Seisenbacher: "Auszuschließen ist nichts"
Von Jürgen Preusser
Lascha Schawdatuaschwili, gerade einmal zwanzig Jahre alt, wurde Judo-Olympiasieger in der Klasse bis 66 Kilo. Peter Seisenbacher, 52 Jahre alt, Olympiasieger von 1984 und 1988, ist Cheftrainer in Georgien. Dort ist Judo die unumstrittene Nummer eins unter den olympischen Disziplinen.
KURIER: Peter der Große – wieder einmal. Sie sind der erste Österreicher, der sowohl als Sportler als auch als Trainer Olympiasieger wurde.
Peter Seisenbacher: Einspruch – was ist mit Toni Innauer?
Als ehemaliger Chef der österreichischen Sporthilfe sind Sie immer noch bestens informiert: Aber ich hab’ natürlich Sommersportler gemeint.
Dann ja – zumindest seit der Steinzeit. Und das freut mich sehr. Aber ich hätte kein Problem, diese Ehre mit Toni Innauer zu teilen, weil ich ihn extrem schätze.
Angeblich hören Sie nach den Olympischen Spielen als georgischer Cheftrainer auf.
So kann man das nicht sagen. Der Judo-Weltpräsident hat mir gesagt, dass er eine neue Aufgabe für mich vorgesehen hat. Doch wir haben uns geeinigt, erst nach London darüber zu reden. Meine Aufgabe war es, die Athleten vom georgischen zum japanisch-europäischen Stil zu führen.
Aber mit dem Erfolg im Rücken werden Sie die Georgier nicht mehr gehen lassen.
Da ist auch die grundsätzliche Politik mit ihm Spiel, dass Georgier an diesen Job herangeführt werden sollen. Auch das war Teil meiner Aufgabe. Im Gegensatz zu Österreich ist es dort nämlich üblich, auf die eigenen Leute zu bauen. Aber auszuschließen ist nichts.
Das heißt: Sie könnten sich vorstellen, weiterhin in Tiflis zu leben?
Ja, sicher. Ich bin allerdings seit 18 Monaten Trainer der Georgier und war sechs Wochen davon in Tiflis. Darum bin ich noch gar nicht aus dem Hotel ausgezogen: Die waschen meine Wäsche, und ich muss mich auch sonst um nicht viel kümmern. Ein Teil meiner Aufgabe war es auch, die Athleten international fit zu machen: Wir sind von Wettkampf zu Wettkampf und Training zu Training geflogen, waren überall dabei, wo man etwas lernen kann.
"Manchmal halt ein bisserl zu gemütlich"
Das klingt professioneller als so manches im österreichischen Sport.
Ich will Österreich jetzt ganz sicher nicht kritisieren; das wäre zu billig. Nur so viel: Wir sind manchmal halt ein bisserl zu gemütlich.
Eine österreichische Option kommt nicht in Frage?
Von mir aus immer ... aber: Liegt es an mir?
Vor Beginn der Spiele haben Sie mir zwei andere Namen als Medaillenhoffnungen genannt. Jetzt hat das zwanzigjährige Team-Baby gewonnen.
Ist doch schön, oder? Welche Geschichten der Sport so schreibt! Der hat sich erst ein paar Wochen vor Olympia als Letzter qualifiziert, war nur Dritter der georgischen Meisterschaften. Den haben wir alle nicht auf der Rechnung gehabt. Der Stärkste im Team in seiner Klasse hat wegen einer Langzeitverletzung absagen müssen.
Haben Sie noch andere heiße Eisen im Feuer?
Ja. Aber an den anderen Tagen ist es noch nicht so gut gegangen. In der 90er-Klasse haben wir aber den regierenden Europameister am Start.