschungslandschaft integriert, könnten von diesen Top-Leuten etliche auch an die Unis wechseln und dort hineinwirken. Was mich an Österreich oft ärgert ist das Zwergendenken: ,Das brauchen wir alles nicht, wir haben eh schon zwei, drei gute Institute.‘ Aber das reicht nicht. Ich habe leider oft gesehen, dass fantastische österreichische Forscher in den USA sehr gute Arbeit geleistet haben, dann zurückkamen und im System stecken blieben. Diese Spitzenleute müssten wir so fördern, dass sie in Ruhe über mehrere Jahre ihre Programme entwickeln können.

Wie könnte das in Zukunft finanziert werden?

Man könnte der Bankenabgabe ein Mascherl verpassen: Dass mit der Hälfte dieser Abgabe innovative Forschung und die besten Talente im Land gefördert werden – das wäre ein Vision. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das auch für die Banken ein positives Signal für ihr Image wäre. Es ginge dabei ja ohnehin nur um rund 200 Millionen Euro, das ist leicht in dieser Abgabe drinnen. Eine Abgabe, die irgendwo versickert, macht keinen Sinn.