Sport/Wintersport

Die Rückkehr der Superadler

Wenn man jetzt gemein wäre, könnte man Alexander Pointner Ahnungslosigkeit unterstellen. Immerhin war es der ehemalige ÖSV-Cheftrainer, der erst vor zwei Wochen in seiner Kolumne von den österreichischen Skispringern eine "Portion Siegeswillen" eingefordert hatte und die Frage aufwarf: "Wo ist der Erfolgshunger geblieben?"

In Oberstdorf präsentierten sich die gescholtenen österreichischen Springer nun so stark und dominant wie schon lange nicht mehr. Ja, der Auftritt beim Tournee-Auftakt erinnerte sogar ein wenig an die glorreichen Zeiten der Superadler, als die Österreicher nicht nur bei der Tournee einen Erfolg nach dem anderen eingeflogen hatten.

Drei ÖSV-Springer in den Top fünf, ein Duo auf dem Podest und als Krönung Stefan Kraft im Trikot des Tournee-Leaders. Der Pongauer überflügelte den polnischen Routinier Kamil Stoch und ließ mit seinem Triumph Erinnerungen an die Tournee 2014/’15 wach werden. Damals hatte der 23-Jährige mit einem Erfolg in Oberstdorf den Grundstein für den späteren Gesamtsieg gelegt. "Das ist einfach nur mega, mega, mega", jubelte Kraft.

Starkes Team

Den Pongauer hatten viele Experten auf ihrer Tournee-Rechnung. Zum einen, weil er als ehemaliger Champion genau weiß, worauf es bei dem Schanzenklassiker ankommt, zum anderen, weil er in diesem Winter ein Muster an Konstanz ist. Als einziger Springer landete der 23-Jährige in allen Bewerben in den Top Ten. "Ehrlich gesagt war ich vor diesem Bewerb schon ein bisschen nervös, die guten Sprünge geben mir extrem viel Sicherheit und Selbstvertrauen", sagte der Salzburger.

Stefan Kraft war freilich nicht der einzige Österreicher, der am Fuße der Schattenbergschanze strahlte. Die Mannschaft von Heinz Kuttin erbrachte nachhaltig den Beweis, dass die Führung in der Nationenwertung kein Zufall ist. Am Beispiel von Michael Hayböck, der rechtzeitig zur Tournee in Hochform gekommen ist und mit Rang drei aufzeigte. Und das nur wenige Wochen nach einer schmerzhaften Rückenverletzung. "Das war ein perfekter Tag für uns alle. Einfach genial", meinte Hayböck.

Fettner auf Rang 5

Im Jubel und Trubel um die beiden Zimmerkollegen Kraft und Hayböck ging der fünfte Rang von Manuel Fettner beinahe ein wenig unter. Dabei ist die Leistung des 31-Jährigen wohl von allen am höchsten einzuschätzen.

Auf seine alten Tage präsentiert sich der Routinier, der 2001 sein Tournee-Debüt gab, so stark wie noch nie. Und was noch erstaunlicher ist: Fettner hat sogar noch Luft nach oben, wie er selbst zugibt. Der erste Weltcupsieg des nimmermüden Tirolers scheint jedenfalls inzwischen nur mehr eine Frage der Zeit zu sein.

Mit diesem Auftakt nach Übermaß prolongierten die österreichischen Springer auf ihrer Lieblingsschanze in Oberstdorf auch eine Erfolgsserie. Seit der Tournee 2006 war noch ein jedes Mal ein Österreicher auf dem Siegerfoto zu sehen. "Dieser Auftakt macht mich extrem stolz", erklärte Cheftrainer Kuttin. "Hut ab, das war für uns ein Big Point und bringt Selbstvertrauen. Wir denken aber weiterhin nur von Springen zu Springen."