Echt „phett“, Beth!
Searcy im US-Bundesstaat Arkansas, Februar 1981. In jenem gottverlassenen Nest, in dem sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, wird Mary Beth Patterson geboren – auf schöne Gute-Nacht-Geschichten wartet die Kleine vergebens. „Ich komme aus einem ärmlichen und von Gewalt geprägten Elternhaus tief im ländlichen Nichts, wo die Männer toten Eichhörnchen das Gehirn als Delikatesse durch die Schnauze saugen und die Frauen zu früh und zu viele Kinder bekommen“, erzählt Beth Ditto in ihrer soeben auf Deutsch erschienen Biografie „Heavy Cross“ (Heyne, 16,99 Euro) .
Freitag, tritt die Stimm- Urgewalt in der Bank-Austria-Halle im Wiener Gasometer auf (Restkarten: www.oeticket.com) .
Was ist so faszinierend an diesem, wie sie selbst sagt, „kleinen, dicken, lesbischen Mädchen“? Die unvergleichliche Stimme. Gott mag beim Verteilen ihrer körperlichen Vorzüge vielleicht gerade ein wenig abgelenkt gewesen sein, aber bei den Stimmbändern zeigte er Gerechtigkeit. Doch wo war Gott, als die junge Mary Beth ihn dringend benötigt hätte? „Die Kindesmisshandlung in meiner Familie war auf unmerkliche Weise einfach da, wie das ständige Brummen eines Kühlschrank, das man gar nicht mehr bewusst wahrnimmt. Sexueller Missbrauch reichte bei uns so weit zurück, dass man Ahnenforschung hätte betreiben müssen.“
Angst vor Dicken
Ein Kind der Liebe. Dieses Geschöpf wird schöne Gute-Nacht-Geschichten garantiert nicht missen.
„Übergewicht ist gefährlicher als Magersucht“, tönte Modezar Karl Lagerfeld vor Kurzem. Doch während bei einer Chanel-Show knochige Models über den Laufsteg klapperten, sang Beth Ditto – Vollweib und als Lagerfelds neue Muse präsentiert. Sie aber konterte: „Muse? Das ist die größte Lüge, die jemals verbreitet wurde.“ Nachdem Lagerfeld sich über Kollegin Adeles Figur echauffierte, erwiderte Ditto: „Er ist doch nicht Jesus, nur ein abgemagerter älterer Herr, der sich in viel zu enge Klamotten zwängt.“
Die Beth-Bewegung
Die „Gossip“-Sängerin sang zwar bei Chanel, eröffnete aber als Model für Jean Paul Gaultier die Frühjahr/Sommer Kollektion 2011 – in einem Cut-Out-Kleid im Bondage-Look. Ein gigantischer Auftritt, absolut authentisch. Die quirlige Amerikanerin hat Spaß an der Mode, liebt es schrill, bunt und unkonventionell. 2009 entwarf sie Plus-Size-Mode (Größe 40–58) für ein britisches Kaufhaus, Leggings inklusive – die Kollektion war ein bombastischer Erfolg. Ihr schräger Look strotzt vor Selbstbewusstsein, und genau das machte sie zur Stilikone und in Folge 2012 sogar zum Gesicht der Beautymarke MAC.
Geheimnis
Etwas Tradition darf es für die Sängerin dann aber doch sein, wie etwa zu Weihnachten oder beim Hochzeitskleid. Ihr Freund und Stylist Frédéric Baldo wird es nach ihren Wünschen entwerfen: aus Spitze und ganz in Weiß.