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Armin Wolf: "Dann weiß man halt, dass ich 'Mad Men' mag"

freizeit: Herr Wolf, der berühmteste Neuzugang auf Twitter heißt Warren Buffett. Folgen Sie ihm auf Twitter?

Armin Wolf: Natürlich. Schon alleine deshalb, weil er mit gerade mal zwei Tweets 430.000 Follower gewonnen hat. Der Mann versteht wirklich etwas von ‚Return on Investment‘.

Bis vor Kurzem waren Sie mit 80.000 Followern Österreichs Twitterer Nummer eins. Nun hat David Alaba Sie mit 134.000 eingeholt. Schmerzt das?

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Das ist mir wurscht. Ich mache das ja nicht, um die meisten Twitter-Follower zu haben. Mein ursprüngliches Motiv war, Werbung für die ZiB 2 zu machen, was aufgegangen ist. In jeder Twitter-Geschichte kommt mein Account vor. Und David Alaba hat mich zu Recht überholt. Er spielt viel besser Fußball als ich.

Interessiert Sie, was Herr Alaba auf Twitter schreibt?

Ich interessiere mich nicht für Fußball. Deshalb gibt es für mich wenig Grund, ihm zu folgen. Aber Herr Alaba bestätigt meine Theorie, warum ich so lange die meisten Follower hatte.

Wie lautet sie?

In Österreich gibt es keine Celebrity-Kultur. Die erfolgreichsten „Twitterati“ in den USA sind Stars aus der Musik- und Filmindustrie wie Lady Gaga oder Justin Bieber. Würden mehr prominente Österreicher wie Alaba twittern, wären viele erfolgreicher als ich. Aber wer sind denn die heimischen Superpromis? Niki Lauda und Richard Lugner, die beide nicht twittern. Bei uns gibt es eben kein Hollywood.

Sie haben vorhin gemeint, dass Sie aus Marketinggründen angefangen haben zu twittern. Weshalb noch?

Das Marketing ist mittlerweile das Unwichtigste. Für mich ist Twitter eine personalisierte Nachrichtenagentur geworden. Außerdem kann ich so sehr gut mit Zusehern kommunizieren. Ich glaube auch, dass der regelmäßige Dialog mit dem Publikum meinen Twitter-Account so erfolgreich macht. und Twitter eignet sich manchmal gut zur Recherche.

Sie haben Ihre Follower auch um Fragen gebeten, als Marcel Koller neuer Teamchef der Fußballnationalmannschaft wurde. Hat sich das bewährt?

Sehr. Vor diesen Interviews fürchte ich mich ja, weil ich von Sport keine Ahnung habe. Aus den 200 Fragen, die ich von meinen Followern bekommen habe, konnte ich das ganze Interview bestreiten.

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Wann haben Sie zuletzt von der Intelligenz der Masse profitiert?

Da gibt es viele Beispiele. Wenn ich an die jüngere Zeit denke, fällt mir der Satz „Im Zweifel sind wir für die Bienen“ von Vizekanzler Spindelegger ein. Ich wollte für meine Abmoderation von den Followern wissen, was „im Zweifel für die Bienen“ auf Latein heißt. Als HAK-Absolvent hatte ich kein Latein, dafür 200 Antworten innerhalb von zehn Minuten. Es heißt übrigens „In dubio pro apibus“.

Welcher Ihrer bisher 20.000 Tweets war der erfolgreichste?

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Ich habe einmal an einem heißen Tag ein Foto vertwittert, das zeigte, wie es unter dem Moderationstisch aussah. Ich hatte dort meine Füße in einem Wasserschaffel. Darauf gab es sehr viele Reaktionen. Meine liebste war: „Schöne Krawatte!“

Stört es Sie als politischen Menschen, dass Banales so gut ankommt?

Mein Gott, es stört mich auch, wenn es regnet. Das muss ich zur Kenntnis nehmen. So funktioniert menschliche Kommunikation. Wir unterhalten uns im Alltag auch öfter über Banales als über die Eurokrise. Nur über Ernstes zu reden, wäre auf Dauer sehr anstrengend. Twitter funktioniert wie ein normales Gespräch.

In Ihren Twitteranfängen 2008 haben Sie 30 Minuten pro Tag auf Twitter verbracht. Wie viel Zeit ist es heute?

Mittlerweile sind es schon zwei Stunden. Es ist das Zweite, was ich in der Früh mache – nach meinen E-Mails. Als ich begonnen habe, war Twitter in Österreich noch sehr klein. Jetzt ist es größer und es sind viel mehr interessante Leute dabei, denen ich folgen möchte. Das Problem sind dabei nicht die 140 Zeichen, sondern die vielen Links zu spannenden Artikeln. Sie stammen oft aus obskuren Fachzeitschriften, die ich sonst nie finden würde und sind manchmal 20 Seiten lang. Aber ich lerne dort so viel, dass die Vorteile überwiegen.

In einem Ö1-Beitrag wurden einmal Ihre privatesten Postings zusammengefasst. Seither weiß man, dass sie allergisch gegen Birkenpollen sind und vieles mehr. Dabei betonen Sie sehr gerne, wie wichtig Ihnen Privatsphäre ist. Passt das zusammen?

Ich habe schon einmal gesagt, dass ich so viel Privates nie in einem Interview verraten würde. Es hat mich schon erschreckt, was da zusammengekommen ist. Andrerseits: Wer macht sich im Normalfall die Mühe, Postings aus vier Jahren zu durchforsten? Mein Gott, dann weiß man halt, dass ich „Mad Men“ mag. Das würde ich sonst auch erzählen. Twitter ist eine Art öffentlicher Stammtisch. Aber ich bin seit elf Jahren im Fernsehen und habe noch nie eine Homestory gemacht. Das wäre mir zu privat.

Viele junge Menschen posten sehr intime Dinge wie Nacktfotos. Sehen Sie das als Journalist nicht kritisch?

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Ich habe noch kein Nackfoto von mir gepostet. Der Chef von Google, Eric Schmidt, hat einmal gesagt, dass junge Amerikaner möglicherweise einmal das Recht auf eine neue Identität bekommen werden, wenn sie volljährig sind – damit der ganze Unsinn, den sie als Jugendliche online gestellt haben, sie nicht ein ganzes Leben verfolgt. Es gibt auch die gegenteilige These, wonach so viele Menschen so viel Unsinn von sich online stellen, dass es in 20 Jahren keinen mehr interessiert, weil es so normal ist.

Glauben Sie das? Es gibt doch immer jemanden, der einem anderen eins auswischen will?

Ja gut, dann posten Sie halt ein Foto von jemandem, der auf einer Party betrunken war. Wer war das bitte in seinem Leben noch nicht? Okay ich, weil ich keinen Alkohol trinke.

Jetzt haben wir doch noch etwas Privates erfahren. Weiter so. Verzichten Sie im Urlaub auf Twitter?

Vor einigen Jahren habe ich einen dreiwöchigen Urlaub auf einem Schiff gemacht, wo es kein Internet gab. Das war sehr erholsam und ich habe „Krieg und Frieden“ gelesen, ein Buch, das ich 20 Jahre vor mir hergeschoben hatte.

Hat es sich gelohnt?

Total. Ein großartiges Buch.

Viele Leute sagen nach dem Urlaub ohne Zeitung und TV gerne: „Wir haben eh nix versäumt.“ Hatten Sie das Gefühl nach drei Wochen auch?

Angenommen, Sie wären die letzten zehn Jahre im Koma gewesen, was hätten Sie schon versäumt?

Den neuen Papst, die vielen Fleischskandale. Ich könnte mir zum Beispiel nicht erklären, warum vegane Ernährung plötzlich so in ist.

Gut, es gibt einen neuen Papst, was an meinem Leben genauso viel ändert wie die Fleischskandale. Selbst, wenn sich die ganze Welt vegan ernährt, würde ich immer noch ein Schnitzel essen. Abgesehen davon lese ich trotzdem gerne Zeitung, weil mich einfach interessiert, was auf der Welt passiert.

Wir leben in einer Welt, die sich schnell verändert. Wird es Twitter in einigen Jahren noch geben?

Vor fünf Jahren waren praktisch alle österreichischen Studenten auf „StudiVZ“. Jetzt gibt es eine Internetseite mit dem Titel „Wann stirbt StudiVZ“ und einem Countdown. Dort sehen Sie, dass „StudiVZ“ in zehn Monaten tot sein wird. Davor gab es den großen Hype um „MySpace“ oder „Second Life“, wo jeder seinen Avatar herumrennen ließ. Ich bin mir sicher, dass es „Social Media“ in 30 Jahren noch gibt, weil sie eine Funktion erfüllen, die es vorher nicht gab. Aber ob es Twitter in fünf Jahren noch gibt oder nicht: Wüsste ich das, würde ich eine Beratungsfirma aufmachen.

Was wäre mit dem ZiB-Job?

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Mein Job ist großartig, ich würde aber nicht sagen, dass ich ihn nie aufgeben würde. Statistisch habe ich noch eine Lebenserwartung von etwa 40 Jahren, aber ich glaube nicht, dass ich mit 86 noch moderieren werde – quasi als Giulio Andreotti der ZiB 2.

Das wäre doch interessant.

Stimmt. Da die Österreicher ja altern, könnten wir gemeinsam alt werden. Wäre eventuell einen Versuch wert.

Ihr letzter Tweet: Wie würde es aus heutiger Sicht lauten?

Auf Wiedersehen! Live long and prosper.

Armin Wolf auf Twitter: twitter.com/ArminWolf