Sehhilfe für Linz-Goalie LeNeveu
Von Peter Karlik
Es ist doppelt bitter für einen Eishockey-Profi, wenn er zum Zuschauen verdammt ist und nicht einmal das kann. David LeNeveu, einer der wahrscheinlich drei besten Torhüter in der Erste Bank Liga, kann seinem Beruf derzeit nicht nachgehen. Der Kanadier wird am Dienstag bei den Vienna Capitals wieder von Ersatzmann Lorenz Hirn vertreten werden.
Ob und wann der 29-jährige LeNeveu wieder zurückkommt, weiß niemand. Denn sein rechtes Auge ist mehr als nur lädiert.
Passiert ist es am 6. Jänner beim 4:2-Erfolg gegen Fehervar: Beim Stand von 0:0 hatte der Schwede Eric Johansson einen Schlagschuss abgegeben, der Puck traf mit weit über 100 Stundenkilometern den Linzer Keeper genau auf dem Gitterschutz seines Helms. LeNeveu ging wie ein Boxer zu Boden und klagte über Sehstörungen.
"Das Gitter war ramponiert", bestätigt Christian Perthaler. Der Linzer Manager weiß aber nicht, ob die Verletzung vom Gitter selbst stammt: "David hat am Lid und rund um das Auge keinerlei Schrammen." Möglicherweise verursachten kleine Eisstücke, die am Puck klebten, die Augenverletzung.
Das Problem
Im AKH Linz wurde ein Bluterguss festgestellt. Doch die Prognose, dass er bald wieder spielen könne, wenn sich der Blutstau auflöst, bewahrheitete sich nicht. Drei Tage später bekam LeNeveu so starke Kopfschmerzen, dass ihm im AKH bei einem Eingriff das Blut aus der Linse gewaschen werden musste. Gestern Früh war Perthaler mit LeNeveu wieder im Krankenhaus. "Er klagt über Übelkeit, Doppelbilder und grelles Licht. Grund ist, dass seine Pupille im Licht nicht kleiner wird", erklärt Perthaler. Ob sich das wieder normalisiert, ist nicht abzusehen.
Die Hoffnung
Die letzte Chance für LeNeveu ist eine Kontaktlinse, die wie eine Pupille aussieht und nur in der Mitte Licht durchlässt. "Wir haben die Linse in Auftrag gegeben. Sobald sie fertig ist, wird David damit aufs Eis gehen und sie testen", sagt Perthaler. "Der Primar im AKH und ich sind sehr optimistisch , dass es klappt."
Der aktuelle Fall könnte den Glauben vermitteln, dass Eishockey-Torhüter besonders gefährdet sind. Doch das Gegenteil ist der Fall: Der Tormann ist im Eishockey durch die bis zu 30 Kilogramm schwere Ausrüstung besser geschützt als zum Beispiel beim Handball oder sogar im Fußball. Besonders bei Schüssen von vorne passiert normalerweise nichts. "Ich habe so etwas selbst noch nie erlebt und auch noch nie davon gehört", sagte LeNeveu nach der gestrigen Untersuchung.
Sollte er mit der Kontaktlinse nicht wieder sehr gut sehen können, dann werden die Linzer trotz der zuletzt guten Leistungen von Ersatzmann Lorenz Hirn einen neuen Torhüter brauchen.
Der Puck
Die Scheibe aus Hartgummi ist 156 bis 170 Gramm schwer und hat einen Durchmesser von 7,62 Zentimeter. Fliegt ein Puck mit 150 Stundenkilometern in den Fanghandschuh eines Tormannes, muss dieser so viel Kraft aufwenden, als wäre die Scheibe 50 Kilogramm schwer. Eine Scheibe ist der Puck deshalb, weil die Kugel in der Anfangszeit des Eishockeys so sehr sprang, dass ein findiger Spieler einfach oben und unten die Rundungen abschnitt.
Die Spieler
Auf der 61 mal 30 Meter großen Eisfläche werden die Profis bis zu 50 km/h schnell. Jede vierte Verletzung betrifft mittlerweile den Kopf- und Nacken-Bereich. Vor allem Gehirnerschütterungen nehmen stark zu.
Dass die Verletzungsgefahr für Spieler nicht nur im Spiel hoch ist, zeigte der Ausflug der Vienna Capitals am Sonntag nach Znaim. Denn nachdem die Wiener mit dem 4:1 den Play-off-Einzug fixiert hatten, sorgte ein Flaschenwerfer aus dem Publikum für eine Schrecksekunde: Eine Cola-Flasche hatte Back-up-Keeper Matt Zaba beim Verabschieden von den Fans am Kopf getroffen.
Obwohl er nicht verletzt schien, musste der Torhüter das gestrige Training mit Kopfschmerzen abbrechen. Ein Spielbeobachter der Erste-Bank-Liga brachte den Vorfall zur Anzeige, ein Urteil der Rechtskommission kann bis zu einer Woche dauern. Genauso wie im Fall Villach: Beim 4:5 gegen den KAC explodierte am Sonntag ein Schweizer Kracher vor der Trainerbank des KAC. Eine misslungene Art, an den beim KAC gefeuerten Schweizer Trainer Christian Weber zu erinnern.
Schlagerspiel
Im Schlager gegen die Black Wings Linz am Dienstag wird wieder Fabian Weinhandl im Tor der Capitals stehen. Nicht einsetzen können die Capitals auch Kapitän Benoit Gratton, der nach einem Check über Kopfschmerzen klagte. Auch Stürmer Markus Schlacher fällt verletzt aus.
Eine besondere Partie wird es für zwei Capitals-Spieler, die letzte Saison mit den Linzern Meister wurden: Verteidiger Adrian Veideman und Stürmer Justin Keller. "Ich verbinde schöne Erinnerungen mit Linz, ich habe gute Freude dort", sagt Veideman. Keller sieht die Linzer unter Druck: "Sie brauchen noch jeden Punkt für die Play-off-Qualifikation, wir sind durch. Das macht es für uns sicher einfacher." Die Linzer werden wie zuletzt beim 1:0 gegen Salzburg auf eine solide Defensive setzen. "Jeder ist fokussiert und arbeitet hart. Ich hoffe, wir können diese Leistungen weiter fortsetzen", sagt Linz-Coach Rob Daum.