Sensations-Sieg von Christine Scheyer in Zauchensee
Von Stefan Sigwarth
Sie ist 22 Jahre jung, stammt aus Götzis, hat am Sportgymnasium in Dornbirn zusammen mit Snowboarder Alessandro Hämmerle maturiert – und ist seit Sonntagmittag einfache Weltcupsiegerin: Christine Scheyer feierte in ihrem zwölften Weltcup-Einsatz den ersten Sieg. Und gegen alle, die der Skizirkus derzeit so hergibt. Gegen Lindsey Vonn, gegen Lara Gut, selbst gegen die slowenische Speed-Saisondominatorin Ilka Stuhec.
"Ich lerne schnell", hatte Christine Scheyer am 16. Dezember in Val d’Isère zum KURIER gesagt, als sie in der Kombi-Abfahrt bereits mit dem fünften Platz aufgezeigt und diesen tags darauf mit Rang neun in der Spezialabfahrt bestätigt hatte. Nicht einmal einen Monat später steht sie nun ganz oben. "Das wird dauern, bis ich das realisiert habe."
Historisch
Dass ÖSV-Sportchef Hans Pum gar nicht mehr aufhören konnte zu lachen, als die Startnummer 25 mit der Bestzeit im Ziel war, hat einen guten Grund: Der bis Sonntag letzte Sieg einer Österreicherin datierte vom 16. März 2016, damals war Mirjam Puchner die Beste in der Abfahrt von St. Moritz; der letzte Sieg eines Vorarlbergers war jener von Christian Greber (Abfahrt Bormio, 28. Dezember 2001); und die letzte Vorarlbergerin war Anita Wachter (Riesenslalom Lienz, 28. Dezember 1999).
"Sie habe ich vielleicht sogar im Fernsehen gesehen, aber ganz sicher bin ich mir da nicht", gestand Christine Scheyer, die mit vier Schwestern im Rheintal aufgewachsen ist. Sie ist aber die einzige, die sich ganz dem Skisport verschrieben hat.
Schnell ans Ziel
"Es war schon ein Traum, im Weltcup fahren zu dürfen", gestand die B-Kader-Athletin, "ein Weltcupsieg war das Fernziel." Beiseite gelegt hat Scheyer ihre beruflichen Pläne ("Ich habe an der Fernuni in Hagen ein Studium der Wirtschaftswissenschaften begonnen"), das erworbene Wissen kann sie nun nutzen, um ihre knapp 42.000 Euro Preisgeld anzulegen.
Endergebnis:
1. | Christine Scheyer (AUT) | 1:21,15 | Min. |
2. | Tina Weirather (LIE) | 1:21,54 | +0,39 |
3. | Jacqueline Wiles (USA) | 1:21,69 | +0,54 |
4. | Lara Gut (SUI) | 1:21,70 | +0,55 |
5. | Ilka Stuhec (SLO) | 1:21,73 | +0,58 |
6. | Johanna Schnarf (ITA) | 1:22,30 | +1,15 |
7. | Nicole Schmidhofer (AUT) | 1:22,34 | +1,19 |
8. | Priska Nufer (SUI) | 1:22,38 | +1,23 |
9. | Nicol Delago (ITA) | 1:22,40 | +1,25 |
10. | Jasmine Flury (SUI) | 1:22,47 | +1,32 |
11. | Elena Fanchini (ITA) | 1:22,50 | +1,35 |
12. | Laurenne Ross (USA) | 1:22,58 | +1,43 |
13. | Lindsey Vonn (USA) | 1:22,69 | +1,54 |
14. | Joana Hählen (SUI) | 1:22,75 | +1,60 |
15. | Corinne Suter (SUI) | 1:22,81 | +1,66 |
16. | Breezy Johnson (USA) | 1:22,95 | +1,80 |
17. | Francesca Marsaglia (ITA) | 1:23,09 | +1,94 |
18. | Sofia Goggia (ITA) | 1:23,12 | +1,97 |
. | Mirjam Puchner (AUT) | 1:23,12 | +1,97 |
20. | Elisabeth Görgl (AUT) | 1:23,16 | +2,01 |
21. | Ragnhild Mowinckel (NOR) | 1:23,18 | +2,03 |
22. | Fabienne Suter (SUI) | 1:23,20 | +2,05 |
23. | Elena Curtoni (ITA) | 1:23,23 | +2,08 |
. | Stephanie Venier (AUT) | 1:23,23 | +2,08 |
. | Tiffany Gauthier (FRA) | 1:23,23 | +2,08 |
26. | Kajsa Kling (SWE) | 1:23,26 | +2,11 |
27. | Tamara Tippler (AUT) | 1:23,37 | +2,22 |
28. | Ramona Siebenhofer (AUT) | 1:23,42 | +2,27 |
29. | Stacey Cook (USA) | 1:23,51 | +2,36 |
. | Valerie Grenier (CAN) | 1:23,51 | +2,36 |
Weiter: | |||
31. | Rosina Schneeberger (AUT) | 1:23,59 | +2,44 |
33. | Sabrina Maier (AUT) | 1:23,73 | +2,58 |
Geboren am 18. Juli 1994
Wohnort: Götzis/Vorarlberg
Größe/Gewicht: 1,74 m/68 Kg
Familienstand: ledig
Ski/Schuhe/Bindung: Head
Verein: WSV Koblach
Im ÖSV-Kader seit 2013
Hobbys: Mountainbike, Tennis, Musik
Motto: "Trainiere hart, oder gehe heim"
Beruf: Skirennläuferin, Studentin der Wirtschafts-Wissenschaften
Weltcup-Debüt: 12. Dezember 2014 (Riesentorlauf Aare)
Erste Weltcup-Punkte: Februar 2016 Kombination Soldeu (23.)
Weltcup: 1 Sieg (15. Jänner 2017, Abfahrt Altenmarkt/Zauchensee)
Verletzungen: Kreuzbandrisse 2013 und 2015
39 Hundertstelsekunden hinter Christine Scheyer begann die Ursachenforschung. Wobei Tina Weirather angesichts eines ausgefransten Meniskus im Knie glückliche Zweite war. Jacqueline Wiles aus Portland im US-Bundesstaat Oregon feierte Platz drei, ihr bestes Karriereergebnis; die 24-Jährige war damit auch beste Amerikanerin.
Lindsey Vonn, die angekündigt hatte, "nicht um einen zehnten Platz zu fahren", landete mit 1,54 Sekunden auf Platz 13. "Ich muss wieder mein Timing finden und brauche mehr Selbstvertrauen", sagte die 32-Jährige. "Ich war ein bisschen nervös", und die schweren Stürze der Italienerin Nadia Fanchini (Oberarmfraktur, Bruch dreier Wirbelquerfortsätze) und der Ungarin Edit Miklos (u. a. Patella-Luxation im rechten Knie und Innenbandriss im linken) waren nicht hilfreich. Vonn grübelte über ihren Rückstand bei der ersten Zwischenzeit, "vielleicht liegt es an meinem Start", denn sie kann sich mit dem rechten Arm noch nicht wieder mit voller Kraft abstoßen – nach ihrem Oberarmbruch hat sie auch Probleme, die rechte Hand zu bewegen.
"Manchmal gibt es so komische Rennen", sagte Gesamtweltcupsiegerin Lara Gut, "aber ich bin immerhin Vierte und nicht Zwanzigste." Ilka Stuhec, die die ersten drei Saisonabfahrten gewonnen hatte, landete nach einer "nicht idealen Fahrt" auf Platz fünf. Der Grund: "Ich habe mich nicht ganz gut gefühlt."
Bestens fühlte sich hingegen Nicole Schmidhofer (7.). "Die Schwünge funktionieren wieder, jetzt kann ich mich meinen Problemen in den Gleitpassagen widmen", sagte die Steirerin. Ihrer siegreichen Teamkollegin gratulierte sie lachend: "Christine ist gefahren wie eine Halbirre."