Sport

"Tun wir jetzt bitte nicht alles schlechtreden"

Peter Schröcksnadel strahlt plötzlich wie ein kleines Kind. Er hat gerade ein neues Wort erfunden. Eigentlich wollte der Präsident des Österreichischen Skiverbandes ja nur ein erstes nüchternes Zwischenresümee der Heim-WM ziehen, aber irgendwann ist er zu später Stunde dann doch unter der österreichischen Gürtellinie gelandet, und nun zieht er also Vergleiche zwischen Schuhplattlern und den Indianern und erklärt die österreichische Seele. „Da wo der Brandauer herkommt, da drinnen im Ausseerland, das ist eine sehr lederhosenbetonte Gegend“, berichtet der aufgedrehte Big Boss. Schallendes Gelächter im Publikum. „Das ist hier ein Kabarett, oder?“

Peter Schröcksnadel gefällt sich sichtlich in der Rolle des Entertainers. Also sprach der ÖSV-Präsident über ...

... die Kritik an der provinziellen Eröffnung mit Schuhplattlern und Lederhosenromantik:

Alle Inhalte anzeigen
„Ich habe zu 98 Prozent positive Reaktionen erhalten. Alternative, die kritisieren, gibt es sowieso immer. Jetzt tun wir bitte nicht alles schlechtreden. Und was die Klischees betrifft: Wenn ich nach Amerika gehe, dann sehe ich die Indianer, in Holland sehe ich die Blumen und die Holzschuh’. Das sind auch alles Klischees. Wir haben eben unsere Klischees, und die haben wir auch zu verkaufen. Wenn ich mich für die Identität, die wir darstellen, geniere, tut’s mir leid.“

... die Außendarstellung von Österreich:

„Viele Intellektuelle meinen, wir sind das nicht. Aber wir sind das doch. Warum verkaufen wir in den Tälern drinnen die Schuhplattler und die Tiroler Abende? Weil die Leute deswegen kommen, weil sie uns auch so sehen. Die sehen uns halt mit den Lipizzanern, der Oper und den Schuhplattlern.“

... die ersten negativen WM-Eindrücke:

„Man stellt sich sicher einen anderen Start vor. Gegen das Wetter kannst du aber nichts machen. Außerdem sind wir noch viel besser dran als bei der WM 1982, da sind sie um diese Zeit mit den Gummistiefeln gelaufen. Was mir überhaupt nicht getaugt hat, war die schwere Verletzung von Lindsey Vonn. Aber man kann das nicht auf das Wetter schieben. Bei den Herren hat es Jansrud erwischt, und da waren super Bedingungen.“

... den umstrittenen Super-G der Damen, der mehrmals verschoben wurde:

„Man kann niemandem einen Vorwurf machen. Dem Atle Skårdal (FIS-Renndirektor der Damen, Anm.) schon gar nicht. Wir hätten mit dem Donnerstag bereits einen Ersatztermin gehabt, alles wäre logistisch gelöst gewesen. Ich war aber froh, als dann das Rennen herunten war, weil du mit den Verschiebungen nur Probleme hast. Und nur ein Hinweis: Beim Neunfachsieg damals auf dem Patscherkofel war die Startzeit auch halb drei am Nachmittag.“

... Marcel Hirschers verpassten Start im Herren-Super-G:

Alle Inhalte anzeigen
„Es war von vornherein nie geplant, und auch er hat das nicht gewollt. Hinterher kann ich immer sagen: ,Ich wäre ganz gerne gefahren.‘ Ich gebe ihm den Rat: Er soll bei Slalom und Riesenslalom bleiben und geil fahren und die Geschwindigkeit in den Füßen nicht verlieren. Man hat bei anderen Läufern auch schon gesehen, dass sie das Gefühl verlieren, wenn sie zu viele schnelle Disziplinen trainieren. Und noch etwas: Hirscher hätte Quali fahren müssen und im Rennen eine schlechte Nummer gehabt. So einfach ist das also nicht. Im Prinzip hätte ein Start im Super-G nichts gebracht. Nur Risiko. Der soll sich gescheiter ausrasten und trainieren und am Ende was gewinnen.“

... eine neue Medaillenprognosen nach dem Fehlstart:

„Sechs bis acht Medaillen sage ich immer, und die werden wir wohl zusammenkriegen. Jetzt kommen realistisch die besseren Bewerbe für uns. In den Abfahrten haben wir sehr gute Chancen. Die WM ist aber auch nicht verpatzt, wenn wir in der Abfahrt nicht gewinnen. Wenn der Hirscher am Ende siegt, ist es super. Darum haben wir Chancen bis zum letzten Tag. Nur: Diesen Druck wollen wir dem Marcel Hirscher eigentlich nicht auferlegen.“

... die Ziele für die WM:

„Das hat mit dem sportlichen Erfolg nichts zu tun, sondern damit, wie die Organisation funktioniert. Außerdem entscheiden nicht wir, ob die WM ein Erfolg war, sondern die anderen. Wenn die viel gewinnen, dann ist es für sie eher die beste WM aller Zeiten als wenn wir alles gewinnen. So gesehen schadet das auch nicht.“

... die Ansprüche der US-Skiteams, das schon zwei WM-Medaillen hat, auf die Nummer-1-Position im Alpinsport:

„Die Amis sind Österreich II, das ist wie beim Bobfahren. Österreichisches Geld, österreichisches Training, österreichische Trainer, die wohnen bei uns, sie sind nur dort drüben geboren. Bei den Herren haben wir mehr Siege als sie und doppelt so viele Stockerlplätze. Aber ich weiß: Bei der WM geht es nur um Medaillen.

... Siege der Konkurrenz:

„Man sagt immer: ,Wenn die Ausländer gewinnen, dann ist es interessanter. Und es ist für den Tourismus wichtiger.‘ Das ist der größte Blödsinn überhaupt. Weil wenn wir nicht gewinnen, dann haben wir keine Kompetenz mehr im Skisport. Und darum müssen wir gewinnen. Das ist ganz, ganz wichtig. Die Leute gehen dorthin, wo die Sieger sind. “

... finanzielle WM-Erfolge:

„Wir hoffen, dass am Ende etwas übrig bleibt, weil wir als Skiverband natürlich Geld verdienen wollen. Wir leben als ÖSV nicht von der öffentlichen Hand, 96 bis 97 Prozent sämtlicher Budgetmittel von uns sind selbst verdient. Die ganze Region verdient ja sehr viel an dieser WM. Bei der Nordischen WM 1999 in Ramsau haben wir damals 40 Millionen Schilling verloren. Da wären wir als Skiverband bald in Konkurs gegangen.“