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Jim Boni: "Es ist ein Vergnügen mit diesem Team"

In Jim we trust", steht auf Transparenten der Capitals-Fans. Kein Wunder: Der 51-jährige Kanadier, der die Wiener 2005 zum Titel geführt hatte und am 23. Februar 2015 zurückkehrte, führte die Capitals überraschend ins Finale der Erste Bank Liga. In der heute in Salzburg beginnenden Best-of-seven-Serie sind die Wiener Außenseiter (19.30 Uhr, ServusTV). Jim Boni fühlt sich wohl in dieser Rolle.

KURIER: Man sieht Sie in den letzten Wochen sehr oft mit einem Lächeln. Was macht Sie glücklich?
Jim Boni.
Ich bin glücklich, wieder Trainer zu sein und mit jungen Menschen arbeiten zu können. Das hält mich auch jung. Und ich war sehr glücklich, dass ich wieder nach Wien kommen durfte. Aber natürlich: Wenn du gewinnst, ist es leichter, glücklich zu sein.


Um zurückkehren zu können, haben sie während der Saison alte Probleme mit Präsident Hans Schmid bereinigt, oder?
Ich habe zu Beginn meines Time-outs im Sommer Präsident Hans Schmid informiert, dass Interesse hätte, wenn es in zwei Jahren wieder eine Chance gäbe. Dann haben ich an einem Freitag im Februar ein Mail von Franz Kalla bekommen. Ein paar Stunden später haben wir telefoniert. Am nächsten Tag habe ich das Ticket gebucht, am Montag war ich in Wien. Es gab nichts zu verhandeln. Drei Wochen davor habe ich ein Angebot von Bozen gehabt. Aber zu dem Zeitpunkt war mein Vater noch im Krankenhaus.

In Kärnten waren Sie auch im Gespräch…
Beim KAC im Oktober. Aber das war mir noch zu früh. Zu Villach gab es auch Kontakte. Aber es war Bestimmung, dass ich wieder in Wien gelandet bin. Es passt hier einfach alles. Auch Köln wollte mich als Manager. Aber ich wollte wieder Trainer sein.

Wie schätzen Sie den aktuellen Finaleinzug in ihrer bisherigen Karriere ein?
Das war ja nicht mein Verdienst. Ich war ein Teil davon. Es war der Erfolg des Teams. Da steht eine gute Mannschaft auf dem Eis. Es hat sich eine Dynamik entwickelt. Die Caps sind eine Play-off-Mannschaft. Und ganz ehrlich: Unser Tormann Matt Zaba hat die beiden Serien gewonnen. Mein Anteil? Ja, ich habe den Spaß zurück gebracht. Ja, wir haben jetzt klare Strukturen. Das sind aber normale Sachen. Nur Routine.

Der Mannschaft fehlen zwei Top-Spielmacher. Mit so einem Team würden Sie nicht in die Saison gehen, oder?
Nein, wahrscheinlich nicht. Hut ab vor der Mannschaft, dass sie so weit kommt ohne einen Erstlinien-Center. Im Play-off ist aber nicht eins und eins gleich zwei. Da wachsen Spieler über sich hinaus. Jeder sagt, Linz hat nicht so gut gespielt gegen uns. Ich weiß nicht. Die Spiele waren alle knapp. Es ist ein Vergnügen, mit diesem Team zu arbeiten. Die Spieler geben alles. Das ist das Wichtigste. Als Coach, Manager, Präsident oder Fan – das ist alles, was du von einem Team verlangen kannst.

Sie haben den Spaß angedeutet. Wie haben Sie die Freude ins Spiel zurückgebracht?
Durch meine Auszeit habe ich sicher wieder viel Energie. Für mich ist es Spaß. Ich mache den Spielern nicht ständig Druck. Heutzutage kannst du nicht ständig fluchen und Schläger zertrümmern. Die Kids sind smarter geworden. Alle diese Spieler hatten schon sehr gute Trainer. Die sind nicht blöd. Ihnen kannst du nichts mehr vormachen.

Hat sich das in den letzten zehn Jahren verändert?
Sehr. Auch hier gibt es großartige Coaches wie Rob Daum in Linz. Es gibt viel mehr Vorbereitung. Heutzutage gewinnst du jene Spiele, auf die du gut vorbereitet bist. Wir haben gegen Linz einen Plan gehabt. Schau mal, wie viele Tore die Linzer Verteidiger erzielt haben. Das war unser Plan. Wenn es funktioniert, dann beginnen die Spieler zu glauben.

Welchen Anteil am Erfolg haben Mentalität und Talent?
Ich sage immer: Eishockey spielt sich 90 Prozent oberhalb der Schultern ab. Es gibt den Spruch: ,If talent doesn’t work, work beats talent.‘ Der hängt in vielen Kabinen. Ohne Disziplin und harte Arbeit hast du keine Chance, auch wenn du super talentiert bist.

Salzburg hat die talentiertesten Spieler und mit acht Finaleinzügen in zehn Jahren auch Siegermentalität. Wie stehen also die Chancen der Capitals?
Die Salzburger sind natürlich Favorit. Sie waren immer vorne. Aber: Wurden sie heuer schon richtig getestet? Wir werden sie testen. Im Finale interessiert es nicht, wie du im November gespielt hast. Es zählen jetzt nur die nächsten zwei Wochen. Meine Erfahrung sagt mir: Jeder kann jeden schlagen. Sie sind Favorit. Aber unschlagbar würde ich nicht sagen.

Wie erklärt man einem vom Fußball geprägten Sportfan, dass nach 54 Runden die Meisterschaft mit dem Play-off erst so richtig losgeht und auch der Achte den Titel holen kann?
Eishockey-Titel sind die am schwierigsten zu gewinnenden Titel. Nichts gegen Fußball. Das ist die Nummer eins auf der Welt. Aber lass’ die Bayern sieben Mal gegen Dortmund spielen. Dann kommt es nicht mehr nur auf das Talent an, sondern auch auf den Willen. Und es geht darum, wer auch mit Verletzungen spielen kann. Bei uns wird fitgespritzt, und am nächsten Abend spielst du wieder. Und keiner weiß etwas von deinem Bänderriss, deinem gebrochenen Finger oder deiner gebrochenen Zehe. Ich habe großen Respekt vor Eishockeyspielern. Nichts gegen den Fußball, aber es tut mir leid: Das sind verschiedene Welten.

Wie sieht es mit den Planungen für die nächste Saison aus?
Wir sind uns so gut wie einig. Wichtig ist für mich ein Einjahresvertrag. Ich will nur noch dort sein, wo ich sein will und nicht wo ich sein muss. Wenn alles passt, kann man ja verlängern. Ich bin jetzt 52 Jahre und will jedes Jahr genießen. Ich liebe Wien, aber vermisse meine Heimat brutal.

Es ist ein großes Thema, dass der letzte Titel in Wien ausgerechnet vor zehn Jahren mit Ihnen erreicht wurde. Ist das nicht auch ein wenig nervig?
Es ist schon ein wenig nervig. Der 12. April 2005 war einer der schönsten Momente in meinem ganzen Leben. Es war unglaublich, aber wir müssen in der Gegenwart bleiben. Wir haben noch was vor.