„Wir sind weder Greuther Fürth noch Barcelona“
Viktor Szilagyi, 34, ist tief enttäuscht. Der Teamkapitän und Deutschland-Legionär hat am Wochenende gewonnen und ist doch mit einer Niederlage zum Nationalteam gereist, das heute (20.20 Uhr/live ORF Sport +) in Graz in der EM-Qualifikation Favorit Serbien fordert. Mit 2:9 haben die Fußballer des HSV gegen Bayern München verloren, Szilagyi ist glühender Fan der Hamburger. „Gegen keine Mannschaft der Welt darf ein Bundesliga-Team neun Tore bekommen“, ist Österreichs erfolgreichster Handballer der Geschichte überzeugt.
KURIER: Herr Szilagyi, haben Sie als Profi so etwas schon einmal selbst erlebt?
Viktor Szilagyi: Mein schlimmstes Spiel war 2008 die vorentscheidende WM-Qualifikationspartie gegen die Ukraine, die wir mit 15 Toren verloren haben. Man hat als Spieler eines Nationalteams oder eines großen Klubs wie dem HSV eine gewisse Verantwortung – den Fans, aber auch dem Klub gegenüber. So ein Debakel kannst du nicht mit einem Spiel wieder gutmachen.
Wie groß ist die Verantwortung am Mittwoch gegen Vizeeuropameister Serbien?
Ebenfalls groß. Aber die Serben müssen die Favoritenrolle annehmen. Wir haben 2010 bei der Heim-EM gegen sie gewonnen und aufgezeigt, aber die Serben haben danach mit der Olympia-Teilnahme und EM-Silber andere Highlights gesetzt. Man muss akzeptieren, dass sie sich in eine andere Richtung entwickelt haben als wir.
Wir konnten nie aus so einem großen Reservoir an Top-Spielern schöpfen wie etwa die Serben. Der Stamm der Heim-EM prägt auch heute noch unser Team. Das zeigt vielleicht, dass in den Jahren davor im Verband nicht immer perfekt gearbeitet worden ist. Die EM war der nötige Impuls. Die Signale aus den aktuellen Nachwuchsteams sind positiv, aber es dauert, bis die Lücke geschlossen ist.
Reisen Sie gern zum Team?
Auf jeden Fall. Insgesamt hat sich der Verband sehr professionalisiert. Das beweist, dass wir nun die großen Hallen in Österreich füllen. In den Qualifikationsspielen sind wir ausverkauft. Ich kenne das noch ganz anders. Aber ein kleiner Verband steht und fällt mit den sportlichen Ergebnissen. Wir sind gefordert. Was 2010 war, zählt heute nichts mehr.
In Fußball spricht man heutzutage oft von Spielphilosophie. Wie ist das denn im Handball?
Es gibt ganz klare Vorgaben. Wir haben nicht die großen Individualisten, unsere Stärken sind die Geschlossenheit und der Wille. Wenn das alles in einem Spiel zusammenpasst, dann hat es jedes Team der Welt schwer gegen uns. Greuther Fürth kann auch nicht Fußball spielen wie der FC Barcelona. Es ist für eine Mannschaft wichtig, dass sie weiß, was sie kann. Wir wissen: Wir sind weder Fürth noch Barcelona.
Sie sind in die 2. deutsche Liga zum Bergischen HC gegangen, um mehr Spielzeit zu bekommen. War der Schritt richtig?
Es war eine neue Erfahrung, aber jetzt reicht es dann wieder. Spieler und Teams sind taktisch schlechter ausgebildet, es kommt mehr auf den Instinkt an. Die zweite Liga war nie ein Ziel von mir, aber ich habe an das Projekt geglaubt. Und nun stehen wir vor dem Wiederaufstieg.