Sport/Wintersport

Diethart gewinnt Qualifikation in Garmisch

Ein einziger Sprung genügt oft bereits, und schon macht es klick und nichts ist mehr so, wie es vorher war. Wie von Geisterhand schwebt ein Skispringer dann plötzlich in anderen Sphären, und wo noch einen Sprung zuvor die ernste allgemeine Verunsicherung, da sind auf einmal Souveränität, Selbstvertrauen und Siegesgewissheit. Willkommen in der mysteriösen und faszinierenden Welt des Skispringens, diesem Sport, in dem nicht nur Senkrechtstarter kommen und gehen, sondern der vor allem eines ist: ein riesiges Abenteuer im Kopf.

„Oft brauchst du nur so ein Aha-Erlebnis, und dann geht alles von selbst“, erklärt Gregor Schlierenzauer, der derzeit ausnahmsweise auf der Suche nach seinem persönlichen Schlüsselmoment und dem Schalter für die Topform ist. „Am besten ist es, wenn du nicht viel nachdenkst. Dann sitzt du auf dem Balken und weißt, dass du jetzt einen super Sprung runtersetzt.“

Simon Ammann hat diesen Schalter offenbar über die Weihnachtsfeiertage gefunden. Dass der 32-Jährige in Garmisch (1. Jänner, 14 Uhr, live in ORFeins) als Tourneeleader ins neue Jahr abhebt, war nicht wirklich zu erwarten. Zu schwach waren die Ergebnisse bei der Generalprobe in Engelberg, zu oft hatte der Schweizer Adler mit der Tournee schon ein Hühnchen zu rupfen.

Sensibel

Bei seinem Erfolg in Oberstdorf präsentierte sich der Schweizer nun souverän wie zu seinen besten Zeiten. „ Jeder Skispringer ist in einer gewissen Art sensibel. Wenn es nicht läuft, dann macht man sich schnell verrückt. Aber wenn ein Springer in Form ist, dann macht er oft den Anschein, dass ihn überhaupt nichts umhauen kann“, so Ammann.

„Flow“ wird rund um den Schanzentisch dieser Zustand gerne genannt, den jeder Skispringer anstrebt. Doch nur wenige Adler kommen auch tatsächlich in den Genuss, einmal in ihrer Karriere ein solches Hochgefühl zu erleben. Senkrechtstarter Thomas Diethart schwebt gerade auf Wolke sieben, und der Niederösterreicher weiß selbst nicht genau, was im Moment mit ihm passiert. „Es läuft irgendwie alles automatisch ab, ich mach’ mir keinen Kopf darüber“, sagt der Dritte von Oberstdorf, der in der Qualifikation von Garmisch mit 141,5 Metern in einer eigenen Liga flog.

Wolfgang Loitzl weiß genau, wie sich sein junger Teamkollege gerade fühlt: Er war selbst einmal für kurze Zeit in solchen Sphären unterwegs, als er 2009 zum Tourneesieg flog. „Ich war damals wie in Trance und war mir sicher, dass ich einen guten Sprung auspacken würde. Der Tourneesieg war ein Selbstläufer“, erinnert sich Loitzl, der dieses Gefühl der Unbesiegbarkeit mittlerweile nur mehr aus den Erinnerungen kennt. „Leider kann man diesen Zustand nicht trainieren.“

Qualifikation fürs Neujahrsspringen
1. Thomas Diethart (AUT) 144,8 Punkte (141,5 m)
2. Kamil Stoch (POL) 142,5 (139,5)
3. Thomas Morgenstern (AUT) 138,5 (136,0)
4. Peter Prevc (SLO) 137,6 (138)
5. Robert Kranjec (SLO) 135,8 (136,5)
6. Anders Bardal (NOR) 135,6 (136,5)
7. Simon Ammann (SUI) 133,5 (135)
8. Michael Hayböck (AUT) 132,1 (134,5)
Weiter:
15. Gregor Schlierenzauer (AUT) 128,8 (132,5)
23. Andreas Kofler (AUT) 124,7 (128,0)
23. Wolfgang Loitzl (AUT) 124,7 (130,5)
25. Stefan Kraft (AUT) 124,0 (131,0)

Wichtigere K.o.-Paarungen: Markus Eisenbichler (GER) – Kraft Jarkko Määttä (FIN) – Kofler Jurij Tepes (SLO) – Loitzl Michael Neumayer (GER) – Schlierenzauer Andreas Wellinger (GER) – Hayböck Daniel Wenig (GER) - Simon Ammann (SUI) Sami Niemi (FIN) – Anders Bardal (NOR) Karl Geiger (GER) – Morgenstern Richard Freitag (GER) – Kamil Stoch (POL) Ronan Lamy Chappuis (FRA) - Diethart