Sport

US-Team: Frauenpower und Männerträume

Plötzlich ist der Zielraum leer: Wo eben noch Journalisten gegen die Absperrung gedrängt und Diktiergeräte und Mikrofone mitten ins Menschenknäuel gereckt hatten, ist nun wieder der weiße Untergrund zu sehen. Weg sind sie, weil auch sie weg ist: Lindsey Vonn. Der unangefochtene Star der Ski-WM.

Kaum ist die US-Dame zu sehen, steigert sich der Geräuschpegel im Zielraum um ein Vielfaches: Menschen jubeln, Schulklassen kreischen, auch die Stimme des Stadionsprechers erreicht neue Höhen. Die Schneekönigin schwingt ab, hebt den Handschuh zum Gruß und sieht zufrieden aus mit dem Empfang, der ihr am Fuße der WM-Strecke geboten wird. Dann taucht sie im ersten Mikrofon-Knäuel unter. "Nur eine Frage pro Gruppe", sagt der Pressekoordinator. Plötzlich werden Allianzen zwischen Konkurrenzmedien geschlossen, auf der Suche nach der einen, der richtigen Frage.

Wie es sich denn anfühle, hier zu stehen, nach all den Aufs und Abs? "Amazing", sagt sie mit einem Lächeln und erzählt, dass sie nach ihrer Krankengeschichte (Kreuzbandriss) weit "happier" und "relaxter" sei. Sie ist ein Profi, gibt dem Gegenüber trotz der zwanzigsten Fragerunde nie das Gefühl, dass sie es eilig hätte oder gar genug von dem Tamtam um ihre Person. Sie scheint es vielmehr zu genießen.

Der Jungstar

Das tut auch Mikaela Shiffrin. Die Slalom-Weltmeisterin und -Olympiasiegerin blickt interessiert in die Runde der 70 Medienvertreter, die sich nur wegen ihr im Westin Hotel eingefunden hat. Die junge Dame lächelt verschmitzt, spielt mit ihrem Publikum und verblüfft die Anwesenden wieder einmal mit Eloquenz und Professionalität. Zur Erinnerung: Sie ist – noch bis 13. März – 19.

Alle Inhalte anzeigen
"Ich kann hier zwei Goldmedaillen holen", sagt Shiffrin selbstbewusst. Für die Titelverteidigerin ist es eine besondere WM. Eine, bei der sie als Lokalmatadorin im eigenen Bett schlafen kann. "Zu Hause zu sein hat eine besondere Atmosphäre. Da fühle ich mich wieder wie ein kleines Kind." Mama Eileen, die sie im Weltcup begleitet, lächelt im Publikum. "Wenn man wieder zu Hause ist, merkt man erst, wie sehr man es vermisst", sagt sie. Auch sie ist in Ski-Kreisen längst so etwas wie ein Promi. Immerhin ist sie die engste Vertraute der großen Favoritin auf den zweiten WM-Titel im Slalom in Folge.

Der Altmeister

Bei den Herren sind Bode Miller, 37, und Ted Ligety, 30, die Stars – und in den US-Medien finden nur sie das Interesse. Da mag Travis Ganong die Abfahrt in Santa Caterina gewinnen, wer interessiert, sind die bekannten Namen. Wobei Miller, der sich mehr und mehr den Rennpferden verschrieben hat, sich noch aus einem anderen Grund aufdrängt – er war schon bei der letzten WM in Vail/ Beaver Creek dabei.

Achter war er im Slalom 1999, "das war ziemlich gut für mich. Aber vor allem war es beeindruckend, Hermann Maier und Lasse Kjus zu sehen, mit welcher Intensität sie gefahren sind. Hermann war am Höhepunkt, psychisch wie physisch, er war die Benchmark für alle."

Miller ist derzeit eher keine Benchmark, auch wenn seine Starts in Abfahrt und Super-G fix sind. Der Grund ist seine Bandscheiben-Operation: "Du weißt nicht, ob die Verletzung verheilt ist, bis du dich wieder verletzt. Ich habe ziemlich hart Super-G trainiert und war danach ziemlich fertig. Aber es hat sich nicht anders angefühlt als so oft schon in meiner Karriere. Wenn mich Trainer Sasha Rearick aufstellt, muss ich alles dafür tun, damit ich das Rennen gewinne."

Das, so viel strahlt Miller vor den knapp 100 Zuhörern aus, wird er auch. Auch wenn er sicher weniger Chancen hat als Teamkollege Ligety, der in Schladming 2013 drei Goldene abgeräumt hat. "Der Berg hier ist gut für mich", glaubt der 30-Jährige – und spricht nach Problemen im Jänner eine Drohung an die Konkurrenz aus: "Ich fahre wieder besser als in weiten Teilen dieser Saison."

Und als wolle er allen Nicht-Amerikanern noch vorab den Rest geben, fügt Speed-Coach Rearick an: "Es ist eine Ehre, mit einem so großartigen Team zu arbeiten." Immerhin applaudiert das Journalisten-Plenum nicht.