Sport/Wintersport

Der Kniefall der Skistars

Die gute Nachricht vorweg: Den ersten und einzigen Trainingslauf für die Kandahar-Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen (11.30 Uhr, live in ORFeins) haben alle 66 Läufer unversehrt überstanden. So eine Meldung hat fast schon Seltenheitswert in diesem Winter, in dem sich die Skiläufer reihenweise in den Krankenstand verabschieden.

Ted Ligety (Kreuzbandriss) ist das letzte prominente Opfer, und damit gehen dem Skisport langsam, aber sicher, die Superstars aus. Ein Blick auf die Siegerlisten der letzten beiden Großereignisse macht deutlich, wie sehr der Verletzungsteufel gewütet hat: Von den Weltmeistern des Jahres 2015 fahren nur noch Jean-Baptiste Grange, Marcel Hirscher und Hannes Reichelt; von den Olympiasiegern des Jahres 2014 nur Kjetil Jansrud.

Anna Fenninger, Doppelweltmeisterin und Doppel-Olympiasiegerin, musste die Saison mit einem Kreuzbandriss beenden, ehe sie begonnen hatte.

Mikaela Shiffrin, Weltmeisterin und Olympiasiegerin, arbeitet nach Innenbandriss und Haarriss im Schienbeinkopf am Comeback.

Die Abfahrer Matthias Mayer (Olympiasieger/Wirbelbrüche) und Patrick Küng (Weltmeister/entzündete Patellarsehne) haben die Saison ebenso vorzeitig beendet wie Kombi-Olympiasieger Sandro Viletta (Rückenprobleme, Knieprellung).

Dazu kommen Rücktritte (Dominique Gisin, Maria Höfl-Riesch, Mario Matt) und Auszeiten (Tina Maze) – bleibt ein Quartett übrig.

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"Skifahren ist ein Sport am Limit", weiß Marcel Hirscher, der bis auf einen Kahnbeinbruch am linken Fuß, der ihn um die WM 2011 brachte, von Verletzungen bisher verschont geblieben ist. "Aber dort spüre ich auch gewisse Verschleißerscheinungen", sagt der vierfache Gesamtweltcupsieger, dem in Kitzbühel sein Rivale Aksel Lund Svindal abhanden gekommen ist – Kreuzbandriss.

Abnutzungserscheinungen

Generell seien Abnutzungserscheinungen ein großes Thema im Leistungssport. "Bei uns spürst du früher oder später Knie und Rücken, das ist kaum zu vermeiden. Dafür gibt es bei uns nicht die Abnutzung in den Schultern wie etwa bei Turnern." Damit sich die Kräfte im Riesenslalom nicht so sehr auswirken, arbeitet Hirscher mit seinem Physiotherapeuten Alexander Fröis an der Stabilisierung von Rumpf und Rücken – das Mehr an Muskeln soll den Fliehkräften entgegenwirken.

"Für den Skisport ist es nie gut, wenn so ein klingender Name fehlt", sagt der Salzburger Hirscher angesichts des Ausfalls von Ted Ligety – bei den vergangenen 37 Weltcup-Riesentorläufen hieß der Sieger 31-mal Hirscher oder Ligety. Der Amerikaner hatte sich freilich schon seit November und einem Trainingssturz mit Rückenproblemen herumgeschlagen und war nicht auf der Höhe seiner Schaffenskraft.

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"Die aktuellen Riesenslalom-Skier erfordern einen enormen Kraftaufwand", sagt US-Alpinchef Patrick Riml, "es ist unglaublich, was die Burschen investieren. Und es ist unglaublich, dass sie mit den längeren Skiern jetzt Radien fahren, die sie mit dem alten Material nicht gefahren sind." Der Tiroler macht sich angesichts der Verletzungsmisere für ein Umdenken stark: "Es geht ums Spektakel, aber es geht auch um die Sicherheit der Athleten."

Hirscher in der Abfahrt

Nach den anstrengenden Österreich-Rennen in Kitzbühel und Schladming fühlt sich Marcel Hirscher ein wenig ausgepowert und ist deshalb gar nicht einmal so unglücklich darüber, dass der Weltcup kommende Woche einen Abstecher nach Fernost macht. In Südkorea könnte es sogar zu einer Premiere kommen: Als Vorbereitung auf den Super-G wird Hirscher in Jeongseon auch das Abfahrtstraining bestreiten – und er liebäugelt mit seinem ersten Start in einer Abfahrt.