Franz Klammer: 40 Jahre nach Olympia-Gold
Von Wolfgang Winheim
Während ab heute von den Weltcup-Startern bereits für die 23., auf neuem südkoreanischen Gelände stattfindenden olympischen Winterspiele 2018 geprobt wird, ist noch einmal ein Rückblick auf die zwölften angebracht. Denn:
Vor 40 Jahren gewann Franz Klammer die Abfahrtsgoldene in Innsbruck. Als er Bernhard Russi um 33 Hundertstelsekunden besiegte. Jenen Schweizer Ski-Intellektuellen, der 1972 in Sapporo Olympiasieger geworden war und der soeben in Südkorea von der aktuellen Rennläufer-Generation Lob erntet. Weil Russi als FIS-Pistenarchitekt in Jeongseon eine olympische Abfahrtsstrecke anlegen ließ, die mit hohen Sprüngen – zumindest bei der ersten Inspektion – den Vorstellungen von Peter Fill, Erik Guay, Beat Feuz und Kollegen entspricht.
Schon im Dezember kamen Russi und Klammer, organisiert vom Schweizer Massenblatt Blick, zum Nostalgie-Treff auf den Patscherkofel. Dort, wo Klammer am 5. Februar 1976 dem hohen Erwartungsdruck bei Heim-Olympia standgehalten hatte. Vor 60.000, die im wahrsten Sinne des Wortes Zaungäste gewesen waren, zumal die Pistenbegrenzungen zu dieser Zeit noch aus Holzlatten bestanden hatten.
Er band die ihm zugelosten Startnummer 15 um seinen alten gelben Renndress. Die 15 ließ ihn auch nicht jubeln. Und nach einem Patzer beim Ochsenschlag-Sprung sah’s für ihn bei strahlendem Sonnenschein schon finster aus. "Da ist mir bewusst geworden, dass ich alles riskieren muss. Deshalb hab’ ich beim Bäreneck eine andere Linie gewählt." Heute noch meint der Franz, dass er damals den "besten Schwung meines Lebens" gefahren sei.
Seine Goldfahrt in Gelb hat er inzwischen "1000-mal gesehen". Und am morgigen 5. Februar werde es "wieder amol soweit sein". Klammer, 62, verbringt den Jubiläumstag in Lech. Als Promi-Guide kurvt er im Arlberger Tiefschnee mit 1,80er-Skiern herum. Bei seiner Olympiafahrt, die US-Medien ein Schnee-Rodeo nannten, war Klammer noch auf 2,23-Meter-Latten zu Gold geritten.
Die ABC-Übertragung verhalf dem Alpincowboy im sonst eher skiignoranten Nordamerika zu ungeahnter Popularität, zu Coverstorys und ... geschäftlichen Verbindungen. Heute noch ist eine Appartementanlage in Telluride nach ihm benannt. Und heute noch fliegt er alle Winter nach Colorado, wo sie ihm den roten Teppich ausrollen. So wie in Bad Kleinkirchheim. Wo’s eine Franz-Klammer-Piste gibt. Und wo Klammer 1971 mit einem Europacup-Sieg auffiel, nachdem Tirols Ski-Oberlehrer im ÖSV den Mooswalder Bauernbuam davor noch als "stilistisch untauglich" abqualifiziert hatten.
... dass ihr Papa dem ORF am 5. 2. 1976, als die Straßen zur Rennzeit völlig menschenleer waren, zu einem vermutlich bis heute unerreichten Einschaltziffern-Rekord verholfen hätte, wäre damals schon eine Quoten-Messung möglich gewesen;
... dass der Papa nur in seinen Weltcup-Anfängen schüchtern, bald aber auch ein Matador im Feiern war;
... und dass er im Finish seiner Karriere und erst recht danach für Reporter zum geschätzten Interviewpartner wurde, der ohne Schönfärberei sagt, was er denkt.
Und heute? "Da glauben alle, dass man überall Vollgas geben kann. Was meistens, aber net überall geht."
Siehe Kitzbühel.
Vor 60.000 Zuschauern lieferten sich die Skispringer Karl Schnabl und Toni Innauer am Bergisel ein heißes Duell um Gold auf der Großschanze. Der Doppelsieg wurde frenetisch gefeiert, denn damals war Österreich kein Land der Adler – zuvor hatte es in der Geschichte der Olympischen Spiele nur zwei Bronzemedaillen im Skispringen gegeben.
Es war ein Kampf gegen die DDR-Vormacht – und ein Duell der ersten Generation des Springer-Wunders, das Trainer Baldur Preiml schuf. Innauer war 102,5 Meter gesprungen, Schnabl nur 97,5. Als Toni Innauer zum zweiten Durchgang die Stiegen entlang der Schanze emporstieg, war er mit seinen Gedanken schon bei der Siegesfeier. Er würde neben Franz Klammer der Held der Nation sein. Und dann verhaute er den zweiten Sprung.
Oben auf dem Zitterbalken saß im zweiten Durchgang nur noch Schnabl. Mehrmals wollte sich der damals 21-jährige Kärntner abstoßen, doch im letzten Moment zog er immer wieder zurück. "Der richtige Zeitpunkt war nicht da. Erst nach 28 Sekunden bin ich losgefahren. Heute wäre ich schon längst disqualifiziert", erinnert sich Schnabl. Er flog bei verkürztem Anlauf auf 97 Meter und fing das 17-jährige Vorarlberger Wunderkind noch ab.
Zwei Jahre später beendete Schnabl seine Laufbahn, er studierte Medizin und ist heute Leiter des Sportmedizinischen Instituts in Klagenfurt. Innauer holte sich vier Jahre später Gold von der Normalschanze in Lake Placid. 1980 stürzte er schwer und beendete mit 22 seine Karriere. Er arbeitet als Berater, Seminartrainer, freier Autor und Journalist.