Die Galeristen Martin und Claudia Suppan luden Carl Djerassi zum Dinner. Ein gelungener Abend.
Beim Dinner im Hause der Galeristen Martin und Claudia Suppan fühlt sich Carl Djerassi sichtlich wohl. Vielleicht auch deshalb, weil das Wort „Anti-Baby-Pille“ bei der kleinen Gästeschar kaum fällt. Wo immer der emeritierte Chemieprofessor der Universität Stanford hinkommt, wird er sofort auf seine revolutionäre Erfindung angesprochen. Die stammt aus einem anderen Leben – damals war er 27 Jahre jung.
Heute hat der Sohn eines jüdischen Ärzte-Ehepaars, der „in Wien geboren und aus Wien hinaus geschmissen wurde“, ganz andere Interessen. 89 ist er. Und kein bisschen leise. Er schreibt Romane, Gedichte und Theaterstücke, ist ein Kunst-Mäzen und -Sammler. Die Filmproduzenten Purzl und Inge Klingohr hängen genauso an seinen Lippen wie Pfizer-Chef Robin Rumler und seine Frau Regina Preloznik. Frauen und Liebe sind sein großes Thema – in seinem Leben, in seinen Büchern und auch in den Erzählungen an diesem Abend.
Mit der österreichischen Biochemikerin Gabriele Seethaler verbindet ihn die Kunst, nicht die Wissenschaft. In ihrer Ausstellung („Immortal Identities“ ist noch bis 6. 12. in der Galerie Suppan Contemporary, Habsburgergasse 5) ist auch ein Djerassi-Porträt zu sehen. Seethaler: „Wir haben das Buch, ,Vier Juden auf dem Parnass’ gemeinsam gemacht.“
Mit Ehrendoktoraten wurde Djerassi bisher überhäuft. „Am 12. Dezember bekomme ich von der Universität Wien den ersten Doktortitel der Medizin“, freut sich „die Mutter der Pille“, wie er sich nennt. Die wichtigste Auszeichnung, der Nobelpreis, blieb jedoch aus. Ob ihn das sehr enttäuschte? Der sonst so wortgewaltige und redselige Schriftsteller weicht der Frage aus, macht lieber „Propaganda“ für das Buch seiner 2007 an Krebs verstorbenen Frau Diane Middlebrook, „Der junge Ovid – Eine unvollständige Biografie“. Er wird es in zwei Wochen in der Albertina vorstellen. Klaus Albrecht Schröder rollt dem Kunstsammler gerne den roten Teppich aus. Hat doch Djerassi die Hälfte seiner 150 Paul-Klee-Werke der Albertina vermacht.
Stundenlang könnte man den Worten des Chemikers und Künstlers lauschen. Wenn er über seinen Schmerz nach dem Selbstmord seiner Tochter (vor 34 Jahren) erzählt. Wenn er von seinem gescheiten, feschen, charmanten 27-jährigen Sohn seines Sohnes schwärmt. Wenn er aus seinem lyrischen Tagebuch vorliest: „Meine Muse ist Groll, das Gedicht ist die Rache...“. Er begann 1988 zu schreiben, „weil sich die große Liebe meines Lebens in einen anderen verliebt hat“. Später wurde Diane seine Frau.
„Faszinierend sein Geist, sein Humor und sein unverkennbarer Wiener Charme“, resümiert KURIER–Kolumnist Georg Markus am Ende eines inspirierenden Abends.