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Die Schönborn-Brüder

Unterschiedlicher, sollte man meinen, könnten zwei Brüder nicht sein. Kardinal der eine und Schauspieler der andere. Hier tiefe Religiosität, dort das Leben eines heiteren Gauklers, der im Vorjahr als „Dancing Star“ Furore machte. Und doch verbin-det Christoph und Michael Schönborn weit mehr, als man vermuten würde.

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Eigentlich wollte Michael Schönborn dieses Interview nicht geben, weil er verärgert ist, dass seine 92-jährige Mutter, während in Rom das Konklave stattfand, zitiert wurde, dass sie glücklich wäre, wenn ihr Sohn nicht Papst würde. „Das war eine unseriöse Geschichte, meine Mutter hat mit einer Dame geredet, die dieses Gespräch unautorisiert an die Kleine Zeitung weitergeleitet hat, und das wurde dann in aller Welt zitiert.

Drei Brüder

Michael (58) und Christoph (68) – aber auch ihr dritter Bruder Philipp (70), der als Fotograf in München lebt – haben eine enge Beziehung zueinander, auch wenn jeder für sich in einer ganz anderen Welt lebt. „Ich bin ein gläubiger Mensch“, sagt Michael, aber mit dem Praktizieren ist das nicht so wie es sein sollte, ich gehe jedenfalls nicht jeden Sonntag in die Kirche.“

Eine Ermahnung seines Bruders hat es deshalb nie gegeben, auch nicht, weil Michael – wie schon seine Eltern es waren – geschieden ist. Der Schauspieler sieht sich „natürlich als liberaler und nicht als konservativer Katholik“, will aber nicht darüber urteilen, wo sein Bruder Christoph in dieser Skala steht. Auch zu Themen wie Zölibat, die Rolle der Frauen in der Kirche oder die Wiederverheiratung Geschiedener möchte Michael nichts sagen. „Wen soll denn da bitte sehr meine Meinung interessieren?“

In den Gesprächen mit dem Kardinal seien das ebenfalls keine Themen, „wir reden über das Leben und die Kunst. Mein Bruder findet meinen Beruf spannend und ist sehr interessiert daran.“

Fall Jägerstätter

Als Michael Schönborn fast zwei Jahre lang in 300 Vorstellungen in dem Musical „Sister Act“ im Wiener Ronacher einen Monsignore spielte, kam Christoph zwei Mal ins Theater. Und bald wird der Kardinal wieder Gelegenheit haben, seinen jüngeren Bruder auf der Bühne zu sehen:

Josefstädter Theater

„Ende April komme ich nach Wien und beginne am Theater in der Josefstadt mit den Proben zu einem Stück von Felix Mitterer, in dem es um den katholischen Widerstandskämpfer und Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter geht.“ Michael Schönborn ist darin in zwei Rollen zu sehen, Premiere ist am 20. Juni.

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Davor dreht Schönborn noch in Deutschland einen Fernsehfilm über die Spiegel-Affäre. Es geht darin um die Auseinandersetzung des damaligen Verteidigungsministers Franz Joseph Strauß mit dem Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein. Michael Schönborn spielt einen engen Vertrauten des CSU-Politikers.

Die drei Brüder haben erst relativ spät zueinander gefunden. „Wir sind in Bludenz und Schruns in Vorarlberg aufgewachsen, aber ich bin recht früh in ein Internat nach Deutschland gekommen, insofern sind wir ganz verschiedene Wege gegangen.“

Keine Partys

Ob sein Bruder, der Kardinal, je das Leben eines ausgelassenen jungen Mannes mit Partys und Disco-Besuchen geführt hat?

„Nein“, erklärt Michael Schönborn, „dazu hatte er keine Gelegenheit. Er ist doch gleich nach der Matura mit 18 Jahren ins Dominikanerkloster gegangen.“

Für beide Brüder standen ihre Lebenswege schon sehr früh fest: „Ich habe mit zehn, elf Jahren in der Schule begonnen Theater zu spielen und Christoph wusste, seit er ministriert hat, wohin es mit ihm gehen sollte.“

Michael hat – auch wenn sein Weg ein ganz anderer ist – durchaus Verständnis für Christophs Entscheidung, Geistlicher geworden zu sein: „Er tut das ja freiwillig und er wusste ganz genau, worauf er sich einließ, als er ins Kloster ging.“

Und Tradition hat das auch in der Familie: Ein gutes Dutzend ihrer gräflichen Vorfahren waren Bischöfe.

Der Schönborn-Gruß

Seit dem Konklave haben die Brüder noch nicht miteinander gesprochen, aber sobald Christoph aus Rom zurück ist, werden sie wieder miteinander telefonieren. Und wenn dann die Proben im Theater in der Josefstadt beginnen, sehen sie einander wieder. Zur Begrüßung gibt’s den „Schönborn-Gruß“, mit dem sich die nähere Verwandtschaft durch Berührung der Stirn willkommen heißt. „Den Gruß hat unser Vater eingeführt, dahinter steckt ein kleines Familiengeheimnis.“