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Caps-Präsident: "Ein Segen fürs Eishockey"

Seit zehn Tagen ist das Spiel der Graz 99ers in Wien ausverkauft. Ticketseller ist Österreichs Eishockey-Star Thomas Vanek, der sich während des Gehälterstreits in der NHL bei den Grazern fit hält und für einen Eishockeyboom in Österreich sorgt. Im Interview bestätigt Capitals-Präsident Hans Schmid, dass der NHL-Star der Buffalo Sabres zu haben gewesen wäre und begründet, warum er nicht zugegriffen hat.

KURIER: Die Capitals sind dank Thomas Vanek bei einem Spiel gegen Graz ausverkauft.  Vanek hätte auch gerne in Wien gespielt. Warum kommt er Freitag als Gegner?
Hans Schmid: Ich habe die Signale gehört und mir es sehr gut überlegt. Ich war zerrissen von der Tatsache, dass wir eine sehr  homogene Mannschaft haben und habe mich dagegen entschieden. Ob es vom Marketing gescheit war, weiß ich nicht. Da habe ich Zweifel an meiner Entscheidung. Sportlich war es richtig. Man sieht in Graz, dass Vanek alleine nichts bewegen kann.

Graz darf sich dank Vanek über Mehreinnahmen von zirka 250.000 Euro freuen ... 
Das wünsche ich Graz. Es profitieren auch andere Vereine. Wir sind seit zehn Tagen ausverkauft. Als kleines Dankeschön ist die Familie Vanek zum Spiel eingeladen.

Wenn der Lockout die gesamte Saison andauert, ist der KAC mit den Stars Gagner und Myers um eine Klasse stärker als wenn in der NHL gespielt wird. Ist das nicht Wettbewerbsverzerrung?
Nein, das ist ein Segen für das Eishockey. Wenn Salzburg und Linz auch Stars holen, ist mir das sehr recht. Das wertet die Liga auf. Außerdem werden die Jungen sehen, wo der Unterschied zu den NHL-Spielern ist. Mir wäre am liebsten, wenn jedes Jahr für ein paar Wochen Lockout wäre.

Verpflichten die Capitals auch noch einen NHL-Star?
Nein. Es werden uns ständig welche angeboten.Offensichtlich sind wir auf dem Spielermarkt eine gute Adresse.

"Bob Wren soll zu den Capitals zurück"

Am Freitag kommt Capitals-Legende Bob Wren als Graz-Spieler. Die Fanklubs werden ihn feiern. Gibt es eine eigene Ehrung für ihn?
Er hat damals schriftlich von mir eine Verabschiedung bekommen. Ich bin heute wieder zufällig über sein Interview gestolpert, in dem er gesagt hat, er würde nach seiner Karriere gerne im Wiener Nachwuchs arbeiten. Ich habe das auf die Agenda genommen.  Ich will, dass er zu uns kommt.

Letzte Saison war Wien im Grunddurchgang Achter. Heuer stehen die Capitals nach zwölf Runden so gut wie nie da.  
Vielleicht geht nach einer schweren Missernte die Saat heuer wieder auf. Aus Fehlern muss man lernen. Oder man macht Fehler, die Spaß machen. Dann soll man sie wiederholen. Aber letzte Saison  hatten wir null Spaß. Als erste Konsequenz haben wir Ex-NHL-Scout Bernd Freimüller geholt. Er ist ein unglaublicher Analytiker. Dass die Mannschaft so homogen ist, ist sicher ein großer Verdienst von Bernd Freimüller.  

Und Ihrer Geduld?
Es war auch ein kleiner Sieg der Ausdauer. In jedem anderen Verein wäre Tommy Samuelsson gekündigt worden. Offenbar hatten wir Spieler, die die angenehme Art des Trainers nicht honoriert haben. Jetzt haben wir eben die richtigen Spieler für ihn gefunden.

Es hat oft Konflikte zwischen Ihnen und dem Eishockey-Verband gegeben. Jetzt sind Sie Partner in der Austragung von Länderspielen in Wien. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Der Clinch war, weil der Verband die Liga dominiert hat und es wirklich eine Kärntner Partie war.  Der Kampf hat sich gelohnt, weil die Liga jetzt selbst dominant ist. Auch das Engagement der Erste Bank ist ein Segen. Es passieren gute Sachen im österreichischen Eishockey. Ich habe mich als Kritiker zurückgezogen, weil das ganze Projekt auf Schiene ist. Es gibt zum Beispiel endlich einen Trainer und einen Sportdirektor im Verband. Ich sehe große Fortschritte.

Es gab immer wieder Vorwürfe, die Capitals würden zu wenig für den Nachwuchs machen. Hat sich durch den Ausbau der Arena zum Eissportzentrum etwas gebessert?
Natürlich. Wir haben eine Eisfläche mehr. Es kann sich niemand über zu wenig Eiszeiten beschweren.  2012 waren wir mit drei Mannschaften österreichischer Meister, 2011 mit vier. Da sieht man die Früchte unserer Arbeit. Ich habe Trainer Tommy Samuelsson gesagt, dass wir jedes Jahr zwei, drei junge Spieler von unten heraufziehen. Das wäre eine gute Quote.

Angebot aus Russland

Wird Wien eine Leistungszentrum bekommen?
Es liegt auf der Hand, dass Wien soetwas braucht. Es gibt Gespräche mit Ministerien und Schulen. Ich würde gerne Niederösterreich und das Burgenland miteinbeziehen. Ich habe die Idee, dass man dort kleine, wirtschaftlich finanzierbare Eishallen baut. Dann entsteht dort etwas. Und Wien könnte das Zentrum dieses Eishockeylandes werden.

Ist es schwierig, die Halle wirtschaftlich zu führen?
Die Stadt Wien hat dort jedes Jahr viel Geld verloren. Wir betreiben sie jetzt selbst. Im vergangenen Jahr haben wir einen ordentlichen Verlust eingefahren. Heuer wird er schon geringer sein. Jetzt müssen wir unsere Halle professionell vermarkten. Im November werden wir jemanden dafür engagieren... Wir wollen die Familien noch mehr auf den Sportplatz bringen. Bei manchen Fußballklubs wurden sie vertrieben durch Vorfälle wie beim Derby zum Beispiel. Auch bei uns gab es Anfänge. Dann sind die Fanklub-Präsidenten zu mir gekommen und wir haben diese Leute mithilfe der Polizei aus der Halle geschmissen. Denen war Eishockey egal. Die wollten nur randalieren. Die haben Hallenverbot. Wehret den Anfängen! Wir haben fast 40 Prozent Frauen und Jugendliche in der Halle. Das ist unsere Zukunft.

Apropos Zukunft: Bratislava spielt vor den Toren Wiens in der russischen Liga mit. Ist die KHL eine Überlegung wert?
Vor fünf Jahren wollten sie uns haben. Die Anforderungen waren eine Arena mit 6000 Plätzen und 10 Millionen Dollar Budget, wobei Gelder aus Russland gekommen wären. Finanziell wäre es möglich gewesen. Ich tendiere jetzt zur European Trophy, die wie die Champions League neben der Meisterschaft gespielt wird. Ich habe Angst, dass wir gegen Magnitogorsk nur 2000 Zuschauer haben. Anders bei Köln, Zürich oder Mannheim. Die NHL hat auch schon einmal die Fühler nach Europa ausgestreckt. Deshalb heißen wir ja auch Vienna Capitals. Der Name war eine Vorleistung. Aber dann ist aus der NHL-Europe nichts geworden.